Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
vaterländischer Begeisterung ergriffen, sein Geist ließ sich von der Flut dieses Gefühls emportragen, begann aber doch alsbald kritisch zu prüfen, was es mit diesem ganzen Überschwang auf sich hatte, und stellte sich die Frage, wie viel davon er der romantischen Schönheit des Bildes verdanken mochte, das ihm seine Umgebung bot.
    Ein Marineleutnant in Uniform war in die Kirche eingetreten, stand einen Augenblick zögernd, bis er Lord St. Vincent entdeckt hatte, und eilte dann auf ihn zu. Er überreichte ihm das umfangreiche Schreiben, das er in der Hand hielt und dessen Siegel bereits erbrochen war. Jetzt achtete niemand mehr auf die Predigt - alle anwesenden Seeoffiziere, die Blüte der Royal Navy, renkten sich die Hälse aus und schauten auf Lord St. Vincent, während dieser die Depesche las, die offenbar soeben von der Admiralität am anderen Ende von Whitehall herüberkam. Die Stimme des Dekans wurde ein bißchen unsicher, aber er nahm sich tapfer zusammen und ließ seine Rede vor tauben Ohren weiterplätschern. Diese Taubheit dauerte recht lange, denn St. Vincent las das Schreiben nicht nur einmal durch, sondern kehrte, als er fertig war, wieder zum Beginn zurück, ohne daß sich in seinem zerklüfteten Gesicht auch nur eine Miene verzog. St. Vincent hatte zwar in der Schlacht, deren Namen er jetzt als Titel führte, mit einer einzigen, raschen Entscheidung das Schicksal ganz Englands aufs Spiel gesetzt, aber er war dennoch nicht der Mann übereilter Entschlüsse, wenn er genügend Zeit zum Überlegen hatte.
    Er kam zum zweitenmal ans Ende, faltete den Brief zusammen und ließ dann seinen Blick langsam durch die Kirche schweifen. Und ein paar Dutzend Ritter des Bath-Ordens hofften in erregter Spannung, diesem Blick zu begegnen. St. Vincent aber erhob sich, hüllte sich in den roten Rittermantel, ergriff den Federhut und humpelte nach einem kurzen Wort an den wartenden Leutnant mit steifen Schritten hinaus. Sofort übertrug sich die Aufmerksamkeit auf diesen Leutnant, und aller Augen folgten ihm, während er das Kirchenschiff durchquerte.
    Hornblower fuhr unwillkürlich zusammen und fühlte sein Herz laut klopfen, als er merkte, daß jener geradewegs auf ihn zukam.
    »Eine Empfehlung von Seiner Lordschaft, Sir«, sagte der Leutnant, »und er läßt Sie sofort zu einer kurzen Besprechung bitten.« Jetzt war Hornblower an der Reihe, seinen Umhang zu schließen und an seinen Federhut zu denken. Er mußte sich unter allen Umstanden gleichmütig geben, es durfte nicht sein, daß die versammelten Bathritter etwa über ihn lächelten, wenn sie ihm seine Erregung über diese Aufforderung des Ersten Lords anmerkten. Er mußte sich also den Anschein geben, als wären derlei Dinge für ihn etwas ganz Alltägliches. Unachtsam trat er aus seinem Kirchenstuhl, da kam ihm gleich der Säbel zwischen die Beine, und er hatte es nur einer gütigen Vorsehung zu verdanken, daß er nicht der Länge nach hinfiel. Mit klirrenden Sporen und klappernder Scheide rettete er sein Gleichgewicht und stelzte dann langsam und würdevoll durch das Kirchenschiff. Dabei folgten ihm alle mit den Blicken, bei den anwesenden Armeeoffizieren handelte es sich gewiß um bloße Neugier, aber die Navy - Lydiard und die anderen - war natürlich aufs höchste gespannt, welche überraschende Wendung der Seekrieg neuerdings genommen hatte, und beneideten ihn um die neuen Abenteuer und Auszeichnungen, die ihn erwarteten. Weiter hinten, in einer der für bevorzugte Gäste bestimmten Bänke, entdeckte Hornblower Barbara, die gleichfalls aufgestanden war und ihren Stuhl verließ, um sich ihm anzuschließen. Er begrüßte sie mit einem gezwungenen Lächeln - solange er alle diese Blicke auf sich ruhen fühlte, mochte er nicht sprechen - und reichte ihr seinen Arm. Sogleich fühlte er den festen Druck ihrer Hand, hörte er ihre klare, sichere Stimme. Barbara ließ sich natürlich nicht dadurch einschüchtern, daß sie von allen angestarrt wurden.
    »Ist wieder etwas los, mein Lieber?« fragte sie. »Ich nehme es an«, flüsterte Hornblower.
    Draußen vor dem Tor erwartete sie St. Vincent. Die leichte Brise spielte in den Straußenfedern seines Hutes und in den Falten seines rotseidenen Mantels. Die weißen seidenen Kniehosen schienen für seine wuchtigen Beine fast zu eng zu sein. Er schritt langsam auf und ab, seine riesigen Füße waren von Gicht entstellt und hatten die weißen Seidenschuhe, die er trug, ganz aus der Form gebracht. Aber auch der seltsamste

Weitere Kostenlose Bücher