Hornblower 10 - Hornblower in Westindien
vielleicht dagegen einwenden, daß ihr Kapitän eine sogenannte Bestallung in Händen hatte, die von den Aufständischen ausgestellt war. Aber das fällt hier nicht ins Gewicht, denn im ersten Fall wird sie von Kapitän van der Maesen als Seeräuber beschlagnahmt, im zweiten Fall von mir selbst, weil sie sich feindseligen Verhaltens gegen mein Land schuldig machte.«
»Bis zur Stunde, Señor, hat noch kein Prisengericht im einen oder anderen Sinne ein Urteil gesprochen. Im übrigen möchte ich die Herren daran erinnern, daß sich das Schiff in meiner Gewalt befindet.«
Jetzt war es soweit, die Fehde war angesagt. Hornblower gab sich alle Mühe, den Blicken der beiden anderen mit möglichst undurchdringlicher Miene zu begegnen. Wie immer die Entscheidung über die Bride of Abydos ausfallen mochte, eins wußte er gewiß: Weder die britische Regierung noch die öffentliche Meinung Englands würden es ihm jemals verzeihen, wenn er sich dieses Schiff kleinmütig entwinden ließ.
»Mylord, ich habe Kapitän van der Maesen meine Unterstützung bei allen Maßnahmen zugesagt, die er in der Folge für geboten hält, und von ihm die gleiche Zusicherung erhalten.«
Der holländische Kapitän bestätigte dies mit einem Nicken und ein paar halb verständlichen Worten. Damit standen zwei gegen einen, ein Kräfteverhältnis, bei dem die Clorinda alle Hoffnung begraben konnte.
»Dann, meine Herren, möchte ich in aller Aufrichtigkeit der Hoffnung Ausdruck geben, daß mein Verhalten Ihre Billigung findet.«
Damit brachte er auf die denkbar höflichste Art zum Ausdruck, daß er ihrer Drohung Trotz bot. »Ich kann mich nur schwer damit abfinden, Mylord, daß Sie den Schutz der Marine Seiner Britischen Majestät Piraten- und Kaperschiffen angedeihen lassen, die an einem Kriege teilnehmen, in dem sich seine Majestät, Ihr Herrscher, selbst neutral verhält.«
»Es wird Ihnen nicht entgangen sein, Señor, daß die Bride of Abydos die Flagge Seiner Britischen Majestät führt. Sie werden Verständnis dafür haben, daß ich als Seeoffizier niemals zugeben kann, daß diese Flagge niedergeholt wird.«
Jetzt war es heraus. Der Gegner war in die Schranken gefordert. Noch zehn Minuten, dann sprachen vielleicht schon die Geschütze, dann lagen auf diesem Deck vielleicht schon überall Tote und Verwundete umher. Und einer der Toten war womöglich er selbst.
Der Spanier tauschte einen Blick mit dem Holländer und wandte sich dann wieder an Hornblower. »Wir würden es wirklich zutiefst bedauern Mylord, wenn wir unsere Zuflucht zur Gewalt nehmen müßten.«
»Es freut mich ungemein, das zu hören, Señor. Ich fühle mich dadurch in meiner Auffassung bestärkt. Wir können also in bestem Einvernehmen auseinandergehen.«
»Aber…«
Der Brigadier hatte nicht im entferntesten daran gedacht, daß man seine Worte als Nachgiebigkeit auslegen könnte. Er meinte ganz im Gegenteil seine Drohung damit unterstrichen zu haben.
Jetzt raubte ihm Hornblowers Deutung sekundenlang die Sprache.
»Ich bin hocherfreut, meine Herren«, fuhr Hornblower fort, »daß damit das Einvernehmen zwischen uns wiederhergestellt ist. Nutzen wir den glücklichen Augenblick, Señor, um noch ein Glas dieses Weines auf das Wohl unserer Landesherren zu trinken, wobei ich nicht verhehlen möchte, zu betonen, daß Ihrem Land für dieses ausgezeichnete Gewächs der Dank der ganzen Welt gebührt.« Er nahm ihre Kapitulation vorweg und versetzte sie dadurch in die Lage, sich elegant aus der Affäre zu ziehen. Ehe sie es noch recht gewahr wurden, war der bittere Augenblick gekommen und gegangen, da sie sich eingestehen mußten, daß sie überspielt worden waren. Vergebens tauschten der Spanier und der Holländer wieder lange Blicke aus, während Hornblower schon eifrig dabei war, neuen Wein einzuschenken.
»Auf Seine Allerkatholischste Majestät, Señor. Auf Seine Majestät, den König der Niederlande.« Er hob dazu sein Glas mit einladender Geste. Die beiden anderen mußten ihm wohl oder übel Bescheid tun, obgleich der Mund des Brigadiers immer noch auf- und zuklappte, weil er seine Empörung vergeblich in Worte zu fassen suchte. Jetzt forderte obendrein der internationale Brauch, daß er den Toast zu Ende sprach, worauf Hornblower bereits mit erhobenem Glas wartete. »Auf Seine Britannische Majestät.« Sie tranken zum zweitenmal miteinander. »Ich danke Ihnen für Ihren anregenden Besuch, meine Herren«, sagte Hornblower. »Noch ein Glas? Nein? Sie wollen doch nicht schon
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