Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur
dieser Verfolgung gegen den Wind zurückfallen.
»Wir haben Luv gewonnen, Sir«, sagte Prowse, ohne das Auge vom Glas zu nehmen, »und jetzt machen wir auch unseren Verlust in der Fahrtrichtung gut.«
Ja, beides stimmte, die Hotspur hatte ein gut Teil ihres anfänglichen Vorsprungs wiedergewonnen. Es zeigte sich, daß Hornblowers zweite Verteidigungslinie jedenfalls stärker war als die erste. »Nehmen Sie noch eine Peilung«, befahl er.
Als die Loire wieder mit ziehenden Segeln am Wind lag, kam auch ihre Überlegenheit alsbald aufs neue zur Geltung. Wieder zeigte sie, wie schnell sie war und wie hoch sie anliegen konnte.
Abermals lief sie der Hotspur von vier Strich achteraus bis zur Querabrichtung auf, dann konnte sie wieder ab und zu kurz luven und kam auf diese Art von Lee her näher an den verfolgten Gegner heran. Die Hotspur aber stampfte unverdrossen weiter gegenan, der Sturm pfiff durch ihre Takelage, die Männer ihrer Besatzung stützten sich allenthalben ab, um auf dem stark geneigten Deck nicht den Halt zu verlieren. Dabei flogen die Minuten wie Sekunden, und eine Stunde ging dahin wie eine kurze Minute.
»Wäre es nicht an der Zeit, wieder zu wenden, Sir?« erkühnte sich Bush zu fragen, aber der theoretisch richtige Augenblick sollte ungenutzt verstreichen.
»Wir wollen noch etwas warten«, sagte Hornblower, »lassen wir erst dort die Bö herankommen.« Schwarz und drohend zog sie von Luv herauf, und als sie die Hotspur erreichte, verschwand die Umwelt im peitschenden Regen. Hornblower kehrte den Finknetzen den Rücken, über die er nach Lee hinausgepeilt hatte, und kroch das schrägliegende Deck hinauf zum Ruder. Dort griff er nach dem Megaphon: »Klar zum Wenden!!!«
Im Geheule der Böen konnten ihn die Männer kaum hören, aber aller Augen waren auf ihn gerichtet, jeder paßte scharf auf, und da sie alle gut ausgebildet waren, konnten sie seine Befehle nicht mißverstehen.
Mitten in der Bö über Stag zu gehen war ein riskantes Unterfangen, weil man damit rechnen mußte, daß der Wind im Verlauf des Unwetters unversehens um einen oder zwei Striche umsprang. Aber die Hotspur war so handig - vorausgesetzt, daß man das Manöver richtig einteilte -, daß für unvorhergesehene Zwischenfälle immer noch genügend Spielraum blieb. Dieses leidige Umspringen des Windes, das die Segel backschlagen ließ, brauchte er nicht zu fürchten, weil die Hotspur beim Wenden so viel Fahrt behielt, daß sie dem Ruder gehorchte und weiter drehte. Die Bö zog wieder ab. Der kalte, blindmachende Regen hörte auf, während die Wache noch sorgfältig Halsen und Schoten trimmte. Nur in Lee sah man das Unwetter noch toben, und die Loire stak noch mittendrin.
»Den haben wir abgehängt«, sagte Bush zufrieden. Er malte sich genießerisch aus, wie die Loire noch immer gutgläubig auf dem alten Bug lag, während die Hotspur auf dem anderen Bug ungesehen das Weite suchte und während sich vor allem der Abstand zwischen den beiden Schiffen rasch vergrößerte.
Die Bö zog über die schaumgestreiften Seen davon und warf sich heulend auf die französische Küste. Jetzt löste sich aus dem grauen Regendunst in Lee ein dunklerer Kern, der immer schärfere Umrisse zeigte. »Verd...«, stieß Bush hervor. Er war im Augenblick so perplex, daß ihm der Fluch im Hals stecken blieb. Denn was da in Sicht kam, war die Loire . Sie lag wieder auf dem gleichen Bug wie die Hotspur , sie hielt noch den gleichen Abstand und setzte die Jagd auf ihren Gegner erbarmungslos fort.
»Das ging daneben«, sagte Hornblower und verzog den Mund zu einem erzwungenen Lächeln. »Den Kniff brauchen wir kein zweites Mal zu versuchen.«
Der französische Kommandant war ein listiger Fuchs. Es war ihm nicht entgangen, daß die Hotspur den günstigsten Augenblick zum Wenden ungenutzt verstreichen ließ, er hatte gesehen, wie sie in der Bö verschwand und daraus richtig auf ihre Absicht geschlossen. Jedenfalls mußte er im gleichen Augenblick wie Hornblower gewendet haben, so daß er beim Überstaggehen nur wenig Raum verlor und selbst dieses bißchen schon wieder aufgeholt hatte, als die beiden Schiffe einander wieder ansichtig wurden. Zweifellos war dieser Mann ein gefährlicher Gegner. Allem Anschein nach gehörte er zu jener kleinen Elite von Kommandanten, die die französische Marine besaß. Einige dieser Männer hatten sich im letzten Krieg ausgezeichnet, die meisten von ihnen waren dann allerdings der britischen Übermacht zur See erlegen und in
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