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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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fluchte innerlich darüber, daß er unter den gegebenen Verhältnissen genötigt war, von solchen rednerischen Kunstgriffen Gebrauch zu machen, und noch mehr, daß er sogar seinen persönlichen Ruf in die Waagschale werfen mußte. Aber dabei fühlte er sich doch etwas geschmeichelt, als er sah, wie jetzt in den Gliedern vor ihm die Aufmerksamkeit rege wurde und die Köpfe sich zu heben begannen. »An Bord eines unserer Schiffe hat man einen Schurkenstreich verübt«, fuhr Hornblower fort. »Britische Seeleute haben sich mit Schmach und Schande bedeckt. Sie haben angesichts des Feindes gemeutert.« Nun horchten die Leute auf. Er hatte vor diesen Sklaven der Peitsche und der Bootsmannspfeife das Wort Meuterei gebraucht. Meuterei, das war ja das Allheilmittel gegen die Übel, unter denen sie litten. Meuterei brachte ihnen Erlösung von der Härte ihres Daseins, von Grausamkeit und Gefahr, von schlechtem Essen und von dem ewigen Abgeschnittensein, das ihnen alle Annehmlichkeiten des Lebens unerreichbar machte. Da hatte nun eine Besatzung gemeutert.
    Was hindert sie, ihrem Beispiel zu folgen? Mußte er ihnen nicht von der Flame erzählen, ihnen sagen, daß sie dicht unter der französischen Küste lag, daß Bonaparte mit Freuden jeden britischen Seemann mit Geld und Gut überhäufen würde, der ihm ein britisches Kriegsschiff auslieferte? Hornblower gab seiner Stimme einen verächtlichen Klang, als er nun fortfuhr:
    »Es handelt sich um die Besatzung unseres Schwesterschiffes, der Flame. Nun hat die Bande hier in der Seinebucht Zuflucht gesucht. Aber sie finden keinen Schutz, sie finden überall nur Gegner. Die Franzosen?
    Die können Meuterer nicht brauchen, und wir, wir haben die Aufgabe, die Ratten aus ihren Löchern herauszuholen. Sie haben England verraten, sie haben ihre heilige Pflicht gegen König und Vaterland vergessen. Ich nehme an, daß die meisten unter ihnen anständige Kerle sind und nur so töricht waren, sich von einigen wenigen berechnenden Schuften verführen zu lassen. Diese Schufte aber müssen für ihre Schurkerei bezahlen, und wir müssen dafür sorgen, daß sie ihrem Schicksal nicht entgehen.
    Wenn sie wirklich so wahnsinnig sind, sich zum Kampf zu stellen, gut, dann wird gekämpft. Wenn sie sich ohne Blutvergießen ergeben, dann wird das vor Gericht zu ihren Gunsten sprechen. Ich will kein Blutvergießen und werde es zu vermeiden suchen, wenn das irgend möglich ist - ihr wißt ja so gut wie ich, daß jeder Kanonenschuß wahllos trifft und den einfältigen Toren genauso tötet wie den abgefeimten Verbrecher. Aber wenn sie Blutvergießen wollen, dann sollen sie es haben.«
    Hornblower beendete seine Rede und forderte dann Freeman durch einen Blick auf, die Leute zu entlassen. Es war eine unerfreuliche Aufgabe gewesen, hungrigen Männern im kalten Morgengrauen eine solche Rede zu halten, aber immerhin, als sie nun wieder ihren verschiedenen Dienstverrichtungen nachgingen, konnte Hornblower mit kurzen beobachtenden Blicken feststellen, daß er von dieser Besatzung bestimmt nichts zu befürchten hatte. Natürlich summte jetzt das ganze Schiff von erregten Gesprächen, die Nachricht von einer Meuterei war ja für eine Schiffsbesatzung nicht minder aufregend als eine am Ort selbst begangene Mordtat für die Einwohnerschaft eines Dorfes. Aber es war doch deutlich zu erkennen, daß sich die Leute nur harmlos über die unerhörte Neuigkeit unterhielten, ohne irgendwelche Folgerungen für das eigene Verhalten daraus abzuleiten. So wie er ihnen den ganzen Fall geschildert hatte, mußte sie sich klar darüber sein, daß er unbedingten Gehorsam von ihnen verlangte, wenn es an die Abrechnung mit den Meuterern ging. Er hatte sich ängstlich davor in acht genommen, in seiner Rede auch nur die leiseste Spur von Sorge zu verraten, daß sie sich versucht fühlen könnten, dem Beispiel der anderen zu folgen. Offenbar lag ihnen dieser Gedanke noch fern, das konnte sich aber jeden Augenblick ändern, wenn man ihnen Zeit ließ, über solche Dinge nachzugrübeln. Er mußte also unbedingt dafür sorgen, daß sie immer beschäftigt blieben. Für den Augenblick hielt sie glücklicherweise schon die gewöhnliche Schiffsroutine genügend in Gang. Die ganze Besatzung wusch die Decks, das war die Arbeit, mit der jeder Tag an Bord begann und die getan werden mußte, ehe die Pfeifen der Bootsmannsmaate zum Frühstück riefen.
    »Land!« ertönte eine Stimme aus dem Topp. »Land, Backbord voraus!« Das Wetter war ziemlich

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