Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant
sage, denn das Kabinett wünscht sich verständlicherweise alles andere als einen Konflikt mit den Türken. Andererseits ist aber eine Viertelmillion in hartem Gelde auch keine Kleinigkeit. Eine solche Summe ist nicht nur heute, sondern jederzeit ein wahrer Segen für unsere Regierung.
Das Geld wird dringend gebraucht, aber die Türken dürfen unter keinen Umständen verärgert werden.«
Hornblower zog aus diesen Worten den Schluß, daß er von der Szylla klar steuern mußte, aber dabei auf keinen Fall in die Charybdis geraten durfte.
»Ich glaube richtig verstanden zu haben, Mylord.«
»Zum Glück ist die Küste dort sehr wenig befahren. Die Türken unterhalten in der näheren Umgebung nur ganz schwache See- und Landstreitkräfte. Das soll aber nicht heißen, daß Sie daraufhin versuchen, den starken Mann zu spielen.«
Den starken Mann spielen? dachte Hornblower, ausgerechnet die Atropos mit ihren elf Knallbüchsen auf jeder Seite! Aber er ließ diese spöttische Regung nicht aufkommen, weil er sehr wohl begriff, was Collingwood meinte. »Das werde ich bestimmt nicht tun, Mylord.«
»Dann haben wir uns richtig verstanden. Ich danke Ihnen, Kapitän.«
Der Stabsschreiber war mit einem Stoß geöffneter Post neben Collingwood getreten; er wartete offensichtlich auf eine Unterbrechung des Gesprächs, um sich sogleich bemerkbar zu machen. Auch der Flaggleutnant stand bereits wartend im Hintergrund. Beide wandten sich nun gleichzeitig an den Admiral.
»Das Dinner wird in einer halben Stunde serviert«, sagte der Flaggleutnant.
»Die dringende Post, Mylord«, meldete der Schreiber.
Hornblower erhob sich in einiger Verlegenheit von seinem Stuhl.
»Wie wäre es, wenn Sie sich eine Weile auf dem Achterdeck die Zeit vertrieben?« fragte ihn Collingwood. »Mein Flaggleutnant wird Ihnen sicher gern Gesellschaft leisten.«
Wenn der Admiral einem Kommandanten und seinem Flaggleutnant etwas vorschlug, dann konnte er sicher sein, daß sie sofort darauf eingingen. Die beiden schritten also gleich darauf oben in höflicher Unterhaltung auf und ab. Dabei hätte Hornblower nur zu gern auf den Begleiter verzichtet, den er Collingwoods Aufmerksamkeit verdankte. Denn es ging ihm so vieles durch den Kopf.
10. Kapitel
Malta: Ricasoli Point lag auf der einen Seite, Fort St. Elmo mit seinen donnernden Salutgeschützen auf der anderen, und dazwischen tat sich der Blick in die Bucht des Hafens auf. Auf der vorspringenden Halbinsel dehnte sich La Valetta mit seinen Palästen, Boote in leuchtend bunten Farben wimmelten überall umher. Ein frischer Nordost warf weiße Schaumköpfe auf.
Dieser Wind - Gregale nannte ihn das Segelhandbuch - ließ Hornblower keine Zeit, das schöne Bild in Ruhe zu genießen.
Segelte man vor dem Wind in ein enges Fahrwasser ein, dann schien es jedesmal, als wollte sich das Schiff durchaus nicht zu einer Verminderung seiner Fahrt bequemen, ganz gleich, ob man die Segel kürzte oder sogar vor Topp und Takel lief. In solchen Fällen kam alles darauf an, daß man den richtigen Zeitpunkt zum Aufdrehen wählte, das Schiff auf diese Art zum Stehen brachte, die Segel wegnahm und im entscheidenden Augenblick den Anker fallen ließ.
Auch in den kurzen Stunden, die das Schiff nach diesem schwierigen Manöver hier vor Anker liegen würde, bestand für Hornblower wenig Aussicht auf Muße. Zwar hatte er vor, seine dienstlichen Besuche gleich mit der Ablieferung der ihm persönlich anvertrauten Depeschen zu verbinden, weil er dadurch viel Zeit sparen konnte; aber so, wie die mageren Kühe in Pharaos Traum die fetten verzehrten, machten andere Verpflichtungen das Gewonnene alsbald wieder weit. Und ebenso, wie jene mageren Kühe nach ihrer Mahlzeit um nichts fetter waren, wurde auch Hornblowers Arbeit trotz aller Planung und Einteilung um keinen Deut weniger. Bis die Post von Malta England erreichte, war auch der erste der vierteljährlichen Zahltage für sein Gehalt herangekommen, zum mindesten stand er dann so nahe bevor, daß die kurze Spanne keine Rolle mehr spielte. Er konnte also hier schon etwas Geld abheben, nicht viel natürlich, da er ja an Maria und die Kinder denken mußte, aber immerhin einen Betrag, der ihm erlaubte, sich mit einigen jener guten Dinge zu versorgen, die hier im Gegensatz zum Brot so lächerlich billig waren. Es gab Orangen, Oliven und frisches Gemüse in Fülle, die Bumboote mit den Händlern warteten nur noch auf die Erlaubnis zum Längsseitkommen.
McCullum, der natürlich sein
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