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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Begleichen einer Rechnung, Liebling. Die Strafe wird verhängt, um andere vom Ungehorsam abzuschrecken. Der Gedanke an Vergeltung ist dabei überhaupt nicht im Spiel.«
    Nach echter Frauenart hielt Barbara hartnäckig ihre Stellung, obwohl ihre Flanke durch Hornblowers kalte Logik bereits hoffnungslos aufgerollt war.
    »Wenn ihr ihn nun hängt oder auspeitscht, wird er doch bestimmt nie mehr b spielen, wie ihr es von ihm wollt. Was habt ihr also damit gewonnen?«
    »Die Mannszucht verlangt es nun einmal, Liebling...«
    Hornblower wußte nur zu genau, daß seine Auffassung nicht so recht zu vertreten war, aber Barbaras ungestümes Drängen veranlaßte ihn, sich als Verteidiger seiner geliebten Mannszucht richtig in Hitze zu reden. »Dieser Fall wird zu Haus in England ganz nette Wellen schlagen«, sagte Barbara. Darüber kam ihr plötzlich ein neuer Gedanke: »Er kann doch Berufung einlegen, nicht wahr?«
    »In heimischen Gewässern wäre das möglich. Aber ich bin Oberbefehlshaber auf einer Marinestation im Ausland, gegen meine Entscheidungen gibt es keine Berufung.« Dieses Gespräch wirkte gründlich ernüchternd. Barbara starrte quer über den Tisch auf den Mann, der sich in Sekundenschnelle aus ihrem zärtlich liebenden, höchst empfindsamen Gatten in einen unheimlichen Machthaber verwandelt hatte, dem Leben und Tod seiner Untergebenen in die Hand gegeben waren. Dabei wußte sie, daß sie ihre gehobene Stellung als Frau dieses Mannes nicht ausnützen konnte, ja, daß sie nicht einmal den Versuch machen durfte, seine Entscheidung zu beeinflussen - nicht etwa um des Dienstes oder der Mannszucht willen, sondern weil jedes solche Unterfangen ihr eheliches Glück gefährdete. »Soll die Verhandlung schon bald stattfinden?« frage sie. Ihr Ton verriet deutlich genug, daß ihre Gedanken eine neue Richtung eingeschlagen hatten.
    »Ja, sowie ich die nötige Anzahl Richter einberufen kann.
    Wenn es um die Disziplin geht, stiftet jeder Verzug mehr Schaden, als eine gerechte Strafe nützen kann. Ein Mann, der, sagen wir, am Montag meutert, sollte am Dienstag verurteilt werden und schon am Mittwoch an der Rah hängen. Aber ich habe im Augenblick nicht genug Kapitäne zur Verfügung. Wenn Ransome eintrifft, würde der Kommandant der Triton die Zahl voll machen, aber dann werde ich abgelöst und bin damit für den Fall nicht mehr zuständig. Wenn allerdings die Flora noch vor der Triton eintrifft - ich hatte sie zur Goldküste detachiert - so muß die Sache noch von mir erledigt werden.«
    »Jetzt weiß ich Bescheid, mein Lieber«, sagte Barbara, ohne den Blick von seinen Zügen zu wenden. Noch ehe er weitersprach, wußte sie, daß er nach der unmenschlichen Härte des bisher Gesagten etwas mildere Töne anschlagen wollte.
    »Natürlich ist mein Entschluß noch nicht endgültig, Liebling«, sagte er. »Es gibt immerhin eine Möglichkeit, die noch ins Auge gefaßt werden könnte.«
    »Ach?« Es kostete sie Mühe, die winzige Silbe zu hauchen.
    »Ja. Die Bestätigung des Urteils und der Strafe wäre meine letzte Diensthandlung als Oberbefehlshaber. Damit wäre ein geeigneter Anlaß - oder wenn man so will, ein Vorwand - geboten, Milde walten zu lassen und die Strafe mit Rücksicht auf das einwandfreie Verhalten des Verbandes unter meiner Führung wesentlich herabzusetzen.«
    »Das habe ich verstanden, Liebling. Wie aber, wenn Ransome vor der Flora eintrifft?«
    »Dann kann ich wohl nichts mehr machen - es sei denn...«
    »Es sei denn?«
    »... es gelänge mir, Ransome nahe zulegen, daß er seinen Dienst als Oberbefehlshaber mit einem Gnadenakt beginnen könnte.«
    »Glaubst du, daß er sich darauf einläßt?«
    »Ich kenne Ransome so gut wie überhaupt nicht. Darum weiß ich auf deine Frage schlechterdings keine Antwort.« Barbara öffnete schon den Mund, um zu sprechen. ›Ob er wohl auch ein h für wichtiger hielt als ein Menschenleben?‹ hatte sie sagen wollen, aber dann besann sie sich im letzten Augenblick auf etwas ganz anderes, das ihr schon sehr viel länger auf der Zunge lag. »Ich liebe dich, weißt du das auch, mein Schatz?« Wieder begegneten sich ihre Blicke quer über den Tisch hinweg, und Hornblower fühlte, wie sich seine eigene Leidenschaft an der ihren entzündete, bis ihre Gefühle der Vereinigung rauschender Flüsse glichen, zu einem einzigen Strom verschmolzen. Er wußte ganz genau, daß er Barbara mit allen seinen überlegenen Worten über Disziplin und schlechtes Beispiel keinen Eindruck gemacht hatte.

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