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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Auch andere Dinge hätte er gern gewußt, so zum Beispiel, wieweit sich dieser Bourbonensproß nun auch am richtigen Feldzug beteiligen wollte, oder was es mit den Nachrichten auf sich hatte, die jetzt durchzusickern begannen und besagten, daß sich nunmehr endlich Truppen des Kaiserlichen Heeres in Richtung Le Havre bewegten.
    Der Weihrauch, die Wärme, seine Müdigkeit und der Wirrwarr seiner Gedanken machten ihn schläfrig. Er war gerade im Begriff einzunicken, fuhr aber auf, als Lebrun sich plötzlich erhob. Hastig folgte er seinem Beispiel, und gleich darauf bewegte sich der Zug wieder ins Freie. Von Notre-Dame ritten sie, gepeitscht vom eisigen Wind, durch die Rue de Paris, dann rings um den großen Platz. Vor dem Rathaus stiegen sie wieder aus dem Sattel. Die Hochrufe des Volks klangen dünn und teilnahmslos, das Winken oder Hut abnehmen, womit der Herzog sich für die Huldigung bedankte, wirkte hölzern und mechanisch. Seine Königliche Hoheit besaß offenbar viel von dem stoischen Gleichmut, der ihn befähigte, körperliche Unbill in der Öffentlichkeit gelassen zu ertragen, ohne sich etwas anmerken zu lassen. Das war eine Fähigkeit, über die jeder Fürst verfügen muß, deren Erlernung ihn jedoch allem Anschein nach schweigsam und zurückhaltend gemacht hatte. Hornblower fragte sich, ob überhaupt eine Möglichkeit bestand, ihn vorteilhaft zu verwenden. Übertrug man nämlich dem Herzog dem Namen nach die Führung, dann kam es sofort zum Blutvergießen unter den Franzosen selbst, allerdings konnte Hornblower von diesem Augenblick an sicher sein, daß er den Anhängern der Bourbonen auch im Gefecht volles Vertrauen schenken durfte. Hornblower folgte ihm mit den Blicken, wie er die große Halle des Rathauses der Länge nach durchschritt - die riesigen Feuer, die an ihren beiden Enden brannten, reichten nicht aus, die eisige Kälte zu brechen, die auch hier herrschte - und wie er die Würdenträger der Stadt mit ihren Frauen, die ihm vorgestellt wurden, der Reihe nach begrüßte. Sein gespieltes Lächeln, die angemessenen, aber förmlichen Begrüßungsworte, die sorgfältig gewählten, von der bloßen Neigung des Kopfes bis zur leichten Verbeugung abgestuften Höflichkeitsgesten verrieten seine sorgfältige Schulung. Hinter ihm und an seiner Seite drängten sich seine Ratgeber, die adligen Emigranten, die er mitgebracht hatte, dazu Momas und Lebrun als Vertreter des nachrevolutionären Frankreich und endlich Hau in Wahrnehmung der britischen Interessen. Kein Wunder, daß sich der Mann bewegte wie eine hölzerne Marionette, wenn alle diese Leute an den Drähten zogen. Die Frauen hatten rote Nasen und über den langen Handschuhen rote Ellbogen. In ihren tiefdekolletierten Hoftoiletten bebten sie alle vor Kälte. Es waren die Frauen der Kaufleute und kleinen Beamten der Stadt, sie waren nicht gut angezogen, denn ihre Kleider waren erst heute, erst als sie erfuhren, daß sie zum Empfang geladen seien, in fliegender Hast zurechtgeschneidert worden. Ein paar Dicke keuchten in enggeschnürten Korsetts, einige Schlankere versuchten, jene weiche, durch kein Korsett gehemmte Grazie zu zeigen, die vor einem Jahrzehnt Mode gewesen war. Alle aber kochten förmlich vor Erregung über die Aussicht, einem richtigen königlichen Prinzen vorgestellt zu werden. Ihre Aufregung schien auch die Männer angesteckt zu haben, die nervös von einer Gruppe zur anderen rannten, Hornblower aber glaubte zu wissen, welche Angst jene wirklich verfolgte. Sie fürchteten, daß die ungeheuerliche Macht Bonapartes eben doch noch nicht endgültig zerstört sei, daß sie möglicherweise schon in ein paar Tagen ihr kleines Vermögen, ihre Aussichten auf Pension verlieren und als bettelarme Flüchtlinge oder gar als Opfer der Guillotine enden könnten. Das war ja einer der Gründe, weshalb der Herzog von England herübergekommen war: Diese Leute sollten endlich dazu gezwungen werden, sich offen zur Sache der Bourbonen zu bekennen. Wenn sie heute erschienen waren, dann hatte Lebrun durch privat erteilte Winke bestimmt nicht unwesentlich zu ihrem Entschluß beigetragen.
    Aber ihre Zweifel und Ängste blieben gut verborgen, die Geschichte würde später nur Kunde von dem glänzenden Empfang geben, der der Ankunft eines bourbonischen Prinzen auf französischem Boden festliches Gepräge verlieh.
    Hornblower war sich mit einem Male darüber im klaren, daß schon einstmals beim Empfang des »Jungen Präsidenten« in Hollywood allenthalben die gleichen

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