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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Strande zurück. Der Kommandant ließ seine Gig zu Wasser bringen und umfuhr von Zeit zu Zeit sein Schiff, um sich vom richtigen Trimm zu überzeugen. Jeden Augenblick war er darauf gefaßt, den Anker einhieven und in See gehen zu müssen, um den Kampf mit der Natividad aufzunehmen.
    Tag und Nacht wurde die Arbeit fortgesetzt. In fünfzehn, ausschließlich im Kriegszustand verlebten Dienstjahren zur See hatte Hornblower oft beobachten können, wie eine günstige Gelegenheit durch irgendeinen an sich geringfügigen Mangel an Energie oder auch dadurch verpaßt wurde, daß man verabsäumte, die Besatzung zur äußersten Kraftleistung anzuspornen. Ihm selbst war derlei geschehen. Noch heute empfand er so etwas wie Scham, wenn er daran dachte, wie ihm damals bei den Azoren jenes Kaperschiff durch die Hände schlüpfte. Aus Furcht, sich abermals vor seinem eigenen Gewissen bloßzustellen, trieb er seine Leute an, bis sie fast zusammenbrachen.
    Im Augenblick gab es keine Zeit für die Vergnügungen eines Landurlaubs. Zwar bereitete sich das Landungskommando das Essen an einem riesigen Holzfeuer und schwelgte nach siebenmonatigem Genuß gekochten Salzfleisches in frischem Rinderbraten, aber mit der für britische Seeleute kennzeichnenden Dickköpfigkeit lehnten sie in unberechenbarer Laune die ihnen dargebotenen köstlichen Früchte - Bananen, Ananas und Guajavas - ab. Sie kamen sich nämlich als Opfer einer strengen Handhabung des Dienstes vor, da das Obst ihre sonst regelmäßig ausgegebene Portion gesottener Dörrerbsen ersetzen sollte.
    Und dann als Hornblower am zweiten Abend auf der Hütte spazierengehend die frische Seebrise genoß, sich des erhebenden Bewußtseins freute, nötigenfalls für ein weiteres halbes Jahr vom Lande unabhängig zu sein und freudvoll an das nächste, aus gebratenen Hühnern bestehende Mahl dachte, tönte Lärm vom Strande herüber; zuerst knatterte eine Salve, der einzelne Schüsse und später nochmals eine zerflatternde Salve folgten. Hornblower vergaß sein Abendessen, sein Wohlbehagen und alles. Wenn es drüben auf dem Lande irgendwelche Mißhelligkeiten gab, so bedeutete das nichts anderes als die Gefährdung des Erfolges seiner Mission. In großer Hast rief er nach seiner Gig, und dann wurde er von einer Mannschaft an Land gepullt, die unter den fluchenden Anfeuerungen des Bootsmanns Brown derartig an den Riemen zerrte, daß sie sich krumm bogen.
    Das Bild, das sich seinen Blicken darbot, als das Boot um einen Vorsprung glitt, übertraf seine schlimmsten Befürchtungen. Die ganze Landungsabteilung war am Strande zusammengedrängt. Auf dem einen Flügel standen die gerade wieder ladenden zwölf Seesoldaten. Daneben hatten sich die Matrosen aufgestellt. Sie trugen allerlei Waffen, wie sie ihnen gerade in die Hände gefallen waren. In weitem Halbkreis wurde die Gruppe von den Eingeborenen umgeben, die mit Säbeln und Musketen herumfuchtelten. Im Niemandsland zwischen den beiden Parteien lagen ein paar Tote. Unweit des Uferrandes aber beugten sich zwei Unteroffiziere über einen verwundeten Matrosen. Er stützte sich auf den linken Ellenbogen und erbrach unaufhörlich Blut.
    Hornblower sprang in das seichte Wasser. Er kümmerte sich nicht um den Verwundeten, sondern eilte nach vorn. Gerade als er den freien Zwischenraum erreichte, quoll Pulverrauch auf der Seite der Eingeborenen auf, und eine Kugel pfiff ihm über den Kopf, ohne daß er dessen achtete.
    »Feuer einstellen!« brüllte er den Seesoldaten zu. Dann wandte er sich an die gestikulierenden Bewohner und hielt seine Rechte mit vorwärts gerichteter Handfläche empor. Es war das ein instinktiv gegebenes, auf der ganzen Welt als solches bekanntes Friedenszeichen. Der Gedanke, daß jemand drauf und dran war, seine Erfolgsaussichten zu zerstören, erfüllte ihn mit so leidenschaftlichem Zorn, daß ihm die persönlich drohende Gefahr überhaupt nicht zum Bewußtsein kam. »Was soll das heißen?« fragte er.
    Galbraith kommandierte. Er wollte sprechen, fand jedoch keine Gelegenheit dazu. Einer der Maate, der sich bisher um den Sterbenden bemüht hatte, drängte sich nach vorn. Im Übermaß gefühlsmäßiger Entrüstung, die Hornblower als charakteristisch für den gewöhnlichen Mann kannte - er mißbilligte derlei und mißtraute ihm -, schien er alle Gebote der Disziplin vergessen zu haben.
    »Die haben da drüben einen armen Teufel gefoltert, Sir«, meldete er. »Fesselten ihn an einen Pfahl und wollten ihn verdursten lassen.«
    »Ruhe!«

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