Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
den Deckel des Buches zurück und wies auf das unbedruckte Vorsatzblatt.
    »Was meinst du denn, was ich schreiben soll?« fragte Hornblower.
    »Bitt ihn um einen Pardon für uns - mit seinem Siegel drauf.«
    Offenbar hatte Johnson im Gespräch mit anderen Piraten etwas von einem ›Pardon unter Brief und Siegel‹ gehört und eine vage Vorstellung davon zurückbehalten. »Der Gouverneur wird sich nie auf ein solches Ansinnen einlassen.«
    »Dann schicke ich ihm deine Ohren. Wenn er noch nicht will, schicke ich ihm deine Nase.«
    Das war eine schauderhafte Aussicht. Hornblower warf einen kurzen Blick auf Spendlove - der war im Gesicht plötzlich so weiß wie ein Leintuch.
    »Du der Admiral«, beharrte Johnson, »du der Lord, der Gouverneur wird es tun.«
    »Das möchte ich bezweifeln«, sagte Hornblower. Er versuchte, sich den alten Polterer in Kingston, General Sir Augustus Hooper, vorzustellen und aus dem Bild dieses Mannes den Schluß zu ziehen, wie er reagierte, wenn man ihm mit Johnsons Ansinnen kam. Womöglich platzte ihm ein Blutgefäß, wenn man ihm ernstlich zumutete, zwei Dutzend richtiger Piraten das verwirkte Leben zu schenken. Wenn die Regierung zu Hause von der Geschichte erfuhr, waren ihre maßgebenden Männer gewiß höchst peinlich berührt. Der Ärger, der daraus entstand, richtete sich dann natürlich ganz von selbst gegen den Mann, der so dumm und naiv gewesen war, sich einfach entführen zu lassen und dadurch alle Beteiligten in eine lästige Zwangslage zu bringen. Dieser Gedankengang brachte ihn auf eine Frage: »Was hattet ihr überhaupt in dem Garten zu suchen?«
    »Wir haben gewartet, bis du heimgehst, aber du bist schon vorher gekommen.« Also ein vorbereiteter Anschlag...
    »Zurück!« schrie Johnson.
    Mit einer Fixigkeit, die bei seinem massigen Körper überraschte, tat er einen kurzen Satz nach hinten und stand, in den Knien federnd, mit erhobenem Säbel bereit, einen plötzlichen Angriff zu parieren. Hornblower warf einen überraschten Blick über die Schulter und sah gerade noch, wie Spendlove von seinem Vorhaben abließ. Er hatte schon jeden Muskel gespannt, um Johnson mit einem mächtigen Satz anzuspringen. Wäre es ihm gelungen, seinen Säbel an sich zu reißen und mit der Spitze auf Johnsons Kehle zu richten, so hätte sich ihre Lage mit einem Schlag von Grund auf geändert.
    Auf den Schrei kamen sofort ein paar von den Kerlen herbeigestürzt, einer von ihnen schwang eine Stange - anscheinend den Schaft einer ihrer Spitze beraubten Pike - und stieß sie Spendlove grausam mitten ins Gesicht. Spendlove taumelte zurück, der Angreifer holte schon mit seiner Stange aus, um ihn niederzuschlagen, da sprang Hornblower mit einem Satz dazwischen. »Halt!« donnerte er, dann maßen sie einander alle stumm mit den Blicken, und die Hochspannung ließ wieder etwas nach. Einer der Burschen näherte sich Hornblower von der Seite her, er trug ein blankes Entermesser in der Hand. »Ohr abschneiden?« fragte er Johnson über die Schulter hinweg.
    »Nein, noch nicht. Setzt euch, ihr beiden!« Als sie nicht gleich gehorchten, brüllte er zornig los: »Setzen, sage ich!«
    Das gezückte Entermesser ließ ihnen keine Wahl, sie kauerten sich gehorsam nieder und waren jetzt natürlich vollkommen wehrlos.
    »Willst du schreiben?« fragte Johnson. »Wart noch ein bißchen«, sagte Hornblower müde. In der augenblicklichen Lage fiel ihm beim besten Willen nichts Gescheiteres ein. Er suchte jetzt nur noch Zeit zu gewinnen und glich darin fast einem verzweifelten Kind, das sich zur Schlafenszeit dem eisernen Willen der Eltern gegenübersieht.
    »Gebt uns erst was zu essen«, sagte Spendlove. Am anderen Ende des Bandes brannte ein kleines Feuer, dessen Rauch sich wie ein dünner bläulicher Faden an der überhängenden Wand emporzog. Unter einem Dreifuß hing an einer eisernen Kette ein Topf über der Glut, daneben kauerten zwei Weiber, die sich um seinen Inhalt zu schaffen machten. An der Rückwand des Felsbandes waren Kisten, Krüge und Fässer gestapelt, in einem Gestell stand eine Reihe Musketen. Hornblower sah sich in eine Lage versetzt, wie sie in spannenden Unterhaltungsromanen mit Vorliebe geschildert wird: Er befand sich im Raubnest der Piraten. Was mochten diese Kisten enthalten? Vielleicht ungeahnte Schätze an Perlen und Gold. Wie alle anderen Seefahrer brauchten auch Piraten einen Stützpunkt an Land, und diese hatten ihn hier weit binnenlands eingerichtet, statt etwa eine kleine, unbewohnte Insel

Weitere Kostenlose Bücher