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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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aufgewühlten See unerhört stampfte und arbeitete. Während er ganz achtern umherging, verspürte er unter den Füßen dumpfe Stöße, die mit dem Rhythmus des Stampfens und Rollens zusammenfielen. Das sagte ihm, daß irgendwelche schwimmenden Gegenstände die Unterseite des Decks behämmerten, wenn sie durch das im Raum hin- und herflutende Wasser hochgeworfen wurden. Der Wind wehte stetig aus Nordost, also hatte sich der Passat nach dem Zwischenspiel des Orkans wieder durchgesetzt. Der Himmel war immer noch von düsterem Grau bedeckt, aber Hornblower hatte das untrügliche Gefühl, daß das Barometer rasch im Steigen war. Irgendwo in Lee, fünfzig, hundert, vielleicht zweihundert Meilen entfernt, lag die Kette der Antillen - er ahnte nicht, wie weit oder in welcher Richtung die Pretty Jane während des Sturms getrieben war. Noch gab es keine Aussicht auf Rettung, oder besser gesagt, es hätte sie gegeben, wäre er nur imstande gewesen, das Frischwasserproblem zu lösen.
    Er richtete das Wort an die schwankenden Gestalten der Besatzung: »Macht die Luken auf«, befahl er. »Von Ihnen, Steuermann, möchte ich wissen, wo die Wasserfässer verstaut sind.«
    »Mittschiffs«, sagte der Steuermann und leckte bei dem bloßen Gedanken an Wasser die ausgedörrten Lippen mit der trockenen Zunge. »Achtern vom Großluk.«
    »Wir wollen sie uns einmal anschauen«, sagte Hornblower.
    Wasserfässer, dazu bestimmt, Frischwasser einzuschließen, mochten wohl auch die Eigenschaft haben, Seewasser auszuschließen. Aber kein Faß war wohl je ganz dicht, mehr oder weniger leckte ein jedes; wenn aber auch nur ein ganz klein wenig Seewasser eindrang, dann war der ganze Inhalt eines solchen Fasses untrinkbar. Dazu kam, daß die Fässer zwei Nächte und einen Tag lang durch das hin- und herflutende Seewasser im Raum herumgestoßen worden waren und daher wahrscheinlich samt und sonders eingedrückt waren.
    »Ich habe keine große Hoffnung, daß wir noch gutes Wasser finden«, sagte Hornblower, damit die Enttäuschung der Männer nicht allzu groß wurde. Dann suchte er - zum wievielten Male? - die Kimm ab, ob sich nicht doch irgendwo eine Regenbö ihrer erbarmte.
    Als sie den ersten Blick in die offene Luke warfen, wurden sie gleich gewahr, welche Schwierigkeiten sie dort erwarteten. Die Lukenöffnung selbst war durch ein paar Ballen Kokosbast verstopft. Wenn sie genau hinsahen, konnten sie beobachten, wie sich diese beim Arbeiten des Schiffs schwerfällig hin- und herbewegten. Das bedeutete, daß die Ladung auf dem eingedrungenen Wasser schwamm - die Pretty Jane wurde also buchstäblich durch den Druck über Wasser gehalten, den die schwimmfähige Ladung von unten her auf das Deck ausübte. Es war ein wahres Wunder, daß sie sich dabei nicht das Rückgrat gebrochen hatte. Natürlich war es unter diesen Umständen ausgeschlossen, in den Raum hinunterzusteigen. Es hätte den sicheren Tod bedeutet, sich zwischen die schweren, im Raum umherwuchtenden Ballen zu wagen. Die Männer um die Luke stöhnten vor Enttäuschung, als sie ihr Unglück begriffen. Aber Hornblower hatte schon wieder eine neue Möglichkeit im Kopf und wandte sich jetzt an den Steward. »Da waren doch grüne Kokosnüsse für die Achtergasten an Bord«, sagte er. »Sind davon noch welche übrig?«
    »Jawohl Sir, vier oder fünf Dutzend.« Der Mann konnte vor Durst oder Schwäche oder Aufregung kaum noch sprechen.
    »Wo sind sie? Im Proviantraum?«
    »Jawohl, Sir.«
    »In einem Sack?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Komm mit«, sagte Hornblower.
    Sie öffneten das Achterluk und blickten in das hin- und herwogende Wasser. Ladung war dort nicht, das Schott hatte dem Druck von vorne standgehalten. Die Entfernung vom Deck bis zum Wasserspiegel im Raum entsprach den drei Fuß Freibord, die der Pretty Jane verblieben waren. Jetzt kam im Luk doch verschiedenes zum Vorschein - plötzlich trieb zum Beispiel ein hölzerner Eimer in Sicht, die Oberfläche des Wassers war überhaupt mit allerlei schwimmendem Abfall bedeckt. Dann kam auf einmal etwas anderes geschwommen - es war richtig eine Kokosnuß. Sicher war der Sack, von dem der Steward gesprochen hatte, nicht zugeschnürt gewesen. Und Hornblower hatte so sehr gehofft, er könnte den ganzen Sack voller Nüsse auf einmal entdecken. Er lehnte sich weit über das Süll und fischte die Nuß heraus. Als er sich mit der Frucht in der Hand wieder aufrichtete, stieß die ganze Schar ein wortloses Krächzen aus, und ein Dutzend Hände streckte sich

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