Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower
Anblick. Aber darum schwebte sie noch keineswegs in unmittelbarer Gefahr, nur ein klein wenig Wetterglück und dazu harte Arbeit, dann gelangte sie wohlbehalten nach England in die Werft und war bald wieder klar zu neuen Fahrten.
Dabei war es nicht einmal so wichtig, daß das Schiff vor dem Untergang bewahrt blieb, als daß es nicht mehr in französischer Hand war und die britische Schiffahrt bedrohen konnte. Zu dieser Auffassung bekannte sich Sir Edward Pellow auch Hornblower gegenüber, als dieser an Bord gekommen war, um sich bei ihm zu melden. Auf Pellows Wunsch hatte Hornblower von Anfang an berichten müssen, was sich ereignet hatte, seit er als Prisenkommandant an Bord der Marie Galante gekommen war. Wie Hornblower voraussah - oder vielleicht sogar befürchtete -, machte Pellow von dem Verlust der Brigg überhaupt kein Wesens. Sie war durch Geschützfeuer arg in Mitleidenschaft gezogen, als sie sich ergab, und niemand konnte auf Anhieb sagen, ob ihre Schäden harmlos oder gefährlich waren. Pellow ließ also den Fall auf sich beruhen, ohne noch ein Wort darüber zu verlieren. Hornblower hatte in seinen Augen alles Erdenkliche getan, um das Schiff zu retten; wenn ihm der Erfolg versagt blieb, dann lag das in der Hauptsache an seiner allzu schwachen Besatzung - aber die Indefatigable hatte eben damals leider nicht mehr Leute für ihn übrig. Es kam ihm überhaupt nicht in den Sinn, Hornblower eine Schuld an diesem Mißerfolg zuzuschreiben. Auch in diesem Fall war es nach Pellows Meinung wichtiger, daß Frankreich auf die Ladung der Marie Galante verzichten mußte, als daß sie England zugute kam. Insofern lagen also die Dinge damals ganz ähnlich wie heute bei der Bergung der gekaperten Pique .
»Es war ein Riesenglück für uns, daß dieser Brand ausbrach«, bemerkte Pellow und warf dabei einen Blick zur Pique hinüber, die noch immer beigedreht zwischen den Booten der Indefatigable lag. Aus dem ausgebrannten Heck trieb eine hauchdünne Rauchfahne wie ein Schleier achteraus. »Der Kerl lief uns glatt davon. Noch eine Stunde, und er war verschwunden. Haben Sie keine Ahnung, wie das Feuer entstehen konnte?«
Hornblower hatte diese Frage natürlich erwartet und war darum mit der Antwort sofort bereit. Eigentlich wäre es nun an der Zeit gewesen, der Wahrheit gemäß und bescheiden zu berichten, das Lob zu ernten, das er verdient hatte, und dazu eine Erwähnung in der Gazette, vielleicht sogar die Beförderung zum diensttuenden Leutnant zu erreichen. Aber Pellow wußte eben nicht genau Bescheid, wie es zum Verlust der Brigg gekommen war, und hätte sein Verhalten wahrscheinlich auch dann noch falsch beurteilt.
»Nein, Sir«, sagte Hornblower, »wahrscheinlich durch Selbstentzündung im Farbenschapp. Eine andere Erklärung habe ich nicht dafür.«
Er allein wußte um seine Pflichtversäumnis beim Dichten jenes Schußlochs, er allein konnte daher beurteilen, welche Strafe ihm dafür gebührte. Darum hatte er sich dies als Sühne auferlegt, wußte er doch, daß er nur so jene Achtung vor sich selbst zurückgewinnen konnte, ohne die er nicht hätte leben können. Er fühlte sich wie von einer schweren Last befreit, als die Worte heraus waren, und dachte keinen Augenblick daran, sie etwa zu bereuen.
»Nun, uns kam dieser Brand jedenfalls sehr gelegen«, meinte Pellow nachdenklich.
4. Kapitel
Diesmal strich der Wolf außen um den Schafpferch. Seiner Majestät Fregatte Indefatigable hatte die französische Korvette Papillon bis in die Girondemündung verfolgt und suchte jetzt nach einer Möglichkeit, sie dort anzugreifen, obwohl sie unter dem Schutz der Küstenbatterien im Strom vor Anker lag.
Kapitän Pellow war in die flachen Küstengewässer vorgestoßen, bis die Landbatterien Warnungsschüsse feuerten, um sie fernzuhalten. Immer wieder hob er sein Glas ans Auge und musterte die Korvette lange und gründlich. Dann schob er den Kieker zusammen, drehte sich auf dem Absatz herum und gab Befehl, kehrtzumachen. Die Indefatigable kreuzte sich von der gefährlichen Leeküste frei und lief dann so weit nach See hinaus, daß das Land ganz aus Sicht kam. Ihr Verschwinden mochte die Franzosen in Sicherheit wiegen, aber gerade darin sollten sie sich, wie er hoffte, gründlich irren. Er hatte nämlich durchaus nicht die Absicht, sie ungeschoren zu lassen. Konnte er die Korvette kapern oder versenken, dann fiel sie nicht nur im Handelskrieg gegen die Engländer aus, sondern die Franzosen wurden darüber hinaus gezwungen,
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