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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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ganzen Manövers Todesängste aus.
    Hornblower, der dabei nichts zu verantworten hatte, begab sich unterdessen auf die Back, um ein möglichst genaues Bild der Hafeneinfahrt zu gewinnen. Im Augenblick herrschte zwar Frieden, aber Spanien war zuvor ein Gegner Englands gewesen und mochte vielleicht schon bald wieder einer sein. Da konnte es zum mindesten nichts schaden, wenn er die Verteidigungsanlagen so genau wie möglich in Augenschein nahm. Er hatte denn auch bald begriffen, warum San Juan in der langen Zeit seines Bestehens von den vielen Feinden Spaniens noch nie angegriffen, geschweige denn erobert worden war. Die Stadt selbst war von einer hohen, stark gebauten Mauer mit Gräben, Bastionen und Zugbrücken umgeben, auf einer die Einfahrt beherrschenden Höhe lag das Kastell Morro, dessen Geschütze das Fahrwasser bestreichen konnten. Außerdem gab es noch ein zweites Fort - es mußte San Cristobal sein - und unten am Strand reihte sich eine Batterie an die andere, alle mit schweren Geschützen bestückt, die drohend aus ihren Bettungen ragten. Nur eine starke, mit schwerer Artillerie ausgerüstete Belagerungsarmee hätte San Juan etwas anhaben können, solange es durch eine angemessene Besatzungstruppe verteidigt wurde.
    Die Seebrise brachte sie glatt durch die Einfahrt, es entstand die übliche nervöse Unsicherheit, ob sich die Spanier wohl bereit finden würden, die Flagge zu salutieren; aber diese Sorge schwand alsbald, als die Geschütze auf dem Morro ihre donnernde Antwort gaben. Hornblower stand steif grüßend auf dem Achterdeck, während das Schiff in den Hafen glitt und das Salutgeschütz auf der Back in wunderbarem Gleichtakt seine Schüsse feuerte. Die Besatzung nahm mit einer Fixigkeit die Segel weg, die alle Anerkennung verdiente. Hornblower schoß unter seinem Zweispitz einen heimlichen Blick nach oben, um sich davon zu überzeugen. Dann drehte die Clorinda auf, und ihre Ankertrosse rutschte donnernd aus der Klüse. Ein von der Sonne tiefbraun gebrannter Offizier schwang sich über die Reling und stellte sich in leidlichem Englisch als Hafenarzt vor.
    Fell übergab ihm eine schriftliche Erklärung, daß an Bord der Clorinda während der letzten einundzwanzig Tage kein Fall einer ansteckenden Krankheit vorgekommen sei.
    Erst hier im Hafen, wo sich die Seebrise nicht recht durchsetzen konnte, und wo das Schiff still lag, wurden sie inne, wie infernalisch heiß die Sonne vom Himmel brannte.
    Hornblower spürte sofort, wie ihm unter dem Hemd und dem schweren Uniformrock der Schweiß aus allen Poren brach und drehte den Kopf benommen nach rechts und links, weil ihm die gestärkte Halsbinde den Atem nahm. Gerard wies ihm mit einer kurzen Handbewegung, was er selbst bereits entdeckt hatte, die Estrella del Sur lag schneeweiß und makellos in ihrer nächsten Nähe an der Pier. Es schien ihm, als hätte er schon wieder den Gestank in der Nase, der aus ihren offenen Luken drang. Auf der Pier war eine Abteilung Soldaten in blauen Waffenröcken mit weißen Bandelieren aufgezogen. Sie standen in recht lässiger Haltung in einem Glied und waren von einem Unteroffizier geführt. Aus dem Raum des Schooners drangen herzzerreißende Laute herüber, sie hörten sich an wie ein langgezogenes, klagendes Gewimmer. Nach einer Weile konnten sie sehen, wie eine lange Reihe nackter Neger mühsam den Niedergang heraufgeklettert kam. Die armen Menschen konnten kaum gehen, einige waren überhaupt nicht dazu imstande, sie fielen sogleich auf Hände und Knie und krochen so über Deck und auf die Pier. »Sie bringen ihre Ladung an Land«, sagte Gerard. »Ja, wenigstens einen Teil davon«, gab ihm Hornblower zur Antwort. Er war nun beinahe ein Jahr hier und hatte in dieser Zeit durch aufmerksame Beobachtung vieles über den Sklavenhandel erfahren. Gegenüber der Nachfrage, die in Havanna herrschte, war der Bedarf an Sklaven hier in Puerto Rico nur gering. Auf See waren die Sklaven, die sie hier sahen, in den Sklavendecks eingesperrt. Dort lagen sie eng aneinandergepackt »wie die Löffel in der Schatulle«, das heißt, auf der Seite mit angezogenen Knien, so daß die Knie eines jeden in die Kniekehlen seines Vordermanns paßten. Es war kein Wunder, daß der Kapitän der Estrella die Gelegenheit benutzte, seine leicht verderbliche Ladung gründlich auszulüften.
    Ein Anruf von außenbords lenkte sie ab. Ein Boot mit der spanischen Flagge im Bug kam herangepullt; achtern saß ein Offizier in prächtiger Uniform, deren reiche

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