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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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mit Geschmack und Takt, eine Frau, auf die man stolz sein konnte, für die man nicht zu zittern brauchte, wenn sie einmal vor den bösen Zungen der Welt bestehen mußte? Arme Maria in ihrem vergessenen Grabe in Southsea!
    Freeman tauchte aus dem Niedergang auf, während er noch sein Ölzeug zuknöpfte. Beide Männer legten zum Gruß die Hand an den Hut. »Das Glas beginnt zu steigen«, schrie Freeman und formte dazu mit den Händen einen Schalltrichter um seinen Mund. »Nun wird es sich bald ausgeweht haben.«
    Hornblower nickte, obwohl ihm gerade eine besonders heftige Bö seinen Ölmantel um die Beine klatschte - diese Böigkeit selbst war ja ein Zeichen dafür, daß der Sturm sich seinem Ende näherte. Der graue Himmel begann nun rasch zu dunkeln, vielleicht würde der Wind bei Sonnenuntergang flauer.
    »Wollen Sie mit mir einen Rundgang durch das Schiff machen?« schrie Hornblower, und diesmal war es an Freeman, mit dem Kopf zu nicken. Sie gingen also nach vorn, es war nicht ganz einfach, sich den Weg über das auf und nieder tanzende, klatschnasse Deck zu bahnen, aber Hornblower nahm dennoch alles genau in Augenschein. Vorn standen zwei lange Geschütze - Sechspfünder, den Rest der Bewaffnung bildeten Zwölfpfünder-Karronaden. Die Zurrbrooken an den Lafetten waren alle in bester Ordnung. Das stehende und laufende Gut der Takelage machte gleichfalls einen ausgezeichneten, gepflegten Eindruck. Freeman war ein guter Kommandant, das wußte Hornblower schon, aber diesmal kam es noch auf etwas ganz anderes an als auf die Geschütze oder die See-Eigenschaften des Schiffes. Diesmal zählte vor allem die menschliche Kampfkraft. Hornblower warf also während der Besichtigung der Waffen und des Geräts der Brigg heimlich rasche Blicke nach den Männern, um sich ein Bild von ihrem Äußeren und ihrer Haltung zu machen. Sie sahen willig und Gott sei Dank keineswegs verdrossen oder mürrisch aus, sie machten im Gegenteil einen flinken, diensteifrigen Eindruck.
    Dann ging es durch den vorderen Niedergang hinunter in den unbeschreiblichen Lärm und Gestank des Zwischendecks, dessen sämtliche Luken und Öffnungen wegen des schlechten Wetters verschalkt waren. Da schliefen die Seeleute in den unglaublichsten Stellungen, eine Kunst, in der der britische Janmaat Erstaunliches leistet. Mitten in dem Lärm, der rings um sie herrschte, lagen sie auf dem bloßen, harten Deck und schnarchten mit Hingabe. Andere wieder steckten die Köpfe zu einem Kartenspiel zusammen. Hornblower merkte, wie sie einander am Ärmel zupften, wie sie mit dem Daumen nach ihm deuteten, sobald sie ihn erkannten, sobald sie den Mann zum ersten Male sahen, der ihnen schon fast zur Sagengestalt geworden war. Eine Kopfbewegung, ein Augenzwinkern machte gleich den Kameraden aufmerksam. Hornblower suchte mit scharfen Sinnen zu ergründen, wie sich die Leute zu ihm stellten, und kam zu dem erfreulichen Ergebnis, daß sie mit gespannter Erwartung zu ihm aufsahen, so daß Gleichgültigkeit und Vorbehalte nicht aufkommen konnten. Es war eine seltsame, aber nicht anzuzweifelnde Tatsache, daß die Leute sich darüber freuten, unter ihm, Hornblower, dienen zu dürfen, das hieß natürlich (so stellte Hornblower genauer fest) unter jenem Hornblower, den es nur in ihrer Vorstellung gab, nicht unter dem wirklichen, echten Hornblower, der in diesem Rock und dieser Hose stak. Sie hofften auf Sieg, Abenteuer, Auszeichnung, Erfolg - ach, die armen Toren! Sie machten sich keine Gedanken darüber, daß Männer fallen mußten, wenn Hornblower führte. Die Seekrankheit im Verein mit einem völlig leeren Magen (er konnte sich gar nicht mehr erinnern, wann er zum letzten Male gegessen hatte) schenkte ihm einen Zustand ungewöhnlicher Geistesklarheit, so daß eine ganze Anzahl widerstreitender Empfindungen in seinem Bewußtsein ihr Spiel miteinander treiben konnten: Freude über die Begeisterung der Männer, Mitleid mit den blindgläubigen Opfern, zitternde Erregung bei dem Gedanken an den bevorstehenden Kampf, Zweifel an der eigenen Fähigkeit, den Klauen des Schicksals auch diesmal den Erfolg zu entreißen, zögernd eingestandene Freude über die Seefahrt und über das neue Kommando und endlich bittere, herzbrechende Sehnsucht nach dem Leben, von dem er gerade Abschied genommen hatte, nach Barbaras Liebe und der vertrauensvollen Zutunlichkeit seines Richard. Hornblower gab sich über den Sturm in seinem Inneren Rechenschaft und schalt sich gerade wütend einen sentimentalen Narren,

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