Hornblower 02 - Leutnant Hornblower
Schußweite.«
»Ja, das ist bedauerlich«, sagte Hornblower.
Die Pulverjungen rannten mit frischen Ladungen für die Geschütze mitten durch das Getriebe. Da erschien der Befehlsübermittlerfähnrich und schob sie eilig beiseite.
»Mr. Bush, Sir! Sie möchten sich bitte bei Mr. Buckland melden, Sir. Wir sitzen auf Grund, Sir, mitten im feindlichen Feuer!«
»Halten Sie Ihren Schnabel! Mr. Hornblower, ich übergebe Ihnen hier das Kommando.«
»Aye, aye, Sir.«
Oben auf dem Achterdeck blendete die Sonne. Buckland stand ohne Hut an der Reling und versuchte krampfhaft, seine heftig arbeitenden Gesichtsmuskeln zu beherrschen. Dampf zischte und brodelte auf, als ein Mann den Wasserstrahl aus einem Schlauch auf ein glühendes Kugelbruchstück richtete, da in der Schottwand steckte. Tote lagen im Wassergang.
Verwundete wurden weggeschleppt. Ein Schuß oder einer der Splitter, die bei jedem Einschlag durch die Luft wirbelten, mußte den Rudergänger getötet haben, so daß das Schiff für kurze Minuten steuerlos war und auf Grund lief.
»Wir müssen uns freiwarpen«, sagte Buckland.
»Aye, aye, Sir.«
Das hieß, daß man einen Anker ausfahren und dann die Trosse mit dem Spill einhieven mußte, um das Schiff mit Menschenkraft von Grund zu holen. Bush warf einen Blick in die Runde und sah, was die Lage des Schiffes betraf, alles das bestätigt, was er trotz seiner beschränkten Sicht schon von unten aus festgestellt hatte. Der Bug saß fest im Schlick, man mußte das Schiff also über den Achtersteven freihieven. Ein Schuß heulte dicht über seinen Kopf weg, er mußte alle Selbstbeherrschung zusammennehmen, um sich nicht zu ducken.
»Sie werden eine Ankertrosse durch eine der Heckpforten ausstecken lassen.«
»Aye, aye, Sir.«
»Roberts fährt mit der Barkaß den Stromanker aus.«
»Aye, aye, Sir.«
Daß Buckland das formelle Mister wegließ, war bezeichnend für seinen Gemütszustand und für die Notlage, in der sich das Schiff befand.
»Ich nehme die Leute von meinen Geschützen, Sir«, sagte Bush.
»Gut.«
Jetzt konnte sich erweisen, was Disziplin und gute Ausbildung vermochten. Die Renown hatte das Glück, daß gut die Hälfte ihrer Besatzung alteingefahrene Leute waren, die während der Blockade von Brest eine Menge gelernt hatten. I Plymouth hatten sie lediglich ihren Bestand mit gepreßten Mannschaften aufgefüllt. Was nur Ausbildung und praktische Übung gewesen war, als die Renown noch zur Kanalflotte gehörte, das wurde hier zu einem Manöver, von dem die Existenz des ganzen Schiffes abhing. Hier handelte es sich nicht mehr um jenen etwas oberflächlichen »Betrieb«, der meist im Wettbewerb mit den übrigen Schiffen des Geschwaders veranstaltet wurde. Bush sammelte seine Geschützmannschaften um sich und machte sich an die Aufgabe, eine Ankertrosse aus dem Raum heraufzuholen, während oben Roberts' Leute bereits die Stag- und Rahtakel bemannten, um die Barkaß auszusetzen.
Unten in den Decks war die Hitze noch größer als oben in der brennenden Sonne. Der Qualm aus Hornblowers Geschützen wirbelte in dicken Schwaden unter den Decksbalken.
Hornblower hielt den Hut in der Hand und wischte sich mit dem Taschentuch über das schweißnasse Gesicht. Als Bush wieder unten erschien, begrüßte er ihn mit einem kurzen Nicken, und Bush brauchte ihm nicht erst zu erklären, welche Aufgabe er nun zu erfüllen hatte. Weiter donnerten die Geschütze, weiter wirbelte der Qualm, rannten die Pulverjungen mit neuen Ladungen und die Löschgruppen mit ihren Feuereimern, und mitten in all dem Trubel mannten Bushs Männer das Ankerkabel aus der Tiefe des Raumes. Diese hundert Faden Trosse wogen reichlich ein paar Tonnen; klare Überlegung und fachkundige Leitung waren nötig, um dieses dicke, sperrige Stück Tauwerk klar nach achtern auszulaufen. Aber da war Bush in seinem Element. Eine fest umrissene Aufgabe, der er seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmen konnte, entsprach am besten seinen Fähigkeiten. Bis der Kutter unter dem Heck erschien, um den Tampen in Empfang zu nehmen, hatte er das Kabel klar längsdeck geschossen und paßte nun scharf auf, daß das mächtige Ding auch klar und ohne Kinken durch die Heckpforte auslief. Während er achtern hinaussah, kam die Barkaß in sein Gesichtsfeld, an deren Spiegel bereits die schwere Last de Stromankers hing. Jedenfalls war es eine Erleichterung, zu wissen, daß die knifflige Aufgabe, den Anker ins Boot zu geben, ohne Zwischenfall gelungen war. Der zweite Kutter fuhr
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