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Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur

Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur

Titel: Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Semaphor, den er nicht mit anzugreifen wagte, nur von einem Zivilisten und einer Frau verteidigt worden war?
    Die Hotspur wiegte sich sachte in der leichten Dünung, der hängende Kopf und die lose baumelnden Arme des Toten machten schlenkernd jede Bewegung des Schiffes mit, und seine Füße rutschten dabei kratzend auf den Decksplanken hin und her. Hornblower kämpfte das Grauen nieder, das ihn im ersten Augenblick geschüttelt hatte, und zwang sich mit aller Gewalt, trotz Ekel und Müdigkeit, klar zu denken und besonnen zu handeln. Er öffnete die Kajütentür; erklärlicherweise war hier noch kein Posten aufgezogen, da die Seesoldaten der Hotspur eben erst an Bord zurückgekehrt waren.
    »Ich lasse Mr. Bush bitten«, rief er dem Nächstbesten zu, der in Hörweite kam. Binnen einer Minute kam Bush zur Tür herein und fuhr beim Anblick des Erhängten entgeistert zurück.
    »Bitte lassen Sie den Toten sofort wegschaffen und über Bord bestatten. Dazu mag er eine kurze christliche Leichenfeier bekommen.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Nach dieser Bestätigung des erhaltenen Befehls tat Bush den Mund nicht mehr auf, weil er deutlich genug merkte, daß Hornblower jetzt noch weniger zum Reden aufgelegt war als vorher an Deck. Hornblower ging ins Kartenhaus, zwängte sich dort in den Stuhl und blieb regungslos sitzen; seine Hände hatte er flach vor sich auf den Tisch gefegt. Alsbald hörte er, wie die von Bush abgeteilten Leute die Kajüte betraten. Sie stießen bestürzte Rufe aus, einer schien hämisch aufzulachen. Aber als sie dann gewahr wurden, daß er nebenan war, wurde es plötzlich mäuschenstill. Nur heiseres Geflüster drang jetzt noch herüber.
    Ein-, zweimal polterte etwas dumpf an Deck, und dann, nach einer Weile, folgte ein Geräusch, als würde etwas fortgeschafft.
    Da mußte Hornblower, daß der grausige Leichnam aus seiner Kajüte verschwunden war.
    Jetzt erhob er sich, um auszuführen, was er als Ergebnis seiner gegen die Müdigkeit erkämpften Überlegungen beschlossen hatte. Festen Trittes ging er in seine Kajüte zurück, fast wie ein Mann, der sehr gegen seinen Willen zu einem Zweikampf antreten muß. Jeder Schritt war ihm zuwider, er haßte diesen Ort, aber auf einem winzigen Schiff wie der Hotspur gab es keinen anderen für ihn. Es half nichts, er mußte sich eben daran gewöhnen. Die lächerliche Idee, sich in einer der abgeschotteten Kammern im Zwischendeck einzuquartieren und dafür zum Beispiel den Deckoffizieren seine Kajüte einzuräumen, wies er sofort weit von sich. Das hätte endlose Ungelegenheiten für ihn selbst und - was noch wichtiger war - endloses Gerede heraufbeschworen. Er mußte hier wohnen bleiben, soviel stand fest, ebenso stand aber auch fest, daß ihm diese Aussicht um so weniger gefallen wollte, je länger er sich in Gedanken damit befaßte. Dabei war er so müde, daß er sich kaum noch auf den Beinen hielt. Als er jetzt auf seine Koje zutrat, sah er im Geist, wie Grimes mit dem Strick um den Hals darauf kauerte, um sich in den Tod zu stürzen. Er brachte es schließlich doch zuwege, das ganze schreckliche Geschehen kalten Blutes als etwas Gewesenes, Erledigtes zu betrachten.
    Jetzt und hier war die Gegenwart, seine Gegenwart. So wie er war, ließ er sich auf sein Lager sinken, die Schuhe an den Füßen, die Scheide seines Entermessers an der Seite und den Sandsack noch in seiner Tasche. Er hatte ja keinen Grimes mehr, der ihm beim Auskleiden geholfen hätte.

11. Kapitel
    Hornblower hatte schon die Adresse, das Datum und das Wort »Sir« geschrieben, als er sich darüber Rechenschaft gab, daß dieser Bericht gar nicht so leicht abzufassen war. Daß sein Schreiben in der Gazette erscheinen würde, stand für ihn fest, damit hatte er schon gerechnet, ehe er noch die Feder in die Hand nahm. Dies wurde unter allen Umständen ein »Gazette-Bericht«, einer der wenigen aus der Unzahl in der Admiralität einlaufenden Berichte, die man dort zur Veröffentlichung freigab. Es sollte dies übrigens auch das erstemal sein, daß er sich gedruckt las. Er hatte sich vorgenommen, seinen Vorgesetzten nach altehrwürdiger Überlieferung eine nüchterne Darlegung von Tatsachen zu liefern, aber jetzt hielt er plötzlich inne, um zu überlegen. Nicht als ob ihn so etwas wie Lampenfieber angewandelt hätte, aber immerhin: Wenn dieser Bericht in Druck ging, dann hieß das, daß er von aller Welt gelesen wurde. In erster Linie las ihn natürlich die ganze Navy, und dazu gehörten auch seine Untergebenen.

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