Hornblower 05 - Der Kapitän
Panama zu bleiben mit seinem gelben Fieber.«
»Aber Kap Hoorn, Madame?«
»Ich kenne Ihr Kap Hoorn nicht, aber während mein Bruder Generalgouverneur von Indien war, habe ich zweimal das Kap der Guten Hoffnung umsegelt, und ich kann Ihnen versichern, Herr Kapitän, daß ich noch niemals seekrank gewesen bin.«
Aber noch immer zögerte Hornblower. Ihm paßte die Anwesenheit einer Frau an Bord seines Schiffes nicht. Lady Barbara gab seinen Gedanken treffenden Ausdruck, und als sie es tat, zogen sich ihre Brauen in einer Weise zusammen, die seltsam an el Supremo erinnerte, obwohl ihre Augen noch immer lachend in die des Kommandanten blickten.
»Herr Kapitän, ich könnte wirklich bald auf den Gedanken kommen, daß ich an Bord nicht willkommen bin, und ich vermag mir nicht vorzustellen, daß ein Gentleman, der im Dienste des Königs steht, einer Frau gegenüber unhöflich sein könnte, zumal einer Frau meines Namens.«
Das war ja gerade die Schwierigkeit. Kein einflußloser Kapitän zur See durfte es sich leisten, eine Wellesley zu beleidigen. Hornblower wußte, daß er andernfalls damit rechnen konnte, nie wieder ein Schiff zu führen, daß er und Maria den Rest ihres Lebens unter dürftigen Verhältnissen bei Halbsold auf dem Lande verkümmern würden. Mit seinen siebenunddreißig Lebensjahren stand er noch im ersten Viertel der Rangliste der Kapitäne, und die Gunst der Familie Wellesley konnte mit Leichtigkeit seine dienstliche Verwendung sichern, bis er Admiralsrang erreichte. Es blieb ihm also gar nichts anderes übrig, als seinen Unwillen hinunterzuwürgen und alles zu tun, jene Gunst zu erringen, wobei man eben auf diplomatische Weise Vorteile aus den Schwierigkeiten ziehen mußte. Er suchte sich eine passende Rede zurechtzulegen.
»Ich tat lediglich meine Pflicht, Madame, indem ich Ihnen die Gefahren andeutete, denen Sie sich möglicherweise aussetzen.
Für mich persönlich kann es kein größeres Vergnügen geben, als Sie an Bord meines Schiffes zu wissen.«
Lady Barbara knickste erheblich tiefer als das erstemal, und gleichzeitig erschien Gray, der die Hand an den Hut legte. »Ihr Gepäck befindet sich an Bord, Madame.«
Mittels eines an der Großrah angeschlagenen Jolltaus waren die Sachen aufgeheißt worden und lagen nun unordentlich in der Nähe der Fallreepspforte umher: Ledertaschen, eisenbeschlagene Holzkisten und Koffer mit gewölbten Deckeln.
»Danke, Sir.« Lady Barbara brachte eine flache Lederbörse zum Vorschein und entnahm ihr ein Goldstück. »Wollen Sie die Güte haben, dies den Bootsleuten zu geben?«
»Um 's Himmels willen, Madame, den Dago-Niggern da brauchen Sie doch kein Gold zu geben. Die haben höchstens auf Silber Anspruch.«
»Dann geben Sie ihnen dies hier, und ich danke Ihnen für Ihre Gefälligkeit.«
Gray eilte davon, und gleich darauf hörte Hornblower ihn mit der Bootsmannschaft verhandeln, die ausschließlich Spanisch verstand. Schließlich vermochte die Drohung, einen blinden Kanonenschuß ins Boot zu feuern, die Leute zum Ablegen, wobei sie aber noch immer ihrem Mißfallen schnatternden Ausdruck verliehen. Abermals empfand Hornblower leichten Unwillen. Er ärgerte sich, seinen Deckoffizier so eifrig die Befehle einer Frau ausführen zu sehen. Schwere Verantwortung lastete auf ihm, und seit einer halben Stunde stand er in der heißen Sonne.
»In Ihrer Kammer hat nicht der zehnte Teil Ihres Gepäcks Platz, Madame«, stieß er hervor.
Lady Barbara nickte ernsthaft.
»Ich habe schon öfter in Kabinen gehaust, Herr Kapitän. Die Seekiste dort enthält alles, was ich an Bord brauche. Den Rest können Sie unterbringen, wo Sie wollen... bis wir England erreichen.«
Beinahe hätte Hornblower vor Wut mit dem Fuß gestampft.
Der Umgang mit einer Frau, die soviel gesunden Menschenverstand entwickelte, war ihm ungewohnt. Es war um aus der Haut zu fahren, daß ihm kein Mittel einfiel, sie aus der Fassung zu bringen... und dann sah er sie lächeln, erriet, daß sie über sein verräterisches Mienenspiel lächelte, errötete heftig, drehte sich auf dem Absatz herum und führte seinen Gast wortlos nach unten.
Sichtlich ein wenig betroffen, sah sich Lady Barbara in der Kammer des Kapitäns um, sagte aber nichts.
»Wie Sie sehen, Madame, vermag eine Fregatte wenig von den Bequemlichkeiten eines Postschiffes zu bieten«, bemerkte Hornblower bitter. Damals, als er das Kommando der Lydia übernahm, hatte ihm seine Armut nicht gestattet, sich mit dem bescheidenen Komfort zu
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