Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur
diesen wenigen Worten war den Männern alles gesagt, die während des letzten Krieges in der Navy gedient und die rauhen Gewässer um England befahren hatten. »Jawohl, Sir«, sagte Bush schlicht.
Zusammen blickten sie auf den Kompaß, nach dem Horizont und nach dem auswehenden Kommandowimpel. Es war keine Kunst, den Kurs abzusetzen, Bush und Prowse machten das spielend; um so schwieriger war es, das Rechte zu treffen, wenn es um die Beziehungen der Staaten ging, wenn Fragen der Neutralität und Aufgaben der Spionage zu lösen waren.
»Mr. Prowse, werfen wir einen Blick auf die Karte. Wie Sie sehen, müssen wir von Les Fillettes gehörig Abstand halten.«
Les Fillettes, das waren die »Inseln der kleinen Mädchen«, die mitten in der Einfahrt nach Brest lagen - ein seltsamer Name für Felsen, die bestimmt Geschützbatterien trugen.
»Also gut, Mr. Prowse. Bitte brassen Sie auf und gehen Sie auf Kurs.«
Heute wehte eine leichte Brise aus Nordwest, da war es die einfachste Sache der Welt, die Reede von Brest anzusteuern. Die Hotspur rollte kaum und stampfte nur ganz wenig. Hornblower bekam rasch wieder Seebeine und schritt schon so sicher wie früher über das schwankende Deck, er konnte sich auch schon fast darauf verlassen, daß sein Magen den Inhalt bei sich behielt.
Seit ihn seine Seekrankheit in Ruhe ließ, fühlte er sich besonders wohl und gesund. Jetzt im April war die Luft wohl noch scharf und frisch, aber nicht mehr von lähmender Kälte, Hornblower brauchte seine Handschuhe und seinen dicken Mantel kaum noch zu tragen. Seltsamerweise fiel es ihm gerade unter solchen Umständen besonders schwer, sich auf seine bevorstehenden Aufgaben zu konzentrieren. Er war geneigt, Überlegungen dieser Art hinauszuschieben. Jetzt verhielt er plötzlich seinen Schritt und blickte mit einem Lächeln zu Bush hinüber, das diesen sofort veranlaßte, herbeizueilen. »Ich darf wohl annehmen, daß Sie die Absicht haben, mit der Mannschaft Ausbildungsdienst zu machen, nicht wahr, Mr. Bush?«
»Jawohl, Sir«, gab ihm Bush zur Antwort und nicht etwa:
»Selbstverständlich, Sir«, weil er wußte, daß sich das für einen Untergebenen nicht gehörte. Aber seine Augen leuchteten auf, denn für Bush gab es nichts Schöneres, als Marssegel zu reffen und auszureffen, als Bramrahen an Deck zu nehmen und wieder aufzubringen, als Trossen aus ihren Lasten zu zerren und nach der Heckpforte zu mannen, um sie als Spring zu benutzen, als all die Dutzende - nein Hunderte von Manövern wieder und wieder durchzuproben, die Wetter oder Krieg eines Tages erfordern mochten. »Zwei Stunden werden Ihnen für heute wohl genügen, nicht wahr, Mr. Bush? Ich kann mich nur an ein einziges kurzes Geschützexerzieren erinnern.«
Im Kanal hatte ihm die Seekrankheit so böse mitgespielt, daß er seiner Sache nicht ganz sicher war. »Jawohl, Sir, wir exerzierten nur einmal.«
»Dann wollen wir heute nach der Essenspause eine Stunde an den Geschützen exerzieren. Es ist leicht möglich, daß wir für unser Können sehr bald Verwendung haben.«
»Sehr wahrscheinlich, Sir.«
Bush sah mit unerschütterlichem Gleichmut dem Ausbruch eines Krieges entgegen, der die ganze Welt in Brand setzen mußte. Die Pfeifen der Bootsmannsmaate riefen alle Mann, und bald war das Exerzieren in vollem Gange. Schwitzend jagten die Matrosen die Wanten hoch und enterten wieder nieder, oder sie holten aufgereiht im Takt an einem Ende. Die Unteroffiziere trieben sie unermüdlich an, und Mr. Wise überschüttete sie dabei mit einer wahren Sturzflut von Schmähworten. Es war natürlich gut und richtig, die Mannschaft in Übung zu halten, aber ernstliche Mängel, die behoben werden mußten, zeigten sich dabei nicht. Die Hotspur hatte das Glück gehabt, daß sie nach der Einrichtung der Preßkommandos als allererstes Schiff bemannt wurde. Von ihren hundertfünfzig Mann waren nicht weniger als hundert erfahrene Seeleute im Rang von Vollmatrosen, dazu kamen noch zwanzig Leichtmatrosen, zwanzig Schiffsjungen und nur zehn unbefahrene Landratten.
Das war ein ganz ungewöhnliches Zahlenverhältnis, eines, das im Lauf der weiteren Mobilmachung der Flotte wohl auf keinem Schiff mehr zu erzielen war. Dazu kam, daß mehr als die Hälfte dieser Männer schon vor dem Frieden von Amiens auf Kriegsschiffen gedient hatte; sie waren also nicht nur Seeleute von Beruf, sondern überdies altgediente Männer der Royal Navy, die während des kurzen Friedens kaum Zeit für eine einzige Reise auf einem
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