Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur
Handelsschiff gefunden hatten und nun aufs neue dem Preßkommando in die Hände gelaufen waren.
Die meisten dieser Männer waren also bereits in der Bedienung von Schiffsgeschützen geübt, zwanzig oder dreißig von ihnen hatten sogar schon Gefechte mitgemacht. Darum wußte jeder von ihnen auch sofort, was ihm oblag und worauf es ankam, als es jetzt ans Geschützexerzieren ging.
Nach beendeter Übung nahm Bush vor Hornblower Haltung an, hob die Hand zum Gruß an den Hut und wartete auf den nächsten Befehl. »Danke, Mr. Bush. Bitte befehlen Sie›Ruhe‹.«
Die Pfeifen zwitscherten, das Schiff versank in lautloses Schweigen.
»Ich werde jetzt besichtigen; wollen Sie die Güte haben, mich zu begleiten, Mr. Bush.«
»Aye, aye, Sir.«
Hornblower begann sogleich die Karronaden auf dem Steuerbordachterdeck zu inspizieren. Er fand hier nichts zu bemängeln und begab sich jetzt weiter nach vorn, um die Steuerbord-Neunpfünder zu mustern. Bei jedem Geschütz machte er halt und ließ sich das Zubehör zeigen: Kartusche, Kuhfuß, Handspake, Schwamm und Keil. So ging er von Kanone zu Kanone.
»Was haben Sie zu tun, wenn Ihr Geschütz feuert?« Er hatte diese Frage an den jüngsten Matrosen gerichtet, den er entdecken konnte. Der Junge trat verlegen von einem Fuß auf den anderen, als er begriffen hatte, daß der Kommandant ihn meinte. »Nimm Haltung an, Mensch!« schrie ihn Bush an. »So sagen Sie mir doch, welche Station Sie haben«, wiederholte Hornblower geduldig.
»Hier - hier, Sir. Ich bediene den Ansetzer, Sir.«
»Ich freue mich, daß Sie es wissen. Wenn Sie Ihre Gefechtsstation im Kopf haben, obwohl Kommandant und Erster Offizier auf Sie einreden, dann werden Sie auch wissen, was Sie zu tun haben, wenn feindliche Kugeln in die Bordwand schlagen.«
Hornblower ging weiter. Ein Kommandant hatte es wirklich nicht schwer, seine Leute mit einem Scherzwort zum Lachen zu bringen. Jetzt machte er schon wieder halt. »Was soll denn das, Mr. Cheeseman?«
»Sir?«
»Sie haben ja ein Pulverhorn zuviel. Für je zwei Geschütze ist doch immer nur eins vorgesehen.«
»Ja... jawohl, Sir. Das kommt daher...«
»Ach, ich weiß sehr gut, woher das kommt. Aber eine Begründung ist noch längst keine Entschuldigung, Mr. Cheeseman. Mr. Orrock! Wie viel Pulverhörner haben Sie bei Ihrer Geschützgruppe? Sehen Sie, da haben wir's.«
Die Verschiebung des dritten Geschützes nach achtern hatte Orrocks Geschützgruppe um ein Pulverhorn gebracht und dafür Cheeseman ein überzähliges in die Hand gespielt.
»Es hätte den jungen Herren gut zu Gesicht gestanden, selbst dafür zu sorgen, daß die Geschütze ihrer Gruppe richtig ausgestattet sind. Auf einen Befehl brauchten Sie dazu nicht zu warten.« Cheeseman und Orrock waren zwei der vier »jungen Herren«, die von der Marineschule an Bord kommandiert waren, um als Fähnriche ausgebildet zu werden. Was Hornblower bisher von ihnen gesehen und mit ihnen erlebt hatte, wollte ihm gar nicht gefallen, aber er mußte sie als diensttuende Unteroffiziere einsetzen und im eigenen Interesse mit Liebe und Sorgfalt erziehen, damit sie brauchbare Leutnants wurden. Seine dienstliche Aufgabe deckte sich also hier durchaus mit dem eigenen Besten. Er hatte die Bürschchen zurechtzubiegen, aber er durfte sie nicht brechen.
»Ich bin überzeugt, daß ich keine weitere Zurechtweisung nötig haben werde«, sagte er, obwohl er das genaue Gegenteil erwartete. Aber ein gutes Wort war in jedem Fall besser als eine Drohung. Dann ging er weiter und brachte die Besichtigung der Steuerbordgeschütze zu Ende. Auf der Back nahm er die beiden Bugkarronaden in Augenschein und ging darauf an den Backbordgeschützen entlang wieder nach achtern. Bei dem Seesoldatenposten am vorderen Niedergang machte er halt.
»Wie lautet Ihre Wachvorschrift?«
Der Seesoldat stand in straffer militärischer Haltung vor ihm, die Füße im Winkel von fünfundvierzig Grad, die Muskete am rechten Bein, den Zeigefinger der Linken an der Hosennaht.
Sein Kopf wurde durch die Halsbinde wie in einem Schraubstock festgehalten, er starrte eisern geradeaus und über Hornblowers Schulter hinweg, da dieser nicht genau vor ihm stand.
»Es ist mir verboten, meinen Posten zu verlassen...«, begann er und betete seinen Wachbefehl her, wie er ihn wohl schon tausend Male heruntergeleiert hatte. Erst als er an den Schlußsatz kam, der sich auf seine augenblickliche Verwendung bezog, klangen seine Worte etwas lebhafter.
»Ich darf niemand erlauben
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