Hornblower 08 - Der Kommodore
vier Uhr dort sein. Wie lange dauert die Fahrt?« Diese Frage war an den Husaren gerichtet, der sie aber nicht verstand.
Hornblower sah sich also wieder nach Braun um, aber der war offenbar unter Deck gegangen. Unerhört von dem Mann! Als sich Hornblower vorhin gegen die herumstehenden Gaffer wandte, hatte er natürlich nicht Braun gemeint, aber ausgerechnet der mußte ihn beim Wort nehmen! Das sah diesem Kerl mit seiner gespielten Unterwürfigkeit ähnlich. Wütend schickte er nach ihm und rauchte förmlich vor Zorn, bis er endlich erschien. Dabei hatte sein Eingreifen obendrein wenig Wert. Als er nämlich Hornblowers Frage übersetzt hatte, hob der Husar nur den Blick zum Himmel und zuckte die Achseln, dann meinte er - und Braun übersetzte wieder - es könne vielleicht zwei, vielleicht aber auch vier Stunden dauern. Als Landsoldat könne er nicht schätzen, wie lange man zu einer solchen Bootsfahrt brauche. »Verdammt noch mal!« rief Hornblower.
»Wir dürfen auf keinen Fall zu spät kommen, Wenn wir vom Zaren zu Tisch befohlen sind. In einer halben Stunde wird abgelegt!«
Er erschien pünktlich auf die Minute am Fallreep, wo ihn die anderen schon erwarteten. Die dicken Backen des jungen Somers waren purpurn angelaufen, weil ihn sein enger Kragen halb erdrosselte, Hurst und Mound fühlten sich in ihrer Gala alles andere als wohl, und Braun trug ebenfalls eine steife Uniform.
»Also los!« sagte Hornblower.
Es ist ein uralter Brauch, daß der Jüngste zuerst ins Boot steigt, also machte der junge Somers den Anfang, ihm folgte Braun. Als dieser beim Hinuntersteigen den Arm hob, zog sich für einen Augenblick sein enger Rock samt der Weste in die Höhe. Da sah man für den Bruchteil einer Sekunde an seinem Hosengurt etwas blitzen, etwas Schwarzes war es - da Hornblower gerade hinsah, fiel es ihm auf. Das war doch der Griff einer Pistole! Der Lauf steckte im Hosengurt, gerade in der Hüfte, an der Stelle, wo die Waffe am wenigsten auftrug.
Außerdem trug der Kerl natürlich seinen Säbel. Hornblower fragte sich erstaunt, was ihn wohl dazu veranlaßt haben mochte, eine Pistole zu sich zu stecken.
Aber inzwischen waren ihm schon Mound und Hurst über das Fallreep gefolgt, und eben traf Lord Wychwood in seinem roten Waffenrock und mit der Bärenmütze auf dem Kopf Anstalten, gleichfalls über die Seite zu steigen. Als nächster war der Husar an der Reihe, so daß der Kommodore den Schluß bilden konnte.
Aber er hielt sich unangebrachterweise immer noch höflich zurück und wollte dem Kommodore unter ständigen Verbeugungen hartnäckig den Vortritt einräumen.
»Nach Ihnen, Sir«, sagte Hornblower, aber er predigte tauben Ohren. Erst als er ungeduldig mit dem Fuß stampfte, begriff der unwissende Landsoldat, daß er vorausgehen sollte, und dann bildete Hornblower endlich, begleitet von dem Trillern der Bootsmannsmaatenpfeifen und den steifen Ehrenbezeigungen der zurückbleibenden Offiziere, den Schluß. Da ihn der lange Bootsmantel behinderte, landete er mit einem schwerfälligen Sprung in der Achterplicht des Bootes. Vorn gab es eine winzige Kabine, wo er sich mit Wychwood und Hurst in den Platz teilte.
Mound, die beiden Deckoffiziere und der Husar blieben bescheiden draußen und hielten sich achtern auf. Der Bootssteuerer gab ein paar unverständliche Befehle, das Luggersegel wurde gesetzt, und dann nahmen sie Kurs nach der Küste von Oranienbaum.
Von seinem Platz aus konnte Hornblower Braun sehen, der achtern steif auf seiner Ducht saß. Seltsame Geschichte das, mit dieser Pistole! Wahrscheinlich dachte er daran, daß er Rußland noch vor kurzem aufrührerischen Widerstand geleistet hatte, und fürchtete nun, an Land angegriffen oder verhaftet zu werden.
Vielleicht hatte er deshalb Bedürfnis nach einer Verteidigungswaffe. Aber es konnte doch nicht einmal einem Russen einfallen, Hand an einen englischen Offizier zu legen, der britische Uniform trug. Der Pistolengriff war ziemlich dick gewesen - und schwarz, das hatte er genau gesehen. Von plötzlicher Unruhe gepackt, rutschte er auf der Backskiste hin und her, auf der er saß. Er nahm sein übergeschlagenes Bein herab, schlug es jedoch im nächsten Augenblick wieder über das Knie. Das war doch... nein, es gab keinen Irrtum. Die Pistole, die er vorhin in Brauns Gürtel stecken sah, gehörte ihm, es war die eine der beiden Waffen, die ihm Barbara geschenkt hatte. Er kannte diese Ebenholzgriffe viel zu genau, als daß er sich hätte täuschen können.
Einen
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