Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
Piraterie waren im wesentlichen unterbunden. Heute Abend war er einmal frei von jeder Verantwortung, es gab weit und breit keine Gefahr. Alles Bedrohliche lag irgendwo in der Ferne, weit hinter den Horizonten von Raum und Zeit. Er durfte sich ruhig und entspannt in die weichen Lederpolster des Wagens lehnen und brauchte nur ein bißchen achtzugeben, daß er den schwarzen Frack nicht beschmutzte und die sorgfältig gefaltete Hemdbrust nicht zerknitterte. Der Empfang bei Hough war dann natürlich wieder recht turbulent, und es schwirrte nur so von ›Mylord‹ und ›Eure Lordschaft‹ . Hough war ein großer, schwerreicher Pflanzer, der den englischen Winter so wenig schätzte, daß er nicht wie seine Kollegen den größeren Teil des Jahres durch Abwesenheit glänzte. Trotz seines Reichtums war er sehr stolz darauf, daß er heute einen Peer, einen Admiral und einen Oberbefehlshaber in einer Person zu Gast bei sich sah - wobei ihm der Gedanke nicht ganz fern lag, daß ihm dieser Mann durch seinen Einfluß irgendwann einmal nützen konnte.
    Er und Mrs. Hough begrüßten Hornblower mit einer Wärme, die auch auf Gerard und Spendlove ausstrahlte. Vielleicht dachte Hough insgeheim, daß er sein gutes Einvernehmen mit dem Oberbefehlshaber am wirksamsten festigen konnte, indem er auch mit dem Flaggleutnant und dem Sekretär angenehme Beziehungen pflegte. Lucy Hough war ein hübsches siebzehn-oder achtzehnjähriges Mädchen, aber sie war schließlich noch ein Kind, das gerade erst der Schule, um nicht zu sagen der Kinderstube entwachsen war, darum hatte er sich trotz ihrer netten Erscheinung nie so recht für sie interessiert. Als er sie jetzt mit einem Lächeln begrüßte, schlug sie schüchtern die Augen nieder, sah ihn wieder kurz an und wandte den Blick abermals zur Seite. Viel weniger schüchtern gab sie sich, als sie sich gleich darauf zu den jungen Männern wandte und ihre Verbeugungen entgegennahm. Die beiden schienen sie vom ersten Augenblick an lebhaft zu interessieren.
    »Wie ich höre, tanzen Eure Lordschaft nicht?« sagte Hough.
    »Beim Anblick von so viel Schönheit empfinde ich es schmerzhaft, an meine Mängel erinnert zu werden«, entgegnete Hornblower und warf abermals einen lächelnden Blick auf Mrs. Hough und Lucy.
    »Würden Sie an einem Rubber Whist Gefallen finden?«
    »Gut, kehren wir der Muse der Musik bedauernd den Rücken« - Hornblower versuchte immer so zu tun, als ob ihm die Musik etwas bedeutete - »und verehren wir statt ihrer die Göttin des Glücks.«
    »Nach dem, was ich über die Spielstärke Eurer Lordschaft gehört habe«, meinte Hough, »haben Eure Lordschaft von den Launen der Glücksgöttin wenig zu fürchten.« Der Ball hatte offenbar schon einige Zeit vor Hornblowers Eintreffen begonnen. Ein paar Dutzend junger Leute bevölkerten den großen Saal, an den Wänden entlang saßen die Ballmütter, und in der Ecke spielte ein Orchester. Hough führte seinen Gast in ein anderes Zimmer, Hornblower entließ seine beiden jungen Leute mit einem Nicken und setzte sich dann mit Hough und zwei stattlichen alten Damen zum Whist. Als sich die schwere Tür geschlossen hatte, hörte man glücklicherweise fast nichts mehr von dem scheußlichen Lärm der Musik; außerdem stellte sich heraus, daß die beiden alten Damen sehr gut spielten, so daß die nächste Stunde in angenehmster Weise verging. Dann machte Mrs. Hough dem Fluß des Spiels ein Ende. »Es ist Zeit zur Polonaise«, verkündete sie, »damit wir nachher zum Souper gehen können. Ich möchte Ihnen nahe legen, das Spiel zu unterbrechen und dem Tanz beizuwohnen.«
    »Ich stelle Eurer Lordschaft anheim...«, sagte Hough verbindlich.
    »Der Wunsch Mrs. Houghs ist mir Befehl.« Im Ballsaal herrschte natürlich eine erstickende Hitze. Die jungen Leute hatten rote, schweißglänzende Gesichter, aber man merkte ihnen nichts von Müdigkeit an, als sie, aufgepeitscht von dem geheimnisvollen Lärm der Musik in Doppelreihe zur Polonaise antraten. Spendlove führte Lucy an der Hand und tauschte verliebte Blicke mit ihr. Hornblower konnte von der olympischen Höhe seiner sechsundvierzig Jahre gelassen auf diese unreife Jugend herabblicken, die die Zwanzig noch nicht erreicht oder kaum erst hinter sich hatte, und nahm mit nachsichtiger Überlegenheit von dem Überschwang der Gefühle Notiz, der sich in ihrem Gehaben offenbarte. Der Lärm des Orchesters wurde immer lauter und verwirrender, aber das Jungvolk fand anscheinend doch irgendeinen Sinn in dem

Weitere Kostenlose Bücher