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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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taumelte unter ständigem Stoßen und Drängen an den Rand des Wassers hinunter. Es hätte keinen Sinn gehabt, sich zu widersetzen.
    Einstweilen konnte er nur vermuten, daß man Spendlove bewußtlos geschlagen hatte und daß er eben erst wieder zu sich gekommen war. Wahrscheinlich hatte man ihn ohnmächtig auf ein Maultier gepackt und hierher geschafft.
    »Schwimm!« wiederholte die Stimme, und zugleich schob ihn eine kräftige Hand immer näher zum Wasser. »Nein!« stieß Hornblower krächzend hervor. Das Gewässer kam ihm unermeßlich breit vor und war schwarz wie Tinte. Er stemmte sich mit aller Kraft gegen die Kerle, die ihn da hineintreiben wollten, und empfand es zugleich als eine unerträgliche Schmach, daß er, der britische Admiral, sich in seiner Rolle als Gefangener nicht viel anders benahm als ein widerspenstiges Kind. Jetzt führte einer der Leute neben ihm ein Maultier langsam ins Wasser.
    »Häng dich an den Schwanz!« sagte die Stimme, und schon fühlte er wieder die Messerspitze in seinem Rücken. Er griff also nach dem Schweif des Tiers und ließ sich verzweifelt vornüber ins Wasser fallen. Die Mula zappelte ein wenig, schwamm dann aber gleich zielbewußt los. Das Wasser war nur um weniges kühler als die warme Luft. Noch schienen kaum ein paar Sekunden vergangen, da patschte das Tier bereits den gegenüberliegenden Uferhang hinauf. Auch Hornblower faßte Grund und watete hinter ihm drein, seine durchnäßten Sachen trieften von Wasser. Der Rest der Bande kam mit den übrigen Tieren spritzend und schnaubend hinter ihm drein. Wieder legte sich eine Hand auf seine Schulter, drehte ihn zur Seite und zwang ihn weiterzugehen. Vor sich hörte er ein seltsames Knarren und Knirschen, dann schlug ihm ein pendelndes Etwas gegen die Brust. Er griff danach und hatte eine glatte Bambussprosse in der Hand, die an den Ranken eines lianenartigen Schlinggewächses hing - das ganze war eine primitive Art Jakobsleiter, die da von oben herabhing.
    »Hinauf!« sagte die Stimme. »Los!«
    Er konnte nicht, er wollte nicht - aber schon fühlte er wieder die Messerspitze im Rücken, also reckte er gehorsam die Arme, um eine Sprosse zu packen, und angelte mit den Beinen verzweifelt nach einer zweiten. »Hinauf!«
    Er begann zu klettern, die Leiter drehte sich unter seinen Füßen auf jene hinterlistige Art, die Jakobsleitern stets an sich haben. In der Finsternis war das eine widerwärtige Aufgabe, man mußte mit den Füßen die Sprossen ertasten, die einem immer wieder entschlüpfen wollten, und sich derweil mit den Händen krampfhaft festhalten, daß man nicht rutschte. Seine Schuhe drohten auf dem glatten Bambus abzugleiten, und die Hände fanden an den Schlinggewächsen keinen sicheren Griff.
    Jemand anderer kam hinter ihm hergeklettert, und die Leiter führte unter seinem Gewicht die unwahrscheinlichsten Tänze auf, so daß er wie ein Pendel in der Finsternis hin- und herschwebte. Verbissen strebte er von Sprosse zu Sprosse nach oben, seine Hände griffen so krampfhaft zu, daß es ihn jedes Mal einen Entschluß kostete, sie abwechselnd loszulassen und neuen Halt zu suchen. Endlich ließ das Kreisen und Schwingen nach, und als er wiederum nach oben langte, faßte seine Hand keine neue Sprosse mehr, sondern festen, felsigen Boden. Der nächste Augenblick war kritisch, er hatte keinen sicheren Griff mehr und hielt darum im Klettern inne, da er sich immerhin schon in erheblicher Höhe befand. Der Kerl unter ihm gab einen scharfen Befehl, darauf packte ihn eine Hand von oben beim Handgelenk und zerrte ihn mit aller Kraft weiter hinauf. Seine Füße bekamen die nächste Sprosse zu fassen, und gleich darauf lag er keuchend bäuchlings auf hartem Grund. Aber die Hand zerrte sofort weiter, und er kroch auf allen vieren vorwärts, um dem Mann, der ihm folgte, Platz zu machen. In seinem Elend hätte er am liebsten laut geschluchzt; er, der stolze, selbstbewußte Mann, der sich noch vor wenigen Stunden im Spiegel bewundert hatte, war nur noch ein Schatten seiner selbst.
    Er hörte die Schritte der anderen dicht neben sich. »Mylord, Mylord!«
    Das war Spendlove, der sich um ihn sorgte. »Spendlove!« antwortete er und setzte sich auf. Spendlove beugte sich zu ihm herab und fragte: »Wie geht es Ihnen, Mylord?«
    War es seinem Humor und der augenfälligen Lächerlichkeit ihrer Lage zuzuschreiben, verdankte er es seinem angeborenen Stolz oder nur der Macht der Gewohnheit, daß er sich alsbald wieder in die Gewalt bekam? »Danke«,

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