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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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treideln - vielleicht näherten sie sich in diesem Augenblick schon Rouen. Es konnte also höchstens noch ein paar Tage dauern, bis Quiot gegen die Stadt anrückte. Hornblower mußte an die andere Belagerung denken, die er mitgemacht hatte, die von Riga. Er erinnerte sich des erbarmungslosen Gleichmaßes, mit dem damals die Sappen vorgetrieben wurden, des uhrwerkgleichen Vorrückens der Schanzkörbe und Faschinen.
    Noch wenige Tage, dann drohte hier dieselbe tödliche Gefahr.
    Und er allein trug die Verantwortung, sie abzuwehren.
    Unvermittelt überfiel ihn heftiger Unwille über seine Londoner Vorgesetzten, weil er sich überlegte, wie kümmerlich wenig sie ihn bis jetzt unterstützt hatten. Vierzehn Tage war Le Havre nun in britischer Gewalt, da hätte schon allerhand geschehen können. Mit den stärksten Ausdrücken, die er anzuwenden wagte, hatte er denen zu Hause zu verstehen gegeben, daß er tatenloses Zuwarten für unzweckmäßig halte - er erinnerte sich, daß er wörtlich so geschrieben hatte. Aber England, dessen ganzes Landheer unter Wellington unten im Süden im Kampf stand, das durch zwanzig endlose Kriegsjahre bis zum letzten ausgeblutet war, dieses England hatte eben für ihn nichts mehr übrig. So blieb der Aufruhr, den er entfacht hatte, notwendig in der Abwehr stecken und war daher im Rahmen des ungeheuren Entscheidungskampfes auch als militärischer Faktor nur von untergeordneter Bedeutung. Gewiß, in politischer und moralischer Hinsicht war sein Unternehmen ein riesiger Erfolg gewesen, so versicherte man ihm wenigstens mit höchst schmeichelhaften Worten, militärisch dagegen schien es zu völliger Fruchtlosigkeit verurteilt zu sein. Bonaparte, dessen Reich angeblich schon im Wanken war, der auf den schneebedeckten Feldern der Champagne um sein Leben rang, konnte immer noch zwei Divisionen und einen Belagerungspark erübrigen, um Le Havre zurückzugewinnen. War dieser Mann je zu schlagen?
    Hornblower hatte die Anwesenheit des Seesoldatenobersten ganz vergessen, er blickte an ihm vorbei ins Leere. War es nicht höchste Zeit, daß der Aufstand in Le Havre endlich von der Verteidigung zum Angriff überging, mochten seine Hilfsmittel und Möglichkeiten noch so beschränkt, mochte der Gegner noch so mächtig sein? Irgend etwas mußte geschehen, irgend etwas mußte gewagt werden. Er wollte sich unter keinen Umständen hinter den Wällen von Le Havre verschanzen wie ein Kaninchen in seinem Bau und geduldig warten, bis Quiot mit seinen Sappeuren auf der Bildfläche erschien und ihn aushob. Der bloße Gedanke daran war ihm unerträglich.
    »Zeigen Sie mir noch einmal die Karte«, sagte er zu Dobbs.
    »Wie steht es eigentlich mit den Gezeiten? Wie, das wissen Sie nicht? Dann sehen Sie schleunigst nach, Mann. Außerdem wünsche ich Meldung über den Zustand der Straßen zwischen hier und Rouen. Brown! Geh sofort hin und hole mir Kapitän Bush aus der Empfangshalle.«
    Er war noch immer dabei, seine Pläne auszuarbeiten und die vorbereitenden Befehle zu erteilen, als Hau ins Zimmer trat.
    »Der Empfang nähert sich seinem Ende, Sir«, sagte Hau.
    »Seine Königliche Hoheit ist im Begriff, sich zurückzuziehen.«
    Hornblower warf noch einen Blick auf die Karte der unteren Seine, die vor ihm ausgebreitet lag, sein Schädel rauchte vom Ausrechnen der Gezeitenströme und der Wegentfernungen.
    »Ah! Danke, ausgezeichnet«, sagte er. »Ich werde mich fünf Minuten dort zeigen.«
    Als Hornblower die Halle betrat, lächelte er - viele wandten sich nach ihm um und nahmen davon Notiz. Es lag eine gewisse Ironie darin, daß sich die guten Bürger, die hier beim Empfang versammelt waren, gerade dadurch besonders beruhigt fühlen sollten, daß Hornblower soeben die Nachricht von der Bedrohung ihrer Stadt erhalten hatte.

12. Kapitel
    Der trübe Wintertag wich einer ebenso trüben, finsteren Nacht. Im letzten Licht des grauen Nachmittags stand Hornblower auf dem Kai und beobachtete das Klarmachen der Boote. Es war schon dunkel und diesig genug, daß diese Vorbereitungen für jeden Beobachter außerhalb der Stadt unsichtbar blieben, mochte er seinen Beobachtungsposten auch noch so günstig gewählt haben. Die Matrosen und Seesoldaten konnten also ungesehen ihre Boote bemannen. Nur noch eine Stunde, dann begann die Flut, man wollte keinen Augenblick versäumen, den günstigen Strom auszunutzen. Das war wieder eins von den Opfern, die der Erfolg mit sich brachte: Da stand er nun und mußte zusehen, wie andere zu einem

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