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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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einzelner Mensch überhaupt soviel Lärm machen? Das klang viel eher wie ein ganzer Chor von Stimmen, gedämpft nur durch das trennende Hindernis des Decks.
    Hornblower fühlte, wie ihn, einer flutenden Woge gleich, plötzlich das Mißtrauen überkam. Diese weißbehoste Gestalt da drüben auf der Maggie Jones war ihm allzu glatt und gewandt, allzu sachlich in ihrer Redeweise. Wie kaltschnäuzig dieser Mann die Kriegsaussichten in der Ostsee erörtert hatte! So sprach höchstens ein Seeoffizier, ein richtiger Handelsschiffskapitän aber hätte bei einem solchen Thema bestimmt den Ton mehr auf seine persönlichen Gefühle gelegt, und der Krach in der Foksel da drüben stammte sicher nicht nur von einem einzigen Mann. Die Nachricht über die Zusammenkunft des Zaren mit Bernadotte war vielleicht nichts als ein Köder, der Hornblowers Aufmerksamkeit von dem Geschrei unter Deck ablenken sollte. Irgend etwas war da drüben faul.
    »Kapitän Bush«, sagte Hornblower, »schicken Sie ein Boot mit einem Prisenkommando hinüber.«
    »Sir!« fuhr Bush dagegen auf, »Sir - sie haben die Pocken an Bord - Sir!... aye, aye, Sir.«
    Hornblowers Gesichtsausdruck erstickte bei Bush jede weitere Auflehnung. Schließlich sagte er sich, daß Hornblower genauso gut wußte wie er selbst, welche fürchterlichen Folgen ein Übergreifen der Pocken auf die Nonsuch haben konnte.
    Hornblower wußte bestimmt genau, was er riskierte. Jeder Zug in seinem Gesicht verriet deutlich genug, daß ihm die Entscheidung bitter schwer gefallen war.
    Hornblower griff nun wieder nach seinem Megaphon.
    »Ich schicke ein Boot zu Ihnen hinüber«, rief er. Auf diese Entfernung von gut zwanzig Metern war es schwer, zu erkennen, welchen Eindruck diese Nachricht auf den Mann drüben machte, zumal er auch noch durch das Megaphon behindert war. Hornblower glaubte aber trotzdem zu erkennen, daß er etwas zusammenfuhr. Jedenfalls verging eine gewisse Zeit, ehe er seine Antwort fand.
    »Wie Sie wünschen, Sir. Ich habe Sie vor den Pocken gewarnt. Können Sie einen Arzt und Arzneimittel mitschicken?«
    Das war genau die Antwort, die man von ihm erwarten konnte. Aber die verdächtige Pause, ehe sie zustande kam, ließ doch vermuten, daß der Mann mächtig überrascht war und sich krampfhaft bemüht hatte, in aller Eile nach den passendsten Worten zu suchen. Und Bush stand mit unglücklichem Gesicht daneben, er hoffte wohl immer noch, Hornblower würde seinen Befehl schließlich doch widerrufen. Aber der machte keine Miene dazu. Unter dem Kommando des Bootsmanns wurde der Kutter an seinen Taljen aus den Klampen geheißt, ausgeschwungen und zu Wasser gefiert. Ein Fähnrich und seine Bootsbesatzung sprangen hinein, sie machten kein begeistertes Gesicht dabei. Wäre es gegen einen bewaffneten Gegner gegangen, ja, da wären sie mit Freuden dabei gewesen, aber der Gedanke an diese widerliche Krankheit nahm ihnen wahrhaftig allen Mut und Schwung.
    »Absetzen!« befahl der wachhabende Offizier nach einem letzten Blick auf Hornblower. Der Kutter tanzte über die Seen und näherte sich der Maggie Tones. Da sah Hornblower, wie der Kapitän plötzlich sein Megaphon an Deck schmetterte und dann in wilder Verzweiflung um sich blickte, als suchte er nach einer letzten Möglichkeit, seinem Schicksal zu entrinnen. »Bleiben Sie beigedreht, oder ich versenke Sie!« rief Hornblower nun hinüber. Da blieb der drüben mit einer Geste der Verzweiflung stehen und sank dann in sich zusammen wie ein geschlagener Mann.
    Der Kutter machte an den Großrüsten der Maggie Jenes fest, und der Fähnrich enterte mit seiner Besatzung an Deck. Von Widerstand war nichts zu bemerken, als das Prisenkommando jedoch nach achtem stürmte, hörte man plötzlich den trockenen Knall einer Pistole, und dann sah Hornblower, wie sich der Fähnrich über den Kapitän neigte. Der lag an Deck und wand sich anscheinend in großen Schmerzen, man erkannte ihn an seinen weißen Hosen. Da ertappte sich Hornblower bei einem richtigen Wutanfall. Wenn dieser Fähnrich den Kapitän da drüben mir nichts, dir nichts über den Haufen geschossen hatte, dann, schwor er sich, wollte er ihm das Genick brechen. Vor ein Kriegsgericht wollte er ihn stellen, ruinieren wollte er ihn, im Rinnstein sollte er um sein Brot betteln. Sein Hunger, seine Gier nach Nachrichten, Fakten, Informationen war so groß, daß der bloße Gedanke, jener Kapitän möchte ihm im letzten Augenblick durch den Tod entwischen, ein Gefühl maßloser Erbitterung in ihm

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