Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
Wenn der meine Haare verhunzt, liegen Sie morgen früh im See
- mit dem Kopf nach unten!“
Huch .
Freddy machte
sich an die Arbeit und mir wurde bei jedem Schnitt mit der Schere unwohler.
Frau Hubel aus der zweiten Reihe versuchte dem Frisör mit Rat und Tat zur Seite
zu stehen, bis Freddy die Geduld verlor und sie bat, im Cafe nebenan zu warten.
Nach einer knappen viertel Stunde hatte Schneewittchen ihre alte Haarpracht so
gut wie zurück, und auch die Falten auf ihrer Stirn bekamen wieder Auslauf.
Meines Erachtens hatte sie gar nicht all zu viele Haare lassen müssen.
„Sehen Sie.
War doch gar nicht so schlimm“, sagte ich scherzend.
„War doch gar
nicht so schlimm?“ Schneewittchen erhob sich aus dem Drehstuhl. „Es wundert
mich gar nicht, dass Sie unverheiratet und Single sind“, sagte sie bissig, „Sie
haben nämlich so viel Takt und Einfühlungsvermögen, wie eine Dampfwalze. Mit
Ihnen würde es keine Frau auch nur eine Woche aushalten.“
Das saß.
Eigentlich hatte ich mich immer als Frauenversteher und als äußerst sensibler
Vertreter meiner Gattung gesehen. Schneewittchen war jedoch ganz klar anderer
Meinung. Sie ließ mich den Frisör bezahlen, eilte die Straße hinab zum Hotel
und sprach drei Tage kein Wort mehr mit mir. Frau Hubel aus der zweiten Reihe
blickte der Schönen nach und lies einen Seufzer.
„Eine fesche
Kurzhaarfrisur hätte der Dame sicher auch gut gestanden.“
Aber
es gibt auch immer wieder nette Erlebnisse bei den Navajos. Im Sommer 2007
hatte ich ein junges Ehepaar mit seiner sechsjährigen Tochter an Bord. Die
kleine Jasmin war ein absoluter Sonnenschein. Vater und Mutter zeigten sich
stets besorgt um ihr Engelchen und ließen sie keinen Moment aus den Augen. Als
sich unsere Gruppe nach der Ankunft am Besucherzentrum des Monument Valley auf
vier verschiedene Pick-up Trucks mit je 12 Sitzplätzen verteilt hatte, gab ich
das Startzeichen. Nach dem ersten Halt im Tal baten mich die Eltern der kleinen
Jasmin, ihre Tochter doch den kommenden Streckenabschnitt im Leitfahrzeug
mitzunehmen. Ich willigte ein und Jasmin hatte einen Riesenspaß. Nach dem
zweiten Halt, dem John Ford Point , stieg sie wieder zu Vater und Mutter
auf den letzten Wagen. Der anschließende Besuch bei Rose im Hogan gefiel dem
Mädchen ganz besonders gut. Natürlich bekam sie auch ein Haarband, obwohl ihr
Haar eigentlich viel zu kurz war. Neugierig schaute sie sich um und war
fasziniert von den vielen bunten Wollfäden, die überall herumlagen. Rose lies
es sich nicht nehmen, Jasmin den Webstuhl ausprobieren zu lassen. Die anderen
Gäste nutzen die Zeit nach der Präsentation und fotografierten die äußerst
beeindruckende Umgebung. Roses Hogan steht auf einem Grundstück mit mehreren
kleinen Gebäuden und einem alten Pferdekarren, vor dem sich meine Gäste gern
gegenseitig ablichten. Als es Zeit war weiterzufahren, klatschte ich in die
Hände und rief zum Aufbruch. Nach wenigen Minuten hatten die Gäste ihre Plätze
auf den Indianergefährten wieder eingenommen und wir holperten weiter über die
verstaubten Wege. Alle waren auf unser nächstes Ziel gespannt. Alle, außer
Jasmin. Die hatten wir nämlich dummerweise bei Rose im Hogan vergessen. Erst
nach einer halben Stunde am übernächsten Fotostopp fragte mich die besorgte
Mutter, ob ich die Kleine irgendwo gesehen hätte.
„Nein“,
erwiderte ich, „ist sie denn nicht bei Ihnen mitgefahren?“
„Nein“, sagte
auch die Mutter und erblasste. „Wir dachten, Sie haben Jasmin mitgenommen.“
Nun war guter
Rat teuer. Sehr teuer. Hätte ich die Tour an dieser Stelle abgebrochen, wäre
ich vom Rest der Truppe gelyncht worden. Wäre ich einfach weitergefahren,
hätten mich Vater und Mutter gelyncht. Fakt war, wir konnten die Kleine
natürlich nicht so einfach ihrem Schicksal überlassen. Also würde eines der
Fahrzeuge umdrehen und damit zehn Personen in den sauren Apfel beißen müssen.
Das war leichter gesagt, als getan, denn niemand wollte freiwillig sein
Abenteuer beenden. Schließlich kommt man nicht alle Tage ins Monument Valley.
Es brach eine laute Grundsatzdiskussion zwischen den Reisenden aus. Zudem
zeigte das Thermometer an jenem Tag fast vierzig Grad an, was die allgemeine
Stimmung auch nicht gerade aufhellte. Still bat ich den großen Manitu um Hilfe.
Ich erwartete nicht viel, insbesondere da ich kein Indianer bin. Aber Manitu
hat wohl ein Herz für Reiseleiter. Wie aus dem Nichts erblickte ich am Horizont
ganz unerwartet ein Pferd mit
Weitere Kostenlose Bücher