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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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da bemerkte sein scharfes Auge einen Seemann, der sich mit den Knöcheln gegen die Stirn schlug und augenscheinlich freudig überrascht nickte und grinste. »Dich kenne ich doch«, sagte Hornblower und suchte fieberhaft in seinem Gedächtnis. »Wart einmal, waren wir nicht auf der alten Indefatigable zusammen?«
    »Natürlich, Sir, da waren wir zusammen an Bord, Sir, und Sie waren damals noch ein kleiner›Kakerlak‹, Sir, entschuldigen Sie den Ausdruck, Sir. Toppsfähnrich im Vortopp waren Sie, nicht wahr?« Der Seemann wischte sich erst die Hand am Hosenbein ab und schlug dann herzlich in die Rechte ein, die ihm Hornblower hinstreckte. »Harding heißt du«, sagte Hornblower, dem sein Gedächtnis endlich nach gewaltiger Kraftanstrengung zu Hilfe kam. »Du hast mir den Langspleiß beigebracht, während wir vor Ushant lagen.«
    »Richtig, Sir, stimmt genau, Sir. Das war doch 92, oder war es 93?«
    »93. Ich freue mich jedenfalls, daß du an Bord bist, Harding.«
    »Schönsten Dank, Sir, Sie sind sehr gütig, schönsten Dank.«
    Wie kam es nur, daß jetzt das ganze Schiff vor Begeisterung summte, bloß weil er einen alten Kameraden entdeckt hatte, mit dem er vor zwanzig Jahren an Bord gewesen war? Man sollte meinen, so etwas hätte keine Bedeutung. Aber offenbar war es eben doch anders. Hornblower wußte das, oder besser gesagt, er fühlte es. Man hätte aber schwer sagen können, ob in der neuen Abfolge von Empfindungen, die der Vorfall in ihm auslöste, das Mitleid oder die Liebe zu seinen schwachen Mitmenschen an erster Stelle stand. Vielleicht handelte Bonaparte in diesem Augenblick nicht anders als er. Womöglich erneuerte auch er gerade in irgendeinem Lager in Deutschland die Bekanntschaft mit irgendeinem alten Waffengefährten von der Garde.
    Unterdes waren sie wieder achtern angekommen, und Hornblower wandte sich an Freeman:
    »Ich werde jetzt zu Abend essen, Mr. Freeman«, sagte er.
    »Vielleicht können wir danach schon ein paar Segel setzen.
    Jedenfalls werde ich noch an Deck kommen, um zu sehen, was das Wetter macht.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Diner! Hornblower saß auf der kleinen Backskiste am Schott.
    Der Hauptgang war ein tüchtiges Stück kaltes Salzfleisch, ein köstlicher Leckerbissen für einen Gaumen, der ein Leben lang daran gewöhnt war und die letzten elf Monate keines mehr geschmeckt hatte. Dazu gab es »Rerams feinsten Schiffszwieback« aus einer Büchse mit Bleiverschluß, die Barbara entdeckt und gekauft hatte - das beste Hartbrot, das Hornblower je gekostet hatte. Wahrscheinlich kostete es auch zwanzigmal soviel wie das madige Zeug, das er früher immer zu essen bekam. Dann folgte ein Stückchen gut durchgereiften, scharfen roten Käses, der wunderbar zu einem zweiten Glas Rotwein paßte. So ungereimt es klingen mag, aber jetzt fühlte er sich plötzlich mit dieser erzwungenen Rückkehr zum Seemannsleben ganz einverstanden. Man mochte die Sache drehen, wie man wollte, es war nicht zu leugnen.
    Er wischte sich mit der Serviette den Mund, fuhr wieder in sein Ölzeug und ging an Deck.
    »Kommt es Ihnen nicht auch so vor, als hätte es schon etwas abgeflaut, Mr. Freeman?«
    »Ich habe auch den Eindruck, Sir.«
    Auch die Porta Coeli fühlte die Erleichterung, weich auf- und niederschwingend lag sie am Wind. Der Seegang konnte längst nicht mehr so steil sein, wie er gewesen war, und die Nässe, die einem noch ins Gesicht schlug, kam vom Regen, nicht mehr von überkommenden Spritzern. Die Tropfen peitschten auch nicht mehr so hart auf die Haut, das war ebenfalls ein Zeichen, daß das Schlimmste vorüber war.
    »Mit gerefftem Klüver und gerefftem Gaffelgroßsegel könnten wir am Winde Fahrt machen, Sir«, schlug Freeman vor.
    »Schön, Mr. Freeman, also los!«
    Eine Brigg gut zu segeln war nicht ganz einfach, besonders natürlich bei viel Wind. Unter Klüver, Stagsegeln und Gaffelgroßsegel hatte sie die Eigenschaften eines Gaffelschoners. Theoretisch war Hornblower mit den Besonderheiten dieser Fahrzeuge wohl vertraut, aber er wußte doch genau, daß er praktisch, besonders jetzt im Dunkeln und bei dem stürmischen Wetter, mit diesen Kenntnissen nicht allzu weit kam. Deshalb war er es zufrieden, im Hintergrund zu bleiben und Freeman freie Hand zu lassen. Der brüllte seine Befehle, mit mächtigem Geknarr der Blöcke stieg das gereffte Gaffelgroßsegel am Mast empor, während die Männer oben auf der tanzenden Rahe das Großmastsegel festmachten. Die Brigg lag mit Steuerbordhalsen beigedreht und

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