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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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flatterte auf der Victory schon das nächste Signal. ›Holen Sie ihn sofort an Bord. Kriegsgericht tritt zusammen.‹ Ein Kriegsgericht! Was mochte dieser McCool denn verbrochen haben? War er ein Deserteur? Aber die Verhaftung eines gewöhnlichen Deserteurs war doch keine Angelegenheit, mit der sich der Flottenchef persönlich zu befassen pflegte. Oder war er etwa ein Verräter? Verräter pflegte man auch nur ausnahmsweise an Bord abzuurteilen. Aber mochte dem sein wie immer, ein Wort des Kommandanten genügte, daß Hart wieder auf seine Prise zurückeilte, um seinen geheimnisvollen Gefangenen an Bord zu holen, während auf der Victory ein Signal um das andere hochging, um das Kriegsgericht auf die Renown einzuberufen.
    Hornblower war vollauf damit beschäftigt, die Signale abzulesen, und fand darum kaum Zeit für einen neugierigen Blick, als Hart seinen Häftling und dessen Seekiste an Backbordseite an Deck heißen ließ. Der Gefangene war jung, groß und schlank gewachsen, seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt - darum mußte er aufgeheißt werden. Er trug keine Kopfbedeckung, sein langes rotes Haar wehte lose im Wind. Seine blaue Uniform mit den roten Aufschlägen war offenbar die der französischen Infanterie. Der Name, diese Uniform und die roten Haare zusammengenommen ließen Hornblower alsbald vermuten, was dem Mann drohte. Dieser McCool war ohne Zweifel ein Ire. Hornblower wußte, daß während seiner Gefangenschaft in Ferrol in Irland ein blutiger Aufstand ausgebrochen war. Iren, die damals entkommen waren, hatten sich scharenweise in Frankreich zum Militärdienst gemeldet. Sicher war McCool einer von diesen Überläufern, aber das erklärte noch längst nicht, warum ihn der Admiral persönlich vor Gericht stellte, statt ihn wie üblich der zivilen Gerichtsbarkeit zu übergeben.
    Hornblower mußte noch eine Stunde warten, ehe er den Grund erfuhr. Er wurde erst darüber aufgeklärt, als um zwei Glasen, während der nächsten Wache, in der Messe das Dinner aufgetragen wurde.
    »Morgen früh haben wir eine hübsche kleine Feier zu erwarten«, sagte Clive, der Schiffsarzt, und fuhr sich mit einer Geste an den Hals, die Hornblower widerlich fand.
    »Ich hoffe, daß sich diese Hinrichtung heilsam auswirken wird«, sagte Roberts, der Zweite Offizier. Das untere Ende des Tisches, an dem er saß, war im Augenblick zum Kopf der Tafel avanciert, da Buckland, der Erste Offizier, durch die Vorbereitungen für das Kriegsgericht abgehalten war, an der Mahlzeit teilzunehmen.
    »Warum soll dieser Mann denn nun eigentlich hier an Bord gehängt werden?« fragte Hornblower.
    Roberts maß ihn mit einem verweisenden Blick. »Er ist ein Deserteur«, sagte er. »Aber Sie sind erst kurz an Bord und können es darum nicht wissen. Im Jahre 98 habe ich ihn selbst hier an Bord angemustert. Hart erkannte ihn auf den ersten Blick.«
    »Und ich dachte, er sei ein Aufständischer gewesen.«
    »Ja, das war er auch«, sagte Roberts. »1798 bot der Eintritt in das Heer oder in die Marine diesen Leuten die beste, ja wohl die einzige Möglichkeit, aus Irland herauszukommen.«
    »Jetzt verstehe ich«, sagte Hornblower.
    »Wir konnten in jenem Herbst an die hundert Mann bekommen«, sagte Leutnant Smith.
    Und kein Mensch fragte danach, wes Geistes Kind diese Burschen waren, dachte Hornblower. Das Vaterland lag in einem Kampf auf Leben und Tod und hatte darum Seeleute so nötig wie ein Ertrinkender die Atemluft. Da war eben jeder menschliche Rohstoff gut genug, sie daraus zu schaffen.
    »Unser McCool desertierte in einer finsteren Nacht, als wir in Flaute vor Penmarks lagen«, erklärte Roberts. »Er kroch durch eine Geschützpforte der untersten Batterie und nahm eine Gräting mit, die ihn im Wasser trug. Wir glaubten erst, er sei ertrunken, aber dann kam Nachricht aus Paris, daß er dort wieder seinem alten Geschäft nachging. Ja, er brüstete sich sogar damit, und dadurch erfuhren wir, daß er O'Shaughnessy war. Unter diesem Namen hatten wir ihn nämlich hier an Bord.«
    »Wolfe Tone trug auch eine französische Uniform«, sagte Smith. »Dennoch hätte man ihn aufgehängt, wenn er sich nicht selbst vorher die Gurgel durchgeschnitten hätte.«
    »Die fremde Uniform kann einen Deserteur nur zusätzlich belasten«, sagte Roberts.
    Hornblower hatte jetzt eine Menge Stoff zum Nachdenken.
    Da war vor allem diese widerliche Aussicht auf die Exekution, die morgen früh stattfinden sollte. Dann ging ihm die irische Frage durch den Kopf, für die es

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