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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Frankreich gekommen, und seither war dieser Menschenstrom aus Polen, aus Italien, aus Deutschland und weiß Gott aus welchen anderen Ländern immer mehr angeschwollen.
    Hornblower konnte also annehmen, daß er gegen Braun einfach deshalb ein Vorurteil empfand, weil er Emigrant war, und stellte mit seinem genauen und gewissenhaften Rechtsbewußtsein auch sofort fest, daß es sich tatsächlich so verhielt. Aber dann wurde er doch gleich inne, daß er damit den letzten Grund seiner Abneigung noch nicht entdeckt hatte. Dieser lag also nicht so klar auf der Hand, er mußte sich schließlich sogar gestehen, daß es einen erkennbaren Grund dafür überhaupt nicht gab.
    Jedenfalls war Hornblower von dem Gedanken, während der bevorstehenden Unternehmung aufs engste mit diesem Mann zusammenarbeiten zu müssen, alles andere als angenehm berührt. Aber die Befehle der Admiralität dort in seinem Schreibtisch schärften ihm ausdrücklich ein, dem Rat und den Informationen Mr. Brauns größte Aufmerksamkeit zu schenken.
    Er sei, hieß es, ›ein Gentleman mit den ausgedehntesten und gründlichsten Kenntnissen über die Verhältnisse im ganzen Ostseeraum‹ . Und doch atmete er schon heute erleichtert auf, als ihm ein Klopfen an der Tür seinen Dinnergast Bush ankündigte, der ihn endlich von der Gegenwart dieses Mannes erlösen kam.
    Mit einer Verbeugung vor Bush schlüpfte Braun bescheiden zur Tür hinaus. Jede Geste, jede Linie seines Körpers wirkte bei ihm - Hornblower konnte nicht entscheiden, ob absichtlich oder unbewußt -, als wollte er sagen: ›Ich habe einst bessere Tage gesehen, aber das Schicksal hat mich gestürzt, und nun spiele ich ergeben meine untergeordnete Rolle‹ . »Wie gefällt Ihnen Ihr schwedischer Sekretär, Sir?« fragte Bush. »Er ist gar kein Schwede, sondern ein Finne.«
    »Ein Finne? Um Gottes willen, Sir! Es ist bestimmt besser, wenn die Mannschaft nichts davon erfährt.«
    Bushs ehrliches Gesicht verriet eine Beunruhigung, die er vergebens niederzukämpfen suchte. »Natürlich«, sagte Hornblower.
    Er bemühte sich dabei, durch ein möglichst gleichmütiges Gesicht zu verheimlichen, daß er erst jetzt durch Bush an die abergläubischen Ansichten über die Finnen erinnert worden war.
    Der Seemann hielt jeden Finnen für einen Zauberer, der durch das bloße Heben eines Fingers einen Sturm heraufbeschwören konnte. Hornblower hatte bei dem schäbigeleganten Mr. Braun wirklich keine solchen gefährlichen Eigenschaften vermutet, selbst die unguten, blaßgrünen Augen des Mannes hatten ihn nicht auf diesen Einfall gebracht.

6. Kapitel
    »Acht Glasen, Sir!«
    Hornblower fiel es ausgesprochen schwer, sich zum wachen Bewußtsein des Tages zurückzufinden. Er hatte das Gefühl, daß man ihn aus einem köstlichen Traum herausriß, obwohl er sich hinterher nicht erinnern konnte, was sein Inhalt gewesen war.
    »Noch Nacht, Sir«, sprach die Stimme Browns ohne Erbarmen weiter, »aber klar und sichtig. Wind stetig und frisch aus West zu Nord. Die Korvetten und die übrigen Fahrzeuge des Verbandes sind zu luward in Sicht. Wir liegen beigedreht unter Kreuzmarssegel, Großstengestagsegel und Klüver. Hier ist Ihr Hemd, Sir.«
    Hornblower schlug seine Beine über den Rand der Koje und zog sich verschlafen das Nachthemd über den Kopf. Im ersten Augenblick hätte er sich am liebsten damit begnügt, in ein paar warme Sachen zu fahren, aber dann fiel ihm noch rechtzeitig ein, was er sich als Kommodore schuldig war. Außerdem legte er doch besonderen Wert darauf, den Ruf eines Mannes zu genießen, der auch in den kleinsten Dingen korrekt und genau war. Er hatte sich ja auch nur deshalb schon jetzt, eine Viertelstunde eher, als es nötig war, wecken lassen, weil er sich nicht so gehenlassen wollte. Also zog er Rock, Hose und Stiefel an und scheitelte bei dem flackernden Licht der Laterne, die Brown ihm dazu hielt, sorgfältig sein Haar. Den Gedanken, sich zu rasieren, ließ er wieder fallen. Morgens um vier Uhr frisch rasiert an Deck zu kommen, sah allzusehr nach übertriebener Eitelkeit aus. Zuletzt stülpte er sich den Dreimaster auf den Kopf und schlüpfte mit Hilfe Browns in sein warmes Peajackett.
    Draußen vor der Kajütentür fuhr der Posten zur Ehrenbezeigung zusammen, als der große Mann erschien. Auf dem Halbdeck versank eine Gruppe lustig lärmender Leute, die eben von Wache kamen, beim Anblick des Kommodore in ehrfurchtsvolles, verschüchtertes Schweigen. Das gehörte sich so und durfte nicht anders

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