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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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solchem Beispiel folgen werde, aber dann überwand der gesunde Menschenverstand seine Bedenken, denn er sagte sich, daß er, um Bushs und des Bootsmanns Zuneigung zu gewinnen, nicht zu solchen theatralischen Dingen zu greifen brauchte.

12. Kapitel
    Schön waren sie, diese auf der Loire verlebten Tage, und jeder Tag schien noch schöner zu sein als sein Vorgänger.
    Hornblower genoss nicht nur die Freuden eines vierzehntägigen Ausflugs, sondern vor allem dieses kameradschaftliche Gefühl der Zusammengehörigkeit. Während der zehn Jahre seines Kommandantendaseins hatte die ihm angeborene Schüchternheit die Schranken noch verstärkt, die ihm ohnehin von seiner Stellung gezogen waren. Immer betonter hatte er sich zurückgezogen, bis ihm das dringende Verlangen nach menschlicher Gesellschaft gar nicht mehr zum Bewusstsein kam. An Bord dieses kleinen Bootes, in dem man dicht beisammen hauste und wo des einen Unheil das Unheil aller war, lernte er das Glücksgefühl kennen. Deutlicher noch als zuvor erkannte er die hervorragenden Eigenschaften Bushs, der sich heimlich über den Verlust seines Fußes grämte, der ihn zur Untätigkeit verdammte und seine Zukunft höchst ungewiss erscheinen ließ.
    »Ich werde für Ihre Beförderung sorgen«, sagte Hornblower bei der einzigen Gelegenheit, bei der Bush auf seinen Kummer anspielte. »Und wenn es meine letzte Tat auf Erden sein sollte.«
    Er glaubte das auch dann durchsetzen zu können, wenn seiner selbst die Schande harrte. Lady Barbara entsann sich zweifellos Bushs und der vergangenen, an Bord der Lydia verbrachten Zeiten. Von Bushs Charakter musste sie den gleichen Eindruck gewonnen haben wie Hornblower. Eine in der richtigen Fassung an sie gerichtete Bitte konnte selbst dann das unsichtbare Getriebe der von der Regierung ausgehenden Begünstigung in Gang setzen, wenn diese Bitte von einem kriegsgerichtlich verurteilten Mann ausging. Bush verdiente den Rang eines Kapitäns zur See in stärkerem Maß als die Hälfte der ihm bekannten Kapitäne.
    Dann war da noch Brown mit seiner unerschütterlichen Heiterkeit. Niemand vermochte besser als Hornblower das Peinliche der Lage des Bootsmanns zu beurteilen, der genötigt war, in nächster Nähe zweier höherer Offiziere zu leben. Aber Brown fand stets die richtige Mittellinie zwischen Freundlichkeit und Zurückhaltung. Er konnte laut lachen, wenn er auf einem schlüpfrigen Stein ausrutschend ein unfreiwilliges Bad in der Loire nahm, und teilnahmsvoll lächeln, wenn Hornblower das gleiche Missgeschick widerfuhr. Er kümmerte sich eifrig um alle zu erledigenden Arbeiten und betrachtete es auch nach zehntägiger Routine keineswegs als Selbstverständlichkeit, daß seine Vorgesetzten sich daran beteiligten.
    Hornblower sah voraus, daß dem Bootsmann eine ausgezeichnete Zukunft bevorstand, wenn man ihm ein wenig zu Hilfe kam. Auch er konnte es sicherlich bis zum Kapitän bringen. Hatten nicht auch Darby und Westcott ihre Laufbahn in gleicher Weise begonnen? Selbst wenn ihn das Kriegsgericht verurteilte, konnte Hornblower etwas für ihn tun. Elliot und Bolton zum mindesten würden ihn nicht vollkommen im Stich lassen und Brown als Midshipman im Range eines Fähnrichs übernehmen, wenn er sie nachdrücklich darum bat.
    Während er dergestalt Pläne für seine Kameraden schmiedete, konnte Hornblower fast mit Gelassenheit dem Ende der Reise und dem unvermeidlichen Kriegsgericht entgegensehen, aber während des Restes dieser goldenen Tage vermied er alle Gedanken an das Später. Ein friedliches Dahingleiten war es.
    Hinter ihm verblasste die beschämende Erinnerung an sein Verhalten gegenüber Marie, und die ihn erwartenden neuen Kümmernisse waren noch fern. Einmal im Leben jedenfalls konnte er sich ganz der verträumten Gegenwart überlassen.
    Alle die mannigfaltigen Einzelheiten der Reise trugen zu diesem Gemütszustand bei; sie waren so nichtig und doch zeitweilig von so großer Bedeutung. Da galt es, den richtigen Kurs zwischen den goldenen Sandbänken des Flusses zu finden; auszusteigen und das Boot hinüberzuziehen, wenn die Wahl sich als fehlerhaft erwies; eine einsame kleine Insel für das Nachtlager zu erkunden; unauffällig an Sandbaggern und seltenen Fischergesellschaften vorüberzukommen; beim Passieren von Ortschaften jedes verdächtige Benehmen zu unterlassen; kurzum, stets gab es allerlei, um den Geist zu beschäftigen.
    Da waren jene beiden Regennächte, in denen sie sich unterhalb einer zwischen den Weiden ausgespannten

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