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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Barbaras verwöhnte Augen durften nicht durch den Anblick halbnackter Kerle beleidigt werden, denn in den Tropen nahmen es die Seeleute mit ihrer Kleidung nicht sehr genau. Hornblower kämmte sich und fluchte über sein lockiges Haar, das erst recht die kahlwerdende Stirn hervortreten ließ.
    Dann eilte er an Deck. Er war froh, daß ihn seine dienstliche Pflicht der Notwendigkeit enthob, die Dame zu begrüßen, in deren Augen er sicherlich das Erstaunen über seine schäbige Kleidung wahrgenommen haben würde. Während er die Vorbereitungen zum Ankerlichten beobachtete und ihr dabei den Rücken kehrte, merkte er dennoch, daß sie ihn ansah. Die Hälfte der einen Wache war am Gangspill angetreten und wuchtete mit vollem Körpergewicht gegen die Spillspaken. Die nackten Füße der Matrosen suchten auf den glatten Deckplanken Halt zu gewinnen, indessen Harrison die Leute nicht nur mit ermutigenden Rufen und Flüchen anspornte, sondern auch gelegentlich seinen Rohrstock auf den Rücken eines Faulpelzes niedersausen ließ. Sullivan, der verrückte Spielmann, die beiden Pfeifer der Seesoldaten und die beiden Trommler spielten dazu auf dem Vordeck stehend eine lebhafte Weise. Für Hornblower allerdings glich eine Melodie der anderen. Gleichmäßig kam die Kette ein. Die Schiffsjungen mit den Stöppern folgten ihr bis zum Luksüll und rannten eilig zurück, um die Kette und das Kabelar abermals zu packen. Doch das gleichmäßige Klankklank des Spills wurde immer langsamer und hörte schließlich auf.
    »Zu gleich, ihr Bastarde! Zu gleich!« brüllte Harrison. »Die Leute von der Back hierher! Angefaßt!... Zu gleich!«
    Jetzt drückten zwanzig Männer mehr gegen die Spaken. Ihre vereinten Kräfte entlockten dem Gangspill ein einziges feierliches: klank...
    »Zu gleich! Gott verdamme euch... Zu gleich!«. Häufiger klatschte Harrisons Rohrstock. »Zu gleich!!«
    Ein Zittern durchlief das Schiff; das Spill drehte sich plötzlich' so schnell, daß alles in einem Knäuel durcheinanderfiel.
    »Kabelar gebrochen, Sir«, rief Gerard von der Back her. »Anker ist unklar, glaube ich.«
    »Himmeldonnerwetter!« murmelte Hornblower. Er wußte, daß die Frau, die da hinter ihm in dem Liegestuhl ruhte, sich über die Verlegenheit lustig machte, in die ihn ein unklar gekommener Anker angesichts ganz Lateinamerikas brachte. Er dachte aber nicht daran, den Spaniern einen guten Anker nebst Kette zu hinterlassen.
    »Setzt die kleine Bugankerkette als Kabelar auf«, schrie er.
    Der Befehl bedeutete für eine ganze Anzahl Seeleute eine unerträglich heiße und peinvolle Arbeit. Drunten im Kabelgatt mußte die Kette des kleinen Bugankers hervorgezerrt und dann durch Menschenkraft zum Gangspill hinaufgeschafft werden.
    Die Flüche der Bootsmannsmaate hallten bis zur Hütte herauf; die Deckoffiziere waren sich der unwürdigen Lage ihres Schiffes ebenso bewußt wie der Kommandant. Aus Furcht, dem Blick der Lady Barbara zu begegnen, konnte Hornblower nicht hastig auf und nieder gehen, wie er eigentlich zu tun wünschte.
    Er stand nur da und kochte vor Erbitterung. Mit dem Taschentuch wischte er sich den Schweiß vom Gesicht und vom Nacken.
    »Kabelar ist klar, Sir!« grölte Gerard.
    »So viel Leute an die Spillspaken, wie Platz dran haben, Mr. Harrison, sorgen Sie dafür, daß sie sich ins Zeug legen!«
    »Aye, aye, Sir!«
    Terrum turn, terrum turn, rasselten die Trommeln.
    »Zu gleich, ihr Hundesöhne!« rief Harrison und: Klatsch", klatsch, klatsch, traf sein Rohrstock die angespannten Rückenmuskeln.
    Klank, machte das Spill; klank klank klank.
    Hornblower fühlte, wie sich das Deck unter seinen Füßen ein wenig neigte. Die Anstrengung der Mannschaft drückte das Vorschiff nieder, vermochte aber nicht den Anker aus dem Grund zu reißen.
    »Gottver...«, begann Hornblower halblaut, doch ließ er den Satz unvollendete. Von den fünfundfünfzig Flüchen, über die er verfügte, wurde nicht ein einziger der gegenwärtigen Lage gerecht.
    »Stop!« brüllte er, worauf die schwitzenden Seeleute ihre schmerzenden Rücken entspannten.
    Hornblower zupfte an seinem Kinn, als wolle er es abreißen.
    Es blieb ihm nichts anderes übrig, als über den Anker zu segeln, und das war ein schwieriges Manöver, bei dem Masten und Takelage zum Teufel gehen konnten, ohne daß man vorher wußte, ob das Ganze nicht in einer lächerlichen Blamage enden würde. Bis jetzt konnten drüben in Panama höchstens ein paar Fachleute über die peinliche Lage der Fregatte im

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