Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
reichen Leuten, die über die Alten Bescheid wussten, weil sie im Tagebuch eines alten Mönchs davon gelesen hatten. Sie wussten, dass die Alten kommen würden, aber sie wussten auch von den Fünf. Die einzige Aufgabe des Nexus war es, uns bei unserem Kampf gegen die Alten zu unterstützen.
Aber da gibt es noch etwas. Vor sehr, sehr langer Zeit hat jemand überall auf der Welt gewisse Türen erbaut, die es uns erlauben, von einem Ort zum anderen zu reisen, ohne Schiffe oder Flugzeuge benutzen zu müssen. Da war eine Tür am Lake Tahoe, die uns nach Peru gebracht hat. Und eine andere in Hongkong, die mich hierher befördert hat.“ Er deutete auf den dunklen Schatten hinter sich. „Das ist eine von diesen Türen. Ich war gerade durch sie hindurchgegangen, als du mich entdeckt hast. Sie sollte mich zurückbringen können. Ich verstehe nicht, wieso das nicht funktioniert.“
„Eine magische Tür“, sagte ich, und obwohl ich es verächtlich sagen wollte, ergab es merkwürdigerweise einen Sinn. Schließlich hatte ich Jamie ankommen sehen. Er war aus dem Nichts hervorgetreten, genau wie er gesagt hatte. Und ich hatte keine andere Erklärung, wie er sonst hergekommen sein konnte.
„Ja, man könnte wohl sagen, dass die Türen irgendwie magisch sind“, bestätigte Jamie. „Deswegen befinden sie sich auch alle in Kirchen oder an heiligen Orten. Im Laufe der Zeit ahnten die Menschen, dass sie eine besondere Bedeutung hatten, und bauten ihre Gotteshäuser um sie herum. Aber sie haben alles über die Alten vergessen und wissen auch nichts von den Torhütern.“
Ich stolperte im Dunkeln auf die Tür zu, öffnete sie und schloss sie wieder. „Wieso funktioniert sie nicht?“, fragte ich.
„Das sagte ich doch schon – ich weiß es nicht. Wir waren im Tai Shan Tempel in Hongkong … wir fünf. Es war unglaublich, dass wir uns zum ersten Mal alle getroffen hatten. Das hätte alles beenden sollen. Jedenfalls dachte ich das. Aber dann ging alles schief. Es gab einen Taifun und das Gebäude wäre garantiert eingestürzt, wenn Scarlett nicht gewesen wäre und den Sturm von uns ferngehalten hätte. Aber dann wurde Scarlett angeschossen. Sie stand direkt neben mir und ich glaube, dass diese Kugel mir gegolten hat. Auf jeden Fall ging danach alles ganz schnell. Es war, als stünde man mitten in einer Kernexplosion. Wir mussten sofort verschwinden und unsere einzige Chance war es, durch die Tür zu springen. Ich nehme an, dass ich von irgendwelchen herumfliegenden Trümmern getroffen wurde, was erklärt, wieso ich geblutet habe, als du mich gefunden hast.“
„Wieso bist du hierhergekommen?“, fragte ich.
„Ich weiß es nicht.“ Jamie schüttelte den Kopf. „Ich habe aber schon eine ganze Weile darüber nachgedacht, und soweit ich weiß, funktioniert es folgendermaßen:
Die Türen befördern einen zwar, aber man muss wissen, wohin man will. Aber wir hatten es so eilig, dass wir einfach hineingesprungen und an allen möglichen Orten wieder herausgekommen sind. Und ich bin hier gelandet.“ Es war nicht zu überhören, wie sehr ihn das betrübte. „Wir sind wieder da, wo wir angefangen haben“, fuhr er fort. „Nur dass es jetzt noch schlimmer ist. Scott und ich waren fast noch nie voneinander getrennt, und jetzt kann ich ihn nicht finden … nicht einmal in der Traumwelt. Ich kann keinen von ihnen finden. Und die Tür funktioniert nicht mehr. Ich sitze hier fest. Und ich bin allein.“
„Da ist noch etwas anderes“, sagte ich. Ich musste an den Steckbrief denken, den ich in der Kirche gesehen hatte. Die Fotos waren vor zehn Jahren aufgenommen worden, aber Jamie hatte darauf genauso ausgesehen wie jetzt. Auf eine erschreckende Weise passten die Puzzleteile ineinander.
„Was?“
„Ich weiß, dass Hongkong von einem schweren Taifun verwüstet wurde. Die Hälfte der Stadt wurde dem Erdboden gleichgemacht und es gab Tausende Tote. Das hat uns Miss Keyland in der Schule beigebracht. Aber das geschah nicht vor zwei Wochen, Jamie. Es geschah auch nicht am Tag deiner Ankunft. Es ist zehn Jahre her, zehn Jahre …“
Schweigend erkannten wir, was das bedeutete. Worte waren unnötig. Ich hatte genug Bücher gelesen, um zu begreifen, was geschehen war. Als Jamie aus dem Tai Shan Tempel in Hongkong geflohen war, hatte er nicht nur einen Sprung durch die Welt gemacht, sondern auch einen Zeitsprung.
Er war vor zehn Jahren aus Hongkong entkommen und in der Zwischenzeit hatte sich die ganze Welt verändert. Und jetzt war er
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