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Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur

Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur

Titel: Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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erklären, daß er als erstes seinen Bericht abzufassen hatte. Es bedurfte also keiner Entschuldigung für sein rasches Verschwinden. Wie nach jedem Gefecht lechzte er förmlich nach der Einsamkeit seiner Kajüte. Dieses Verlangen war sogar noch stärker als der Wunsch, sich auszustrecken und alle Müdigkeit zu vergessen. Aber schon beim zweiten Schritt verhielt er wieder, als ihm plötzlich etwas Arges in den Sinn kam. Der Handstreich war gelungen, aber er durfte sich noch nicht unbeschwert darüber freuen, noch blieb ihm die Entspannung versagt, nach der er verlangte, darum fluchte er verärgert vor sich hin und gebrauchte dabei so häßliche Ausdrücke, wie sie ihm nur selten über die Lippen kamen.
    Er mußte sich Grimes vornehmen, und das sofort. Aber was sollte er mit ihm machen? Bestrafen? Konnte man eine Strafe über einen Mann verhängen, weil er ein Feigling war?
    Ebensogut hätte man jemand bestrafen können, weil er rote Haare hatte. Hornblower verlegte sein Gewicht von dem einen Fuß auf den anderen, aber er brachte es nicht fertig, einen Schritt zu tun. Dabei spornte er seine müden Verstandeskräfte mit aller Willenskraft zu weiterer Arbeit. Sollte er Grimes bestrafen, weil er seine Feigheit hemmungslos verraten hatte? Das war schon eher zu vertreten. Grimes hatte davon keinen Vorteil, aber andere wurden dadurch vielleicht abgeschreckt, ihre Feigheit offen zu zeigen. Es gab Offiziere, die nicht um der Manneszucht willen straften, sondern weil Strafe nach ihrer Überzeugung eine Art Preis war, der für Verfehlungen gezahlt werden mußte, so wie Sünder für ihre Verletzung der göttlichen Gebote in die Hölle kamen. Hornblower brachte es nicht fertig, sich jene göttliche Autorität anzumaßen, die manche Offiziere als ihr selbstverständliches Recht in Anspruch nahmen. Aber jetzt galt es zu handeln. Er malte sich aus, wie eine kriegsgerichtliche Verhandlung verlaufen würde. Der einzige Zeuge war er selbst, aber das Gericht zweifelte natürlich nicht daran, daß er die Wahrheit sagte. Seine Worte entschieden also über Grimes Schicksal, und das Ende für ihn war - der Henkerstrick oder als mindestes fünfhundert Hiebe. Er glaubte zu hören, wie Grimes vor Schmerzen immer wieder aufschrie, bis er das Bewußtsein verlor. Dann päppelte man ihn für einen zweiten und noch einmal für einen dritten Tag unsäglicher Qualen wieder auf und stieß ihn zuletzt als stammelnden, kraft- und willenlosen Idioten wieder ins Leben hinaus.
    Hornblower konnte diese Vorstellung nicht ertragen. Er war sich wohl darüber klar, daß die Besatzung im Bilde war und daß Grimes allein darum bitter büßen mußte, aber hier ging es um die Disziplin an Bord seines Schiffes, die zu wahren seine Aufgabe war. Diese Pflicht hatte er zu erfüllen, damit zahlte er für die Ehre, Seeoffizier zu sein, damit so gut wie mit der leidigen Seekrankheit - ja, und wie mit dem Einsatz seines Lebens. Er wollte Grimes sofort in Eisen legen lassen und binnen vierundzwanzig Stunden entscheiden, was mit ihm zu geschehen hatte. Als er nun seiner Kajüte zustrebte, war alle Vorfreude auf die so sehnlich erwartete Entspannung verflogen.
    Sowie er die Tür auftat, sah er sogleich, daß das Problem Grimes bereits seine Lösung gefunden hatte. Was blieb, war nach all dem Erlebten wieder neues, unbarmherziges Grauen.
    Grimes hing tot an einem Strick, der am Haken der Kajütlampe befestigt war. Er hing so tief, daß seine Knie beinahe das Deck berührten, seine Füße schleiften beim leisen Schlingern des Schiffes kratzend hin und her. Er war schwarz im Gesicht, und die Zunge hing ihm aus dem Mund, die schauerliche Gestalt, die da hing, hatte mit dem lebendigen Grimes überhaupt keine Ähnlichkeit mehr. Er hatte nicht den Mut gehabt, an dem Überfall teilzunehmen, aber dann, als er merkte, wie die Besatzung über sein Verhalten dachte, war er zu dem viel härteren Entschluß gelangt, sich auf grausame Weise ums Leben zu bringen, indem er mit dem Strick um den Hals von der Koje herabsprang, auf der er offenbar vorher gekauert hatte, und auf diese Art bewußt einen langsamen Erstickungstod auf sich nahm.
    Von der ganzen Besatzung der Hotspur war er als einziger in der Lage gewesen, sich zur Ausführung seiner Tat von den anderen abzusondern. Er hatte sicher kommen sehen, daß man ihn hängen oder auspeitschen würde, Hohn und Verachtung der Bordkameraden gaben ihm einen Vorgeschmack dessen, was ihm bevorstand. Lag nicht eine bittere Ironie darin, daß der

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