Hornblower 09 - Lord Hornblower
Meutererbrigg umwandte.
»Riemen ein!« knurrte Brown die Bootsgäste an, als der wachhabende Offizier dem Boot das Zeichen zum Längsseitkommen gab. Der Bugmann schlug seinen Haken in die Rüsten, und Hornblower vermochte seine Ungeduld so wenig zu zügeln, daß er sogleich mit linkischem Ungestüm an der Bordwand emporklomm. Freeman erwartete ihn auf dem Achterdeck, und Hornblower hatte noch die Hand grüßend am Hut, als er ihm schon die ersten Befehle gab.
»Lassen Sie bitte sofort den Segelmacher kommen, Mr. Freeman, ich brauche auch seine Maate und außerdem jeden Mann, der mit Nadel und Segelhandschuh umzugehen weiß.«
»Aye, aye, Sir.«
Da hatte man mit Meuterern zu tun und sollte ausgerechnet Segel machen! Aber Befehl war Befehl, auch wenn er noch so ausgefallen war. Hornblower starrte zur Flame hinüber, die immer noch außer Schußweite beigedreht lag. Die Meuterer hielten, weiß Gott, eine starke, eine uneinnehmbare Stellung, die jedem Frontalangriff trotzte und deren Flanken ebenso unüberwindlich waren. Blieb also nur der Ausweg, sie zu umgehen und dazu einen erheblichen Umweg in Kauf zu nehmen. Vielleicht hatte er einen solchen Umweg entdeckt, der sich als gangbar erwies. Da gab es ein paar zufällige Umstände, die ihm nützlich sein konnten, reine Glücksfälle. Seine Sache war es, sich dieser Zufälle zu bedienen und sie bis zum letzten auszunutzen. Es war dabei nicht zu vermeiden, daß er alles auf eine Karte setzte, aber er wollte tun, was in seiner Macht stand, um die Gefahr eines Fehlschlages nach Möglichkeit einzuschränken. Glück hat nur derjenige, der weiß, wie viel er dem Zufall überlassen darf. Ein alter Seemann mit gebeugten Schultern wartete darauf, daß ihm Hornblower seine Aufmerksamkeit zuwandte. Neben ihm stand Freeman.
»Segelmachersmaat Swenson, Sir.«
»Danke, Mr. Freeman. Sehen Sie den Patsch auf dem Vormarssegel dort, Swenson? Nehmen Sie mein Glas, und schauen Sie sich das Segel einmal genauer an.«
Der schwedische Segelmacher nahm das Glas in seine knorrigen Hände und hob es ans Auge.
»Mr. Freeman, ich möchte, daß die Porta Coeli ein Vormarssegel bekommt, das genauso aussieht wie jenes dort, so daß kein Auge die beiden unterscheiden kann. Wird das möglich sein?« Freeman sah Swenson an.
»Aye, aye, Sir, das kann ich machen«, sagte Swenson und ließ seinen Blick von Freeman zu Hornblower und dann wieder zurück zu Freeman wandern. »Ich habe noch eine Rolle weißes Bramtuch und nehme das alte Vormarssegel dazu - o ja, es geht, Sir.«
»Ich möchte, daß es um vier Glasen auf der Nachmittagswache fertig und klar zum Unterschlagen ist. Macht euch nur gleich an die Arbeit.« Hinter Swenson hatte sich inzwischen eine kleine Gruppe von Leuten angesammelt, das waren jene Besatzungsmitglieder, die sich nach dem Ergebnis der befohlenen Umfrage auf das Segelnähen verstanden. Einige von ihnen grinsten über das ganze Gesicht. Hornblower glaubte zu spüren, wie auf seine ungewöhnliche Anordnung hin eine Welle gespannter Erregung das ganze Schiff durcheilte, so wie das stille Wasser des Teiches sich kräuselt, wenn man einen Stein hineinwirft. Niemand durchschaute einstweilen, was Hornblower wirklich vorhatte, dennoch waren sich alle Mann im klaren, daß er irgendeine Teufelei im Schilde führte. Das allein aber war ein besseres Mittel zur Hebung der Disziplin und der guten Stimmung an Bord als jeder planmäßige Dienst.
»Hören Sie zu, Mr. Freeman«, sagte Hornblower und trat dabei an die Reling, »ich habe folgenden Plan: Die Flame und die Porta Coeli gleichen sich wie zwei Erbsen, und wenn wir dieses Vormarssegel untergeschlagen haben, sind sie überhaupt nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Die Meuterer sind bereits mit Land in Verbindung getreten, das haben sie mir selbst erzählt, und mehr noch, Mr. Freeman, der Platz, mit dem sie verhandelt haben, ist Le Havre - Harbour-Grace, Mr. Freeman. Boney und der Festungskommandant haben ihnen Geld und Freiheit versprochen, wenn sie die Flame einbrächten.
Nun werden ganz einfach wir an ihrer Stelle einlaufen. Da ist dieser Westindienfahrer, den wir heute morgen aufkommen sahen...«
»Den holen wir heraus, Sir!«
»Ja, vielleicht. Weiß Gott, was wir drinnen vorfinden, aber wir sind ja auf alles gefaßt. Wählen Sie zwanzig Mann und einen Offizier aus, Leute, auf die Verlaß ist. Und geben Sie jedem einzelnen genaue Befehle, was er zu tun hat, für den Fall, daß es uns gelingt, eine Prise zu besetzen. -
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