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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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als in jedem anderen zu gewinnen«, sagte Hornblower und sprach damit die volle Wahrheit.
    Der Graf lächelte erfreut.
    »Das ist ein unverdientes Kompliment«, sagte er. »Ich kann Ihnen darauf nur zur Antwort geben, daß es mir wenig ausmacht, ob ich gewinne oder verliere, solange ich Sie in meinem Hause weiß. Ich hoffe, daß ich das Glück haben werde, Ihre Gesellschaft recht lange zu genießen.«
    »Das hängt ganz vom Verlauf des Wiener Kongresses ab«, sagte Hornblower, »nicht anders als die Zukunft Europas.«
    »Sie wissen doch, daß dieses Haus das Ihrige ist«, sagte der Graf, nun wieder ganz ernst. »Marie und ich haben den herzlichen Wunsch, daß Sie es ganz als Ihr Eigentum betrachten.«
    »Ihre Güte ist ohne Grenzen, Sir«, sagte Hornblower.
    »Gestatten Sie mir, daß ich jetzt nach meinem Leuchter klingle?«
    »Erlauben Sie mir, es für Sie zu tun«, sagte der Graf und eilte auch schon nach dem Klingelzug. »Hoffentlich hat Sie Ihre Reise nicht zu sehr angestrengt. Felix, Mylord möchte sich zurückziehen.« Felix humpelte ihm auf seinen gichtigen Beinen voran, als er an der geschnitzten Vertäfelung entlang die breite Eichentreppe emporstieg. Im Wohnzimmer seines kleinen Appartements trat ihm der schlaftrunkene Brown entgegen, den er sofort entließ. Er wolle, sagte er zu ihm, allein zu Bett gehen.
    Die unauffällige Tür dort in der Ecke führte in die Halle vor Maries Gemächern, die im Turm lagen - wie gut Hornblower das noch wußte! So manche Generation der Ladons, Grafen von Gracay, hatte in diesem Schloß ihre Intrigen gesponnen, vielleicht hatten einstens Könige und Prinzen diesen Durchgang benutzt, um zu der Angebeteten ihres Herzens zu gelangen.
    Marie erwartete ihn, sie war ganz schwer von liebevoller Sehnsucht, sie war bis zum Rand voll Zärtlichkeit und Süße. Er sank in ihre Arme, sank in das Glück, sank in den Frieden selbst, den unermesslichen Frieden, wie ihn das Meer verkündet, wenn es im Schein des Sonnenuntergangs leuchtend ruht. Ihr köstlicher Busen, auf dem seine Wange wieder ruhen durfte, bot ihm das herrlichste Willkommen, sein Duft beruhigte und berauschte ihn zugleich. Sie hielt ihn, sie liebte ihn, sie brach, überwältigt von ihrem Glück, in Tränen aus. Dabei wußte sie, daß sie sein Herz nur zur Hälfte besaß. Er war grausam, er war gedankenlos, er war selbstsüchtig, und doch war dieser sein schlanker, knochiger Leib, der jetzt in ihren Armen lag, ihr, ihr ein und alles auf der ganzen Welt. Es war toll von ihm, daß er noch einmal hierher gekommen war und sie selbstverständlich forderte. Hatte er ihr nicht schon genug Schmerz bereitet? Und sie wußte schon heute genau, daß dieser vergangene Schmerz ein Nichts war gegen das Leid, das ihr die Zukunft bringen mußte. Aber was galten jetzt noch Bedenken, es gab für ihn keinen anderen Weg. Sie liebte ihn so heiß, und die Zeit lief so schnell. Für sie gab es nur diesen einzigen, kurzen, hellen Augenblick, ehe sie das Dunkel der Sehnsucht und des Unglücks auf immer einhüllte. Wie galt es da, die Zeit zu nützen! Sie riß ihn wild an sich, sie schrie vor Leidenschaft, sie flehte die Zeit an, still zu stehen. Und die Zeit schien ihr Flehen zu erhören. Die Zeit stand wirklich still, während die ganze Welt in tollen Wirbeln um sie kreiste.

18. Kapitel
    »Darf ich Sie einen Augenblick sprechen, Mylord?« fragte Brown. Er hatte eben das Tablett mit dem Frühstück an Hornblowers Bett gestellt und die Vorhänge aufgezogen.
    Draußen glitzerte die Loire im Frühlingssonnenschein. Brown aber hatte achtungsvoll gewartet, bis Hornblower seine erste Tasse Kaffee geleert hatte und allmählich in das wache Leben zurückfand.
    »Was ist denn los?« fragte Hornblower, während er Brown ins Auge faßte, der drüben an der Wand stehengeblieben war. In Browns Auftreten hatte sich etwas geändert. Etwas von der unterwürfigen Haltung des perfekten Herrschaftsdieners hatte sich verflüchtigt, und dahinter kam wieder das beherrschte Selbstbewußtsein des echten Seemannes zum Vorschein, der seinem Vorgesetzten aufrecht und erhobenen Hauptes entgegentrat, ganz gleich, ob er zur neunschwänzigen Katze verdonnert wurde oder ein Lob für tapferes Verhalten entgegennehmen durfte.
    »Also, was ist los?« wiederholte Hornblower, der immer neugieriger wurde.
    Für eine Sekunde tauchte die Befürchtung bei ihm auf, Brown könnte sich zu der wahnsinnigen Dummheit hinreißen lassen, ihn wegen seiner Beziehungen zu Marie zur Rede zu stellen,

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