Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur
ihm gesagt, daß eine feierliche Ansprache im Augenblick nicht am Platze war, dafür konnte er sicher sein, daß jedes seiner Worte schon während der Abendwache im Schiff die Runde machte. Er hatte diese Worte mit aller Sorgfalt gewählt. Sein betontes »wir« vor allem war ein Aufruf zur zielbewußten Zusammenfassung aller Kräfte. Inzwischen fuhr Bush mit dem Geschützexerzieren fort.
»Kanonen los!« - »Mündungspfropfen raus!« - »Richtung querab!« - Und so weiter in unablässiger Folge.
»Wir werden sie bald im richtigen Trimm haben, Sir«, sagte Bush,»dann können wir beruhigt beim Gegner längsseit gehen.«
»Längsseit gehen? Das muß doch nicht unbedingt sein. Bei der nächsten Schießübung wollen wir vor allem Schießen auf weite Entfernung üben, bitte denken Sie daran.«
»Jawohl, Sir, ich werde es im Auge behalten.«Aber damit redete er seinem Kommandanten nur nach dem Mund.
Seegefechte auf größere Entfernung lagen ihm nicht, sein Sinnen und Trachten war auf den Nahkampf gerichtet, bei dem man nicht vorbeischießen konnte und nur möglichst schnell zu landen und zu feuern brauchte. Für ein Linienschiff im Kampf zweier Flotten mochte das das Richtige sein, für die Hotspur war diese Taktik jedoch kaum zu empfehlen. Die Hotspur war ja nur eine Korvette, ihre Außenhaut und ihre Verbände waren sogar noch schwächer als die einer Fregatte. Die zwanzig Neunpfünder, die sie - ohne die Karronaden gerechnet - als Gefechtskraft in die Waagschale werfen konnte, waren Langrohrgeschütze, waren zum Schießen auf ein paar Kabellängen Entfernung besser geeignet als zum Nahkampf, bei dem ihre größere Treffsicherheit nicht mehr zur Geltung kam.
Die Hotspur war das kleinste Fahrzeug mit drei Masten, Back und Achterdeck, das in der Liste der Kriegsschiffe zu finden war. Es war darum so gut wie sicher, daß ihr jeder Gegner, den sie traf, an Größe, an Gewicht einer Breitseite wie auch an Stärke der Besatzung weit überlegen war. Kühnheit und Wagemut mochten ihr trotz alldem zum Sieg verhelfen, aber gute Ausbildung, Bedachtsamkeit und überlegene Seemannschaft führten eben doch noch sicherer zum Erfolg. Das alles ging Hornblower durch den Kopf, und schon fühlte er in allen Gliedern wieder jenes seltsame Prickeln, das er von früheren Kämpfen her so gut kannte. Das Dröhnen der Lafettenräder beim Ausrennen der Geschütze lieferte dazu genau die richtige Begleitmusik.
»Land! Land in Sicht!« schrie der Ausguckposten aus dem Vortopp. »Land ein Strich in Lee!«
Das war Frankreich, das war Ouessant, der Schauplatz ihrer künftigen Taten, vielleicht aber auch ihrer Niederlage und ihres Todes. Natürlich ging sofort eine Woge der Erregung durch das Schiff, alles hob die Köpfe, alles hielt Ausschau.
»Rohre auswischen!« brüllte Bush durchs Megaphon. Man konnte sich darauf verlassen, daß er trotz aller Ablenkung Zucht und Ordnung hielt. »Geschütze laden!«
Bei dem, was draußen vor sich ging, war es für die Männer natürlich bitter hart, unverdrossen mit der Zirkusvorstellung an den Geschützen fortzufahren. Aber die Disziplin verlangte eben, daß man Ärger und Enttäuschung schluckte.
»Geschütze richten! Mr. Cheeseman! Der Mann mit der Handspake am siebten Geschütz paßt nicht auf! Melden Sie mir seinen Namen!« Prowse richtete seinen Kieker nach vorn, als verantwortlicher Nautiker war er dazu sogar verpflichtet, heute konnte dies zweifellos als Vorrecht gelten. »Geschütze einrennen!«
Hornblower hätte es Prowse nur zu gern nachgetan, aber er wußte sich zu beherrschen. Gab es etwas Wichtiges zu sehen, so setzte ihn Prowse sicher sofort ins Bild. Er ließ noch eine Breitseite durchexerzieren, dann sagte er: »Mr. Bush, Sie können die Geschütze festmachen lassen, ich danke Ihnen.«
»Aye, aye, Sir.«
Jetzt reichte ihm Prowse sein Glas: »Das ist der Leuchtturm von Ouessant, Sir«, sagte er. Hornblower fand es nicht leicht, das Ding im Gesichtsfeld zu halten. Es war ein kümmerliches Holzgerüst mit einer Pechpfanne obenauf, in der die französische Regierung in Friedenszeiten zum Besten der Schiffahrt ein Leuchtfeuer unterhielt. Gut die Hälfte aller Handelsschiffe der Welt pflegte ja beim Ansteuern des Kanals hier Land zu machen. »Danke, Mr. Prowse.« Wieder rief sich Hornblower das Bild der Karte ins Gedächtnis und erinnerte sich der Überlegungen, die er angestellt hatte, sobald ihm die Aufgabe der Indienststellung eine Pause gewährte, sooft ihm sein Brautstand dazu Muße
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