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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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die Heftigkeit des Sturmes merkbar nach. Hornblower begann während dieser dunklen Stunden leise zu hoffen; im weiteren Verlauf der Nacht wurde dann seine Hoffnung zur Gewißheit, denn nun ließ es sich nicht mehr leugnen, es flaute wirklich ab.
    Alles deutete darauf hin, daß der Hurrikan abzog. Um Mitternacht herrschte noch starker Sturm, ein paar Stunden später gab sich Hornblower darüber Rechenschaft, daß man nur noch von einer frischen Brise sprechen konnte, die höchstens noch ein Reff in den Bramsegeln verlangt hätte. Die Bewegungen der Pretty Jane waren immer noch recht heftig, wie man das nicht anders erwarten durfte, weil ja die See immer länger brauchte, um sich zu beruhigen, als der Wind. Die Brigg stampfte noch wie verrückt, sie kletterte in den Seen steil bergan und raste dann wieder zu Tal, aber sie nahm doch längst nicht mehr so viel Wasser über, selbst wenn man in Betracht zog, daß sie sich mit dem Bug gegen die See ohnehin wesentlich besser benahm. Die rasenden Wirbel, die an ihnen vorüberschäumten, daß ihnen die Enden, mit denen sie festgeknotet waren, die Haut zerrissen, hatten ihre Gewalt verloren, das Wasser reichte ihnen nicht mehr bis an die Hüften, es wirbelte nur noch um ihre Knie.
    Und auch die Luft war nicht mehr von fliegendem Gischt erfüllt.
    Zugleich mit diesen Beobachtungen fiel Hornblower noch etwas anderes auf: Es regnete, es regnete in Strömen. Wenn er den Kopf in den Nacken warf, erhaschte er mit dem ausgetrockneten, offenen Mund ein paar köstliche Tropfen.
    »Regen!« sagte er Barbara ins Ohr.
    Er löste sich mit roher Hast aus ihren Armen, um auch nicht eine Sekunde dieses Wolkenbruchs zu versäumen, riß sich sein Hemd so gewaltsam vom Leib, daß es in Fetzen ging, als er es durch die Laschings zog, die ihn hielten, und spannte es ausgebreitet in den Regen, der in der Finsternis unsichtbar auf sie nieder strömte. Er durfte um Gottes willen keine Zeit vergeuden. Das Hemd war noch von Seewasser durchnäßt, er wrang es in fiebernder Eile aus und bot es sofort wieder dem Regen dar. Dann nahm er einen Zipfel davon in den Mund, es schmeckte immer noch salzig, also setzte er seine Bemühungen fort. Nie hatte er sich etwas so sehnlich gewünscht, als daß der Regen in gleicher Dichte weiter vom Himmel stürzte und daß der salzige Gischt sie nicht zu ausgiebig netzte. Endlich konnte man das abermals ausgewrungene Wasser als frisch und trinkbar bezeichnen. Er tastete mit dem triefenden Stoff nach Barbaras Gesicht und drückte ihn an ihren Mund.
    »Trink!« krächzte er ihr mit heiserer Stimme ins Ohr. Als sie die Hände danach hob, schloß er aus ihren Bewegungen, daß sie ihn verstand, daß sie schon im Begriff war, das kostbare Naß aus dem Stoff zu saugen. Er wollte, daß sie sich beeilte, daß sie soviel trank, wie sie irgend konnte, während der Regen weiterströmte. Seine Hände flogen förmlich vor Verlangen, den eigenen Durst zu lindern. Sie aber ahnte in der Dunkelheit nicht, daß er so ungeduldig wartete. Endlich ließ sie das Hemd wieder los, und er breitete es abermals in den Regen, fast außerstande, die neue Wartezeit zu ertragen. Dann endlich war es soweit, den Kopf im Nacken preßte er den Stoff gegen den Mund und schluckte und schlang das Naß in sich hinein, halb wahnsinnig vor unbändiger Lust. Der Wandel, den das bißchen in den Mund gedrückte Wasser in ihm hervorrief, ging über alle Begriffe.
    Er fühlte deutlich, wie ihn neue Kraft und neue Hoffnung erfüllten - ja, die Kraft schien sich mit der erwachenden Hoffnung wie von selbst zu erneuern. Das Hemd hatte höchstens fünf bis sechs Weingläser voll Wasser gespendet, und doch hatte dieses bißchen genügt, einen so gewaltigen Wandel zu bewirken. Noch einmal hielt er sich das Hemd über den Kopf, damit es sich in dem wolkenbruchartigen Regen voll sog, und gab es abermals an Barbara weiter. Als er es von ihr in der Dunkelheit zurückerhielt, wiederholte er das Ganze für sich selbst. Er hatte den Stoff gerade wieder so weit ausgequetscht, daß er fast trocken war, da wurde er gewahr, daß der Regen aufgehört hatte. Im ersten Augenblick tat ihm das leid. Es wäre klüger gewesen, das nasse Hemd als Vorrat aufzuheben, aber es hatte schließlich keinen Zweck, sich deshalb Vorwürfe zu machen. Der größte Teil des Wassers, mit dem es getränkt war, wäre ohnedies weggelaufen, und der Rest wäre binnen weniger Minuten durch Gischtspritzer ungenießbar geworden, die sich immer noch ab und zu über

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