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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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besten verfuhr, wenn er auf die Flame traf.
    Einstweilen fand er vor allem noch keinen Ausweg aus der rein geographischen Schwierigkeit, die darin bestand, daß es einfach nicht möglich war, den Meuterern den Fluchtweg zu den Franzosen abzuschneiden, weil ihnen Le Havre auf der einen und Caen auf der anderen Seite offenstanden und weil es an dieser Küste außerdem noch ein Dutzend anderer schwerbestückter Hafeneinfahrten gab, in denen die Flame leicht Unterschlupf finden konnte. Jeder übereilte Druck von seiner Seite konnte also zu dem Ergebnis führen, daß Chadwick mit einer Schlinge um den Hals als toter Mann an seiner eigenen Rahnock baumelte - seit der Ermordung Pigotts ein unerhörtes Ereignis, das schauerlichste und gefährlichste, was der Navy überhaupt zustoßen konnte. Dennoch mußte er mit den Meuterern irgendwie Verbindung suchen - das war offenbar seine erste Aufgabe - , und es konnte zum mindesten nicht schaden, wenn er diese Verbindung an dem Punkt aufnahm, der ihm noch die meisten Vorteile versprach. Konnte denn nicht auch einmal ein Wunder geschehen? Vielleicht war dieses Wunder schon unterwegs, dann brauchte er nur zuzusehen, daß er ihm richtig vor den Bug lief. Wie hatte doch Barbara einmal zu ihm gesagt? »Glück haben immer nur diejenigen, die wissen, wie viel sie dem Zufall überlassen dürfen.« Barbara überschätzte ihn allerdings immer noch, obwohl sie eigentlich Zeit genug gehabt hätte, ihn kennenzulernen, aber was sie da sagte, war deshalb doch wahr. Die Porta Coeli ging glatt über Stag und lief nun bei Südwestwind mit dichtgeholten Schoten etwa nordwestlichen Kurs. »Um diese Zeit setzt ungefähr die Flut ein, Sir Horatio«, sagte Freeman, der neben ihm stand.
    Richtig, auch diese Größe spielte morgen bei der Lösung der Gleichung eine Rolle, die immer noch so viele Unbekannte enthielt. Hornblower fragte sich, wie er dazu kam, den Krieg überhaupt mit sphärischer Trigonometrie vergleichen zu wollen, und belustigte sich im stillen über die Ungereimtheit seiner Gedankengänge. Wie oft mußte man im Krieg eine Aufgabe angehen, ohne richtig zu wissen, was man eigentlich erreichen, beweisen, konstruieren wollte, ohne sogar über die Hilfsmittel Klarheit zu besitzen, die einem zu Gebote standen. Krieg führen hieß doch in der Regel nicht viel anderes, als sich immerzu höchst unvollkommener, auf gut Glück gewählter Notbehelfe zu bedienen. Einem wahren Freund der Logik konnte dieses Gewerbe nicht gefallen, auch wenn es dabei nicht so blutig und verschwenderisch zu ging. Aber vielleicht dachte er dabei doch allzu schmeichelhaft über sich selbst. Irgendein anderer Offizier - sagen wir Cochrane oder Lidyard - hätte in seiner Lage wahrscheinlich schon längst einen Plan für die Abrechnung mit den Meuterern bereit, und zwar einen, der ihnen jedenfalls den Erfolg verbürgte.
    Scharf ertönten die vier Glasen der Schiffsglocke, das Schiff lag also schon über eine halbe Stunde auf diesem Bug.
    »Bitte, gehen Sie wieder über Stag, Mr. Freeman. Ich möchte nicht zu weit von Land abkommen.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Wenn es nicht die Kriegsführung verlangte, wäre es keinem Kommandanten, der bei normalem Verstand war, auch nur im Traum eingefallen, sich des Nachts so dicht vor dieser flachen Küste herumzutreiben, am wenigsten dann, wenn er sich über seinen wirklichen Schiffsort ganz im unklaren sein mußte. Das gegißte Besteck der Porta Coeli war ja nicht mehr als eine Summe geschätzter Größen: des ungefähren Leewegs, den das Schiff zurückgelegt hatte, während es beilag, der angenommenen Stromversetzung durch die Gezeitenströme und der Schlußfolgerungen aus dem Vergleich der eigenen Lotwürfe mit den Tiefenangaben der Seekarte.
    »Was glauben Sie, Sir, werden die Meuterer tun, wenn sie uns in Sicht bekommen?« fragte Freeman.
    Hornblower hatte sich zu einer Erklärung herbeigelassen, warum er wieder über Stag gehen wollte. Das hatte Freeman wohl den Mut zu dieser vertraulichen Frage gegeben.
    Hornblower nahm sie ungnädig auf, vor allem deshalb, weil er sich selbst noch keine Gedanken darüber gemacht hatte.
    »Es hat keinen Zweck, Fragen zu stellen, die die Zeit auf jeden Fall beantworten wird, Mr. Freeman«, erwiderte er brummig. »Und doch hat es einen großen Reiz, sich zukünftiges Geschehen auszumalen, Sir Horatio«, antwortete Freeman und machte dabei einen so unbefangenen Eindruck, daß ihn Hornblower trotz der Dunkelheit überrascht anstarrte. Bush hätte sich nach

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