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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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rechnen, den Tod des Ertrinkens zu finden oder in irgendeinem Gefecht zu fallen. Ein so lebhaft empfindender Mensch wie Hornblower mußte natürlich Verständnis für seine Leute haben, wie er überhaupt mit den zunehmenden Jahren im Herzen immer duldsamer wurde. Diese Schwäche aber fand ihren Ausgleich durch das unerschütterliche Bestreben, jede einmal begonnene Aufgabe auch zu Ende zu führen. Nun sich die Natividad in Sicht befand, durfte er nicht ruhen, ehe er sie niedergekämpft hatte, und wenn der Kommandant eines Kriegsschiffes keine Ruhe findet, so fällt auch die Ruhe der Besatzung ungeachtet schmerzender Rücken und blutender Hände aus.
    Durch sorgfältige, mit Hilfe des Sextanten vorgenommene Messungen konnte er nach Verlauf einer Stunde mit Sicherheit feststellen, daß die Lydia ihrem Gegner um ein geringes näher gekommen war, und Bush, der die gleichen Messungen durchführte, bestätigte es. Die Sonne stieg, und zollweise schlich sich die Lydia an den Feind heran.
    »Natividad bringt ein Boot zu Wasser, Sir!« rief Knyvett vom Vortopp aus.
    »Wieviel Riemen?«
    »Zwölf, soviel ich sehen kann, Sir. Sie nehmen das Schiff in Schlepp.«
    »Viel Vergnügen«, spottete Bush. »Zwölf Riemen werden die alte Badewanne nicht weit bringen.«
    Hornblower sah ihn mißbilligend an, worauf sich Bush wieder auf die andere Seite der Hütte zurückzog; er hatte ganz vergessen, daß sich sein Kommandant in wenig mitteilsamer Stimmung befand. Hornblower steigerte sich immer mehr in eine fieberhafte Spannung hinein. Er stand in der glutenden Sonne, und die Hitze, die von den Decksplanken zurückstrahlte, traf sein Gesicht. Das schweißige Hemd scheuerte seine Haut.
    Er kam sich eingesperrt vor wie ein gefangenes Tier, in seinen Bewegungen durch die Einzelheiten der dienstlichen Erfordernisse beengt. Das endlose Klanken der Pumpen, das Rollen des Schiffes, das Klappern der Takelblöcke, das Ächzen der in die Dollen gezwängten Riemen... alle diese Geräusche machten ihn fast verrückt, als könne er beim geringsten Anlaß schreien oder gar weinen. Zur Mittagstunde wurden die in den Booten und an den Pumpen arbeitenden Leute abgelöst. Die Mannschaft trat zum Essenempfang an, wobei sich Hornblower bitter daran erinnerte, daß er sie des scheinbar dicht bevorstehenden Gefechtes wegen bereits zeitig hatte frühstücken lassen. Als es zwei glaste, fragte er sich, ob er die Natividad mit größter Erhöhung der Geschützmündungen bereits erreichen konnte, aber allein die Frage sagte ihm, daß es immer noch nicht der Fall war. Er kannte seine sanguinische Gemütsveranlagung und widerstand der Versuchung, seine Munition zu vergeuden.
    Und dann, als er zum tausendstenmal durchs Fernrohr blickte, sah er plötzlich am hohen Heck der Natividad eine weiße Scheibe erscheinen. Schnell entwickelte sich die Scheibe zu einer dünnen Wolke, und sechs Sekunden nach ihrem Sichtbarwerden hallte der dumpfe Ton des Schusses an sein Ohr. Offenbar versuchte der Feind seinerseits die Entfernung zu ermitteln.
    »Die Natividad trägt auf dem Achterdeck zwei lange Achtzehnpfünder«, sagte Gerard zu Bush, so daß Hornblower es hören mußte. »Schweres Kaliber für so'n Jagdgefecht.«
    Hornblower wußte es. Möglicherweise mußte er die Lydia eine Stunde lang den Geschossen jener beiden schweren Geschütze aussetzen, ehe er seinen auf der Back aufgestellten Neunpfünder zum Tragen bringen konnte. Wieder quoll Rauch aus dem Heck der Natividad hervor, und diesmal gewahrte Hornblower eine Wassersäule, die ungefähr fünfhundert Meter vorwärts der Lydia aufspritzte. Angesichts der Entfernung und der hohen Dünung bedeutete das jedoch nicht, daß die englische Fregatte noch außer Schußweite des Feindes stand. Hornblower hörte die nächste Kugel brummen. Diesmal schlug sie gischtend nur fünfzig Meter und etwas rechts vom Vorsteven der Lydia ein.
    »Mr. Gerard«, sagte Hornblower, »Mr. Marsh soll mal feststellen, was er mit dem langen Buggeschütz leisten kann.«
    Es würde die Leute aufheitern, wenn sie, statt als wehrlose Scheibe zu dienen, hin und wieder das Krachen eines Kanonenschusses vernähmen. Marsh kam aus der Finsternis der unteren Schiffsräume hervor - er war in der Pulverkammer gewesen - und blinzelte im grellen Sonnenschein. Während er die Entfernung zur Natividad abschätzte, schüttelte er zweifelnd den Kopf. Dennoch lud er die Kanone liebevoll mit eigener Hand. Er gab ihr die größtmögliche Ladung, und es dauerte mehrere

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