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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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sein.
    Auf dem Achterdeck war es so rauh und unfreundlich, wie es an einem Frühlingsmorgen im Kattegat vor Anbruch der Dämmerung zu erwarten war. Der Lärm des Wachwechsels war eben verklungen, die Gestalten, die hier und dort wie Schatten auftauchten und eilig nach Backbord verschwanden, um die Steuerbordseite für ihn frei zu machen, waren im Dunkel nicht zu erkennen. Nur Bush war durch den stampfenden Takt seines Holzbeins leicht herauszuhören. »Kapitän Bush!«
    »Sir?«
    »Wann ist heute Sonnenaufgang?«
    »Sonnenaufgang? - Ungefähr um fünf Uhr dreißig, Sir.«
    »Ich will nicht wissen, Herr Kapitän, wann ›ungefähr‹die Sonne aufgehen wird. Wie Sie sich erinnern werden, lautete meine Frage:›Wann ist heute Sonnenaufgang?‹ «
    Eine Sekunde herrschte Schweigen, während der völlig entgeisterte Bush diesen Rüffel hinunterwürgte, dann ließ sich eine andere Stimme vernehmen: »Fünf Uhr vierunddreißig, Sir.«
    Das war doch dieser Carlin gewesen, der junge Mensch, mit dem frischen Gesicht, Artillerieoffizier des Schiffes.
    Hornblower hätte etwas dafür gegeben, zu erfahren, ob Carlin wirklich wußte, wann der Sonnenaufgang war, oder ob er bloß riet und sich darauf verließ, daß der Kommodore seine Angaben ja doch nicht nachprüfte. Für Bush war es natürlich Pech, daß er diesen Tadel vor aller Welt hatte einstecken müssen, er hätte aber die Zeit des Sonnenaufgangs auch wirklich wissen sollen, nachdem er am Abend zuvor mit ihm, Hornblower, zusammen die heutige Operation durchgesprochen hatte, die von diesem Zeitpunkt ihren Ausgang nahm. Im übrigen konnte es der Disziplin des Verbandes nicht schaden, wenn es sich herumsprach, daß der Kommodore jedem schonungslos seine Meinung sagte, auch wenn er Linienschiffskommandant und sein bester Freund war. Hornblower ging ein-, zweimal an Deck auf und ab. Vor sieben Tagen hatte er die Downs verlassen, und noch hatte er keinerlei neuere Nachrichten über die Lage. Bei dem stetigen Westwind kam kein Schiff aus der Ostsee, ja, nicht einmal aus Göteborg heraus, er konnte also noch gar nichts erfahren haben. Seit er gestern Skagen gerundet hatte und im Kattegat nach Süden gelaufen war, hatte er kein einziges Segel in Sicht gehabt. Seine letzte Information über Schweden war schon fünfzehn Tage alt, seither konnte natürlich eine Menge geschehen sein. Zum Beispiel konnte Schweden inzwischen leicht von unfreundlicher Neutralität zu offenen Feindseligkeiten übergegangen sein. Vor ihm lag der Sund, er war an der engsten Stelle nur drei Meilen breit. An Steuerbord lag das von Bonaparte beherrschte Dänemark, das freiwillig oder unfreiwillig Englands Gegner war, an Backbord lag Schweden, und das Hauptfahrwasser durch den Sund führte unter den Geschützen von Helsingborg vorüber. War auch Schweden mit England im Kriegszustand, dann konnten die dänischen und schwedischen Geschütze von Helsingör und Helsingborg aus vereint seinen Verband natürlich leichter niederkämpfen, wenn er die kritische Strecke durchlief. Ein Rückzug war dann immer schwierig und gefährlich, wenn er überhaupt noch in Frage kam. Vielleicht war es doch das beste, einen Verzug in Kauf zu nehmen, um sich zunächst durch ein ausgesandtes Boot von der augenblicklichen Haltung Schwedens zu überzeugen.
    Andererseits würde Schweden aber grade durch dieses Boot auf seine Anwesenheit aufmerksam gemacht. Brach er dagegen jetzt sofort mit höchster Fahrt durch, sobald es nur hell genug war, um die Fahrrinne auszumachen, so konnte es ihm gelingen, die Küstenwerke so zu überrumpeln, daß er selbst dann ungeschoren blieb, wenn Schweden sich feindlich verhielt.
    Schlimmstenfalls gab es bei seinem Verband etwas Kleinholz, aber bei der frischen Brise und der geradezu idealen Windrichtung West zu Nord konnte sich auch ein Havarist noch weiterhelfen, bis der Sund wieder breiter wurde und der Schußbereich der Küste hinter ihm lag. War die Neutralität Schwedens noch immer wacklig, dann konnte es bestimmt nicht schaden, wenn er den Leuten einmal den Anblick eines kühn und zielbewußt geführten englischen Kriegsschiffsverbandes gönnte, außerdem gab es ihnen Stoff zum Nachdenken, wenn sie wußten, daß es von nun an in der Ostsee englische Seestreitkräfte gab, die ihre Küsten bedrohen und ihre Schiffahrt verheeren konnten. Den Sommer über konnte er sich in der Ostsee auf jeden Fall halten, auch wenn die Schweden zum Gegner wurden - was konnte schließlich in einem ganzen langen Sommer nicht

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