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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Persenning zusammendrängten. Kindliches Vergnügen hatte Hornblower darin gefunden, beim Erwachen festzustellen, daß der schnarchende Bush im Schlaf schützend den einen Arm um ihn gelegt hatte.
    Da waren die prächtigen Städtebilder des Loirebeckens; Gien mit seinem festungsartigen, auf hohen Terrassen gelagerten Schloss, Sully mit seinen mächtigen Rundbastionen, Chateau-Neufsur-Loire und Jargeau. Schon aus weiter Entfernung sahen sie die wuchtigen Türme der Kathedrale von Orleans, und dann mussten sie unauffällig an der ausgedehnten Flussfront der alten Stadt entlanggleiten und besonders bei den nicht leicht zu passierenden Brücken aufpassen. Orleans war kaum ihren Blicken entschwunden, als sie bereits Beaugency erreichten mit seiner endlosen Pfeilerbrücke und dem seltsamen kantigen Turm. Blau, golden und grün schimmerte der Fluss. Das bisher steinige Ufer machte gelblichleuchtenden Sandstreifen Platz.
    Grün und kristallklar war das Wasser. Hornblowers Augen schwelgten in diesen aufeinander abgestimmten grünen Tönungen der Weiden, der Weinberge, der jungen Getreidefelder und der Wiesen.
    An Blois kamen sie vorüber, dessen steile bucklige Brücke von einer Pyramide gekrönt wurde, deren Inschrift verkündete, daß dieses das erste öffentliche Bauwerk des damals noch im Kindesalter stehenden Ludwigs XV. sei. Weiter ging es über Chaumont und Amboise, deren schöne Schlösser den Fluss überragten. Tours erschien, wo es wieder eine lange, der Loire zugekehrte Häuserfront zu passieren galt. Die wilde romantische Einsamkeit der von Inseln durchsetzten Loire wurde überall von fernen Türmen, Schlössern und Kathedralen unterbrochen.
    Unterhalb Langeais mündete von links her die große stille Vienne und schien dem nunmehr noch breiter werdenden Strom etwas von ihrem Charakter zu vermitteln. Langsamer und gleichmäßiger wurde sein Lauf, die Anzahl der Untiefen nahm ab. Hinter Saumur und dem Inselgewirr von Les Fonts de Ce trat von rechts her die noch größere Maine hinzu und beraubte die einst so wilde Loire vollends aller Merkmale, die sie so malerisch gemacht hatten. Zum erstenmal konnten die Reisenden Anzeichen eines erfolgreich durchgeführten Handelsverkehrs bemerken. Weiter oberhalb hatte es nur Spuren vergeblicher Regulierungsversuche gegeben.
    Aber unterhalb des Zuflusses der Maine hatten die Buhnen und Deiche den Winterfluten und der unaufhörlichen Erosion standgehalten. Beiderseits zogen sich breite helle Sandstreifen entlang, aber in der Mitte verblieb eine tiefe und schiffbare Fahrrinne. Hornblower und seine Gefährten begegneten mehreren Lastschiffen, die, von Nantes kommend, unter dem Druck ihrer ungeheuren Gaffelsegel nach Angers hinaufkreuzten, sofern sie nicht von Maultiergespannen am Ufer entlang geschleppt wurden. Gierig starrte Hornblower hinüber, denn es waren die ersten Segel, die er seit Monaten gesehen hatte. Ein Blick auf die plumpen Formen dieser Fahrzeuge verriet ihm, daß es gefährlicher sein würde, mit ihnen, statt mit der kleinen Nussschale in See zu gehen, in der sie sich befanden.
    Der Westwind, vor dem jene Lastkähne segelten, brachte auch noch etwas anderes mit sich. Brown begann plötzlich zu schnuppern. »Verzeihung, Sir«, sagte er, »ich kann das Meer riechen.«
    Die beiden anderen folgten seinem Beispiel.
    »Bei Gott, Sie haben recht, Brown«, sagte Bush.
    Hornblower schwieg, aber auch er hatte den salzigen Geruch wahrgenommen, und das wiederum hatte eine solche Welle einander widerstreitender Gefühle in ihm ausgelöst, daß ihm die Worte fehlten, seinen Gedanken Ausdruck zu geben. Und in der folgenden Nacht - sie hatten wieder eine der zahllosen unbewohnten Inseln als Lagerplatz erkoren - fand er, daß der Wasserspiegel seit ihrer Landung merklich gestiegen war. Es handelte sich keineswegs um ein plötzlich einsetzendes Hochwasser wie damals, als ihr Boot nach heftigen Regenfällen beinahe fortgerissen worden wäre. An diesem oberhalb von Nantes verbrachten Abend hatte es seit drei Tagen nicht die geringsten Niederschläge gegeben. Hornblower sah zu, wie das Wasser stetig anstieg, wie es einen Höchststand erreichte, einige Zeit darauf verweilte und dann wieder zurückging. Die Flut war es, der Gezeitenwechsel. Drunten bei Paimboeuf an der Mündung betrug der Unterschied zehn bis zwölf Fuß; in Nantes mochten es vier oder sechs sein, und hier oben beobachtete Hornblower die letzten ersterbenden Bemühungen des angestauten Meeres, die Loire in ihrem Lauf

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