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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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unauffällig, als er, der große Mann, aus der Kajütsklappe auftauchte. Wo, in aller Welt, kam also dieses Pochen her? Hornblower begann nachgerade zu vermuten, daß ihn sein Gehör getäuscht hatte und daß das Geräusch in Wirklichkeit aus einem der unteren Decks stammte. Das hieß aber, daß er jetzt einen Vorwand brauchte, der sein Andeckkommen erklärte - bemerkenswert, schoß es ihm durch den Kopf, daß sich sogar ein Kommodore erster Klasse noch zu solchen faulen Ausflüchten hergeben mußte. Jedenfalls begann er zunächst einmal, die Hände auf dem Rücken und den Kopf vorgebeugt, also in der altgewohnten, bequemen Haltung, an der Luvseite des Achterdecks auf und ab zu wandern. Da schrieben und redeten die Leute unermüdlich über die verschiedensten Freuden des Daseins, schwärmten von Gärten, von Frauen, von Wein, vom Angeln, um so seltsamer, daß sich bis jetzt noch niemand gefunden hatte, der das Lob einer solchen Wanderung auf dem Achterdeck eines guten Schiffes sang.
    Woher kam aber dieses langsame Pochen? Das wollte er doch herausbringen. Beinahe hätte er vergessen, daß er vorhin deshalb an Deck gekommen war. Zwar hatte er das Geräusch jetzt nicht mehr gehört, aber dennoch quälte ihn die Neugier.
    Nun blieb er an der Heckreling stehen und blickte nach achtern auf seinen Verband. Die schmucken Korvetten mit ihrer Rahtakelage kamen bei der steifen Brise mühelos gegenan, aber den Kanonenbooten ging es nicht so gut. Mit dem riesigen, dreieckigen Vorsegel, das sie an Stelle des fehlenden Fockmastes führten, waren sie selbst bei stärkerem Wind nur schwer auf Kurs zu halten. Ab und zu steckten sie ihren kurzen Stummel von Bugspriet ganz weg und nahmen eine grüne See über.
    Die Kanonenboote interessierten ihn aber im Augenblick nicht. Er hätte viel lieber gewußt, was da vorhin so merkwürdig gepocht hatte, als er noch in seiner Kajüte war. Endlich half ihm sein gesunder Menschenverstand, mit den lächerlichen Hemmungen fertig zu werden, die ihn wieder einmal so tyrannisierten. Warum sollte es ihm als Kommodore eigentlich nicht gestattet sein, sich nach einem einfachen Sachverhalt zu erkundigen? Warum, in aller Welt, hatte er damit auch nur einen Augenblick gezögert? Entschlossen wandte er sich um.
    »Kapitän Bush!« rief er.
    »Sir!« antwortete dieser und eilte mit seinem Holzbein polternd achteraus. Das also war das Geheimnis! Bei jedem zweiten Schritt stauchte Bush seine lederbewehrte Prothese mit dumpfem Pochen auf die Decksplanken. Nun durfte Hornblower natürlich die Frage, die er sich eben zurechtgelegt hatte, nicht mehr stellen.
    Geistesgegenwärtig sagte er statt dessen: »Ich hoffe, daß Sie mir heute abend die Freude machen, zum Dinner mein Gast zu sein.«
    »Besten Dank, Sir. Jawohl, Sir, sehr gern«, sagte Bush. Er strahlte förmlich vor Freude über diese Einladung, so daß Hornblower sich recht häßlich und heuchlerisch vorkam, als er wieder die Kajüte aufsuchte, um beim Verstauen seiner Sachen noch einige Anweisungen zu geben. Es war nicht einmal so übel, daß nun als Auswirkung der eigentümlichen Schwächen seines Wesens diese Einladung zustande gekommen war.
    Andernfalls hätte er wohl den ganzen Abend mit Gedanken an Barbara verträumt und wäre im Geist noch einmal mit ihr durch die Pracht des englischen Frühlings von Smallbridge nach Deal gefahren. Was hätte er aber damit erreicht? Doch höchstens das eine, daß er hier auf See in die gleiche jämmerliche Stimmung geriet wie kurz zuvor an Land, und zwar auch diesmal wieder nur durch seine Unzulänglichkeit.
    Außerdem konnte ihm Bush bei dieser Gelegenheit über die Offiziere und Mannschaften der Nonsuch berichten, ihm sagen, wer zuverlässig war und wer der Aufsicht bedurfte, ihn über den Zustand des Schiffes, die Beschaffenheit der Vorräte und tausend andere Dinge ins Bild setzen, die er notwendig wissen mußte, und morgen, sobald das Wetter handiger wurde, wollte er das Signal: ›Alle Kommandanten an Bord des Flaggschiffes‹ setzen, um möglichst bald auch seine anderen Untergebenen kennenzulernen und sich ein Urteil über sie zu bilden. Vielleicht konnte er gleich bei dieser Gelegenheit beginnen, sie mit seinen eigenen Ansichten und Willensmeinungen so vertraut zu machen, daß es später im Fall eines Gefechtes nur noch weniger Signale bedurfte, um ein verständiges, zielbewußtes Zusammenwirken aller zu erreichen.
    Zuvor aber war noch etwas anderes zu erledigen, und zwar sofort. Seufzend sagte er sich, daß

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