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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Unterkiefer zerschmettert. Sein blauer Rock und seine weiße Hose waren mit Blut beschmiert, sein Kopf stak in einem dicken Verband. Er litt wohl heftige Schmerzen, denn er warf sich unausgesetzt auf der Persenning herum, in der man ihn an Deck geheißt hatte. Hornblower sah auf ihn hinunter. Soweit der Verband etwas von seinem Gesicht freiließ, konnte man sehen, daß es kreidebleich war, so daß seine Bräune wie eine Schmutzschicht wirkte. Er hatte auffallend feine und ausgesprochen weiche Züge, eine schmale Nase und hohle Wangen. Der Blick seiner braunen, von dünnen rötlichen Brauen überwölbten Augen war der einer Frau. Das bißchen Haar, das Hornblower sehen konnte, war schütter und von der gleichen rötlichen Farbe wie die Brauen. Hornblower fragte sich, welche Fügung des Schicksals diesen Mann verleitet haben mochte, sein Vaterland zu verraten und unter Bonaparte zu dienen. Vielleicht hatte er es nicht ausgehalten, ein Gefangener zu sein - er, Hornblower, wußte ja, was das hieß, er hatte es in Ferrol, in Rosas und in Frankreich zu Genüge kennengelernt.
    Andererseits sahen diese überfeinerten Züge doch wieder nicht nach einem Mann aus, der sich hinter Gefängnismauern innerlich zerrieb. Ob etwa eine Frau dahinterstak, die ihn in dieses Abenteuer hineingetrieben oder hineingelockt hatte? Oder war er nur ein Deserteur der Navy, der geflohen war, um seiner Strafe zu entgehen - man mußte sehen, ob sein Rücken noch die unverkennbaren Narben zeigte, die die neunschwänzige Katze hinterließ. Er mochte endlich ein Ire sein, einer jener wilden Fanatiker, die nichts anderes im Sinn hatten, als England zu schädigen, und dabei ganz übersahen, daß das Schlimmste, das die Iren jemals von England erfahren hatten, ein Nichts war, verglichen mit dem, was Bonaparte ihnen zufügen würde, wenn er sie eines Tages in seine Gewalt bekäme.
    Wie immer es um ihn stand, auf jeden Fall war er ein geschickter Mensch, der sich blitzschnell in jeder Lage zurechtfand. Kaum hatte er erkannt, daß ein Entkommen nach dem Festland nicht mehr in Frage kam, weil die Lotus ihm den Weg verlegte, da hatte er rasch entschlossen den zweiten Weg gewählt, der ihm noch einige Aussicht bot, zu entkommen. Er hatte die Maggie Tones mit dem unschuldigsten Gebaren von der Welt geradewegs auf die Nonsuch zugesteuert, die Geschichte mit den Pocken war geradezu genial gewesen, und seine Erklärungen durch das Megaphon hatten fast völlig echt geklungen.
    »Wird er am Leben bleiben?« fragte Bush den Arzt.
    »Nein, Sir. Die Mandibula ist beiderseits weitgehend zerstört - ich meine, sein Unterkiefer ist zerschmettert, Sir. Außerdem ist die Maxilla gesplittert und seine Zunge - oder vielmehr die ganze Glossopharyngeal-Region zerrissen. Die Haemorrhagie kann sich als tödlich erweisen, mit anderen Worten, der Mann kann verbluten, obwohl ich das jetzt nicht mehr glaube. Aber es wird kaum ein Mittel geben, ein Gangrän - mit anderen Worten - den Brand aufzuhalten, der an dieser Stelle sofort den Tod verursacht. Der Exitus wird aber sicher schon vorher durch Inanition herbeigeführt, das heißt, der Patient wird verhungern und verdursten, und zwar auch dann, wenn wir ihn noch kurze Zeit durch Injektiones per Rectum am Leben erhalten können.«
    War es nicht infernalisch, daß man über diese feierliche Rede des Arztes lächeln mußte, daß man es nicht vermeiden konnte, in leichtem Tonfall weiterzusprechen?
    »Danach scheint es also, daß er nicht mehr zu retten ist.« Sie sprachen immerhin über ein Menschenleben.
    »Wir müssen ihn hängen, Sir, ehe er stirbt«, sagte Bush, zu Hornblower gewandt. »Wir könnten gleich ein Kriegsgericht einberufen -.«
    »Er kann sich doch nicht verteidigen«, antwortete Hornblower. Bush spreizte mit beredter Geste seine Hände:
    »Wie sollte er sich denn verteidigen, Sir? Wir haben doch alle Beweise, die wir brauchen. Und die Gefangenen haben uns den Augenschein obendrein noch bestätigt.«
    »Könnte er sprechen, dann wäre er vielleicht doch imstande, unsere Beweise zu widerlegen«, sagte Hornblower. Das war natürlich eine ganz ungereimte Behauptung. Ein Zweifel an Clarkes Schuld war ausgeschlossen - wenn nichts anderes den Beweis dafür lieferte, dann war es sein Selbstmordversuch. Aber Hornblower war sich ganz einfach darüber im klaren, daß er einen Mann nicht hängen konnte, der körperlich außerstande war, sich zu verteidigen. »Wenn wir lange warten, geht er uns durch die Lappen, Sir.«
    »So lassen

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