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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Rittermantel zusammenhielt, dann die ungewohnten Nestel seines Wamses und die lächerlichen Bändsel seiner Kniehose - auch diese Hantierungen vermochten seiner Leidenschaft nichts anzuhaben. Barbara ertappte sich dabei, daß sie immer wieder seine Hände küßte, diese langen, schönen Finger, die in Zeiten der Trennung so manches Mal durch ihre Träume geisterten, auch das war ein Ausdruck reinster Leidenschaft ohne jede sinnbildliche Bedeutung. Sie fanden frei, ohne Fessel, ohne Hemmnis, in reiner Liebe zueinander. Sie waren in wunderbarer Weise eins und blieben es, auch als das Feuer verglomm, sie genossen das Glück der Erfüllung, aber es machte sie nicht überdrüssig, und sie blieben eins, auch als er sie auf ihrem Ruhebett verließ und mit einem Blick in den Spiegel feststellte, daß seine schütteren Haare wüst zerzaust waren. Seine Uniform hing an der Tür des Ankleidezimmers, Barbara hatte wirklich an alles gedacht, während er bei St. Vincent war. Er wusch sich vor dem Waschbecken und rieb seinen erhitzten Körper mit einem nassen Schwamm ab. Dabei dachte er nicht im mindesten an eine Reinigung von irgendwelchem Schmutz, es ging ihm einzig um die angenehme Erfrischung. Als der Butler an die Tür klopfte, zog er über Hemd und Hose seinen Schlafrock an und öffnete. Es war seine Order. Er unterschrieb den Empfangsschein, erbrach das Siegel und setzte sich, um sie genau durchzulesen und festzustellen, ob sie auch keine Unklarheiten enthielt, die beseitigt werden mußten, ehe er London verließ. Da waren sie wieder, die alten, alten Formeln:
    »Sie werden beauftragt und angewiesen«, »es wird Ihnen mit größtem Nachdruck zur Pflicht gemacht«, jene gewichtigen Worte, in deren Bann schon Nelson bei Trafalgar und Blake bei Teneriffa ins Gefecht gegangen waren. Der Sinn des Befehls war klar, und der Umfang seiner Vollmacht unterlag keinem Zweifel. Es konnte kein Mißverständnis geben, wenn er vor einer Schiffsbesatzung - oder einem Kriegsgericht verlesen wurde. Würde man ihn eines Tages zwingen, diesen Befehl laut zu verlesen?
    Das hieß dann, daß er mit den Meuterern verhandelt hatte.
    Gewiß, das Recht dazu hatte er, aber es sah doch verdammt nach Schwäche aus, wenn er es tat. Die ganze Flotte nahm bestimmt mit hochgezogenen Brauen davon Kenntnis, und auf St. Vincents zerklüftetes Gesicht würde sich der Schatten der Enttäuschung Niedersenken. Es gab keinen Ausweg: Er mußte hundert englische Seeleute durch List und Tücke in seine Gewalt bringen, daß man sie hängen oder auspeitschen konnte, weil sie etwas getan hatten, was er, wie er genau wußte, unter den gleichen Umständen selbst ebenso tun würde. Er hatte auch hier ganz einfach seine Pflicht zu erfüllen. Manchmal war es seine Pflicht, Franzosen zu töten, diesmal war es eben etwas anderes. Wenn schon jemand getötet werden mußte, dann hätte er sich allerdings lieber an die Franzosen gehalten. Aber wie in Gottes Namen sollte er die bevorstehende Aufgabe angehen?
    Die Schlafzimmertür öffnete sich, Barbara trat mit strahlendem Lächeln ein. Kaum begegneten sich ihre Blicke, da klangen auch ihre Seelen von neuem wunderbar zusammen. Weder die bevorstehende körperliche Trennung noch die Überlegungen Hornblowers über seine widerwärtige Aufgabe vermochten es, diese Harmonie der Seelen zu stören. Sie fühlten sich heute in einem ganz neuen, viel umfassenderen Sinne eins als je zuvor.
    Daß sie sich dieser Erhöhung bewußt waren, gab ihrem Glück die Weihe der Vollkommenheit. Hornblower erhob sich.
    »Ich bin in zehn Minuten fertig zum Aufbruch«, sagte er.
    »Willst du mich nicht bis Smallbridge begleiten?«
    »Ich hoffte, du würdest mich darum bitten«, sagte Barbara.

3. Kapitel
    Die Nacht war pechrabenschwarz, der Wind hatte nach Westen gekrimpt und wehte schon jetzt mit halber Sturmstärke, die Anzeichen sprachen dafür, daß er bald noch härter würde. Er zerrte an Hornblower, daß ihm die Hosenbeine über seinen Seestiefeln um die Knie flatterten, er riß an seinem Mantel, rings um ihn und über ihm heulte und pfiff das ganze Takelwerk wie ein Chor von Wahnsinnigen, als lehnte es sich dagegen auf, daß sich der Mensch vermaß, sein zerbrechliches Schiffsgeschöpf tollkühn den entfesselten Gewalten des Weltalls auszuliefern.
    Sogar hier, in Lee der Insel Wight, arbeitete die kleine Brigg schon lebhaft genug unter den Füßen Hornblowers, der breitbeinig auf ihrem winzigen Achterdeck stand. Irgendwo in Luv von ihm kanzelte jemand -

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