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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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genau, was ihm fehlte, er hatte ganz einfach Heimweh. Wie immer, wenn er nach Hause schrieb, brachte ihn auch jetzt wieder ein Sturm von Gefühlen völlig aus dem Gleichgewicht, und - seltsam genug - Wychwoods letzte Worte hatten diesen Aufruhr in seinem Inneren noch verstärkt. Sie hatten ihn an die schreckliche Last der Verantwortung erinnert, die er trug. Seine Handlungen und Unterlassungen hatten einen entscheidenden Einfluß auf die Zukunft der ganzen Welt und das Schicksal seines Vaterlandes.
    Endete dieses russische Abenteuer in Vernichtung und Niederlage, dann war es für jeden, der die Verantwortung dafür von sich abwälzen wollte, ein leichtes, ihm die Schuld daran zuzuschieben. Dann konnte man ihn als unfähig und kurzsichtig anprangern. Er ertappte sich sogar dabei, daß er sogar Braun beneidete, der jetzt als Gefangener auf dem Weg nach London war, den bestimmt ein Gerichtsverfahren und vielleicht sogar die Todesstrafe erwartete. Sehnsüchtig dachte er an seine winzigen Sorgen in Smallbridge und lächelte über sich selbst, als er sich daran erinnerte, welche Überwindung ihn der Empfang der Begrüßungsabordnung aus dem Dorf gekostet hatte. Er dachte auch an Barbaras immer bereite Herzlichkeit und an die Riesenfreude, die ihn durchströmte, als er sich darüber klar wurde, daß sein Richard ihn wirklich liebte und seine Gesellschaft genoß. Hier an Bord mußte er sich mit Bushs bedingungsloser Ergebenheit und der recht unbeständigen Bewunderung der jüngeren Offiziere begnügen.
    Aber was nutzte diese Quälerei? Besser war es auf alle Fälle, sich ins Gedächtnis zu rufen, wie es wirklich gewesen war. Also zwang er sich, daran zu denken, mit welcher überschäumenden Erregung er jenen Befehl in Empfang genommen hatte, der ihn zum aktiven Dienst zurückrief, wie er leichten Herzens sein Kind verlassen und von seiner Frau sogar - hier gab es kein Beschönigen - mit einem Gefühl des Befreitseins Abschied genommen hatte. Die Aussicht, wieder einmal ganz sein eigener Herr zu sein, nicht auf Barbaras Wünsche hören zu müssen, nicht durch Richards Zähne belästigt zu werden, hatte ihm höchst erfreulich geschienen. Und nun beklagte er sich über die Last seiner Verantwortung, als ob Verantwortung nicht der Preis wäre, mit dem jede Unabhängigkeit unweigerlich zu bezahlen war! Es war unmöglich, gleichzeitig unabhängig und frei von Verantwortung zu sein. Das lag in der Natur der Dinge.
    Das war alles gut und schön und logisch, aber es half ihm doch nicht an der Tatsache vorbei, daß er sich jetzt lebhaft wünschte, zu Hause zu sein. In der bloßen Vorstellung fühlte er den Druck von Barbaras Hand so lebhaft in der seinen, daß er nur mit einem Stich der Enttäuschung in die Wirklichkeit zurückfand. Er hätte auch Richard gern auf seinem Knie reiten lassen und hätte sich herzlich über den Jubel gefreut, in den er jedesmal ausbrach, wenn man sich den Riesenscherz erlaubte, ihn in die Nase zu kneifen. Dagegen hatte er nicht das geringste Bedürfnis, seinen Ruf, seine Freiheit und sein Leben bei gemeinsamen Operationen mit diesen undurchschaubaren Russen und in einem so gottverlassenen Winkel der Erde, wie Riga, aufs Spiel zu setzen. Bei diesem Gedanken überkam ihn jedoch ganz von selbst das Interesse an seiner neuen Aufgabe, und sogleich sagte er sich, daß er jetzt am besten unter Deck ging, um die Angaben des Segelhandbuchs über Riga nachzulesen und die Karte des Rigaischen Meerbusens genau zu studieren.

17. Kapitel
    Der Festlandssommer war hier im Norden wie immer über Nacht gekommen. Während der vergangenen Woche vor Pillau war entschieden immer noch ein winterlich scharfer Hauch in der Luft zu spüren gewesen; heute, da Riga noch eben unter der Kimm lag, war voller, richtiger Sommer. Die brennende Hitze dieses Tages hätte den Doldrums Ehre gemacht, hätte die Luft nicht dennoch jene belebende Kraft besessen, die den Tropen fremd ist. Die Sonne stand wie eine Scheibe aus Messing am wolkenlosen Himmel, dabei war aber doch so viel Dunst in der Luft, daß die Kimm ihre Schärfe verlor. Es wehte eine leichte Zweimeilenbrise; da sie aus SW kam, reichte sie gerade aus, die Nonsuch unter allen Segeln - einschließlich der Leesegel zu beiden Seiten der Royals - im Steuer zu halten. Das Geschwader holte so viel Fahrt heraus, wie unter den gegebenen Umständen irgend möglich war; die Lotus stand Steuerbord vorn mit dem Rumpf unter der Kimm, die Raven folgte achtern ganz in der Nähe, und die

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