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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Tristram half in der Schule. Sie wohnte nicht weit von uns auf der anderen Seite der Tankstelle. „Es geht ihr nicht gut.“
    Ich warf einen Blick nach unten. Miss Keyland trug stabile Wanderschuhe.
    „Ich dachte, dass ihr ein Spaziergang guttun würde“, erklärte sie.
    Sie eilte weiter und im nächsten Augenblick war Jamie an meiner Seite. „Holly, wir müssen reden“, sagte er.
    George warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Dann lasse ich euch beide allein.“ Er stand auf und ging in Richtung Band.
    „George …!“, rief ich ihm nach, aber er drehte sich nicht einmal um. „Was ist?“, fragte ich Jamie und gab mir keine Mühe, meine Gereiztheit zu verbergen.
    „Wir müssen ihr folgen“, sagte Jamie. Er war jetzt direkt neben mir und sprach eindringlich auf mich ein.
    „Wem?“
    „Miss Keyland.“
    „Wieso?“
    „Sie hat eine Entscheidung getroffen, was mich angeht. Sie denkt, dass es ein Fehler war, mich nicht der Polizei zu übergeben. Genau das hat sie jetzt vor. Sie will die Belohnung kassieren.“
    „Nein!“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich kenne Miss Keyland schon mein ganzes Leben. Sie war meine Lehrerin … und eine Freundin. So etwas würde sie niemals tun.“
    „Wenn ich es dir sage. Sie ist auf dem Weg. Wir müssen ihr folgen. Ich kann nicht allein gehen. Ich war noch nie jenseits der Außenwachen.“
    „Aber wie kommst du darauf, dass sie dich verraten will? Das kannst du gar nicht wissen.“
    „Doch, das kann ich, Holly. Ich habe ihre Gedanken gelesen.“
    Das zu glauben, fiel mir immer noch schwer. Jamie hatte mir zwar von seiner Begabung erzählt und ich hatte sie am eigenen Leib gespürt. Aber war es wirklich denkbar, dass die liebe alte Miss Keyland sich der Entscheidung des Rates widersetzte und uns alle in Gefahr brachte? Ich dachte daran, was sie gerade gesagt hatte -dass sie eine kranke Freundin besuchen würde. In Wanderschuhen. „Also gut“, sagte ich. „Finden wir heraus, wohin sie geht.“
    Ich warf einen Blick in die Richtung, in die George verschwunden war, doch er war bereits in der Menschenmenge untergetaucht. Was er wohl denken würde, wenn er zurückkam und ich nicht mehr da war? Aber ich hatte keine Zeit mehr, mir darüber Sorgen zu machen. Jamie war bereits losgegangen und folgte Miss Keyland in gebührendem Abstand. Ich rannte ihm nach und wir verfolgten sie durch das Dorf, vorbei an den modernen Häusern – auch an unserem. Die Straße führte den Hügel hinauf und dann wieder hinab in eine Senke. Dort hörten die weißen Fahrbahnmarkierungen auf und ein Stück weiter endete der Asphalt, der ab hier aufgehackt worden war und an dessen Stelle jetzt Schlamm und Grasbüschel getreten waren. Das äußerste Ende des Dorfes markierte ein gelber Bus, der einst Passagiere in die umliegenden Dörfer befördert hatte, jetzt aber auf der Seite lag und mit eingeschlagenen Fenstern vor sich hin rottete. Die Sitze und der Motor waren längst anderen Verwendungen zugeführt worden. Miss Keyland ging daran vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Mich machte der Anblick traurig. Ich war mit meiner Mutter in diesem Bus gefahren – mehrmals sogar –, und obwohl das Jahre her war, weckte er schmerzliche Erinnerungen.
    Der Wald reichte bis ans Dorf, was ein Glück war, denn über offenes Ackerland hätten wir Miss Keyland unmöglich verfolgen können. Ich wusste inzwischen, dass Jamie recht hatte – obwohl ich eigentlich gar nicht daran gezweifelt hatte. Miss Keyland besuchte eindeutig keine Freundin.
    In meinen Erinnerungen war der Wald ein wundervoller Ort, im Frühjahr voller Glockenblumen, kühl und duftend im Sommer, irgendwie anheimelnd selbst im Herbst, wenn die Blätter fielen und er schließlich unter einer Schneedecke verschwand. Eigentlich hätte man davon ausgehen müssen, dass er in all diesen Jahren, in denen er sich selbst überlassen war, zu einer perfekten Wildnis mutiert wäre, einem idealen Lebensraum für Waldtiere und Vögel. Doch das war nicht geschehen. Der Wald war düster und trostlos. Unkraut, Disteln und Dornengestrüpp hatten die Oberhand gewonnen. Wie ich von meinen stundenlangen Jagdausflügen wusste, gab es immer weniger Tiere, als wären all die Füchse, Rehe und Kaninchen verschluckt und erstickt worden.
    Sogar das Laub schien jetzt eine andere Farbe zu haben. Es war so langsam vor sich gegangen, dass ich unmöglich sagen konnte, wann es angefangen hatte. Aber im Herbst färbten sich die Blätter nicht mehr golden. Sie starben

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