Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
Vom Netzwerk:
endlich angekommen.
    Viel zu spät.

5
     
     
    Zurück an die Arbeit. Alle Dorfbewohner arbeiteten fast ohne Pause, aber nicht nur, weil wir Nahrungsmittel produzieren und uns auf den Winter vorbereiten mussten, sondern weil wir andernfalls gemerkt hätten, wie sinnlos alles war. Wir lebten eigentlich gar nicht. Wir überlebten nur. Aber ich war damals noch zu jung, um den Unterschied zu erkennen.
    Jamie und George wurden nicht bestraft. Vielleicht wollte der Rat ein Zugeständnis machen, weil Jamie noch neu war, oder das Ganze war nicht ernst genug, um irgendwen zu beunruhigen. Jungs sind nun mal Jungs und all das. Wir verbrachten ein paar unruhige Tage, in denen wir darauf warteten, dass jemand an die Tür klopfte, doch das passierte nicht und so geriet die ganze Sache in Vergessenheit – zumindest äußerlich. Jamie und George vertrugen sich und prügelten sich nicht noch einmal, aber sie gingen einander aus dem Weg. Wenn einer von ihnen ins Zimmer kam, erfand der andere recht schnell eine Ausrede, um es zu verlassen.
    Ich versuchte, mit George darüber zu reden, aber es hatte keinen Sinn. „Du bist nicht mehr dieselbe, seit er hier ist, Holly“, sagte er traurig. „Ich weiß nicht, wieso du dich immer auf seine Seite stellst.“ Das tat ich zwar nicht, aber seit Jamie mir seine Geschichte erzählt hatte, war ich ein Teil seiner Welt geworden, gewissermaßen seine Komplizin, ob ich das wollte oder nicht. Mir wurde bewusst, dass ich nicht mehr aufhören konnte, über die Alten nachzudenken, und ich fragte mich, ob sie womöglich dafür verantwortlich waren, wie wir jetzt lebten.
    Es war leichter geworden, mit Jamie zu reden. Vielleicht, weil ich nicht über seine Geschichte gelacht hatte und er wusste, dass er mir trauen konnte. Er gestand mir, dass er an einem Plan arbeitete, sich zu verdrücken. Er wollte durch den Wald fliehen und Richtung Süden nach London gehen, obwohl ich mein Bestes gab, ihm das auszureden. Zuerst würde er an den Außenwachen vorbeikommen müssen, ohne gesehen zu werden. Dann musste er im Wald überleben – ohne Essen und Trinken. Das gesamte Trinkwasser des Ortes kam aus einem einzigen Brunnen und selbst das musste abgekocht werden, bevor es genießbar war. Aber draußen gab es gar nichts. London war unendlich weit weg. Ich hatte in der Schule zwar Bilder davon gesehen, aber keine Ahnung, wie es jetzt dort aussah. Das wusste niemand.
    „Was soll ich denn sonst tun, Holly?“, fragte Jamie verzweifelt.
    „Du kannst doch hierbleiben.“
    „Und was wird aus meinem Bruder? Was ist mit Matt und den anderen? Soll ich die einfach vergessen?“
    „Aber was soll es bringen, nach London zu gehen?“
    „Da gibt es noch eine weitere Tür in einer Kirche, die St. Meredith’s heißt. Wenn ich sie finde, funktioniert sie vielleicht noch. Dann kann ich sie benutzen, um zurückzugehen.“
    Aber wohin wollte er zurück? Hongkong existierte nicht mehr, jedenfalls nicht mehr viel davon. Und was mochte mit den anderen Städten mit Geheimtüren passiert sein? In zehn Jahren konnte sich vieles verändern und wie ich annahm, nicht zum Besseren.
    Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, aber das spielte keine Rolle, denn wie sich herausstellte, war Jamies Zeit im Dorf fast abgelaufen – und meine auch.
    Es war ein Feiertag. Wir hatten gelegentlich einen freien Tag, und dies war ein schöner, sonniger Nachmittag und alle waren bester Laune. Ein Großteil der Dorfbewohner hatte sich auf dem Marktplatz eingefunden, wo sie einer kleinen Band mit dem Namen Die Optimisten zuhörten, auch wenn deren Gitarren verstimmt waren und jeder die Lieder schon hundert Mal gehört hatte. Es gab Suppe und belegte Brote und die Bäckerei hatte sogar ein paar Donuts gezaubert, die allerdings besser geschmeckt hätten, wenn wir noch Zucker gehabt hätten. Einige der kleineren Kinder spielten Fußball. Die Erwachsenen, vor allem die älteren, trugen ihre besten Sachen. Wenn ich an das Dorf zurückdenke, erinnere ich mich am liebsten an diese Szenen. Wir besaßen nur wenig, aber gelegentlich konnten wir richtig ausgelassen sein.
    Ich saß mit George am Rand des Marktplatzes, wo die Straße um das Gemeinschaftshaus herumführte, und da entdeckte ich Miss Keyland, die nicht mitfeierte, sondern eilig irgendwohin strebte.
    Ich rief ihren Namen.
    „Oh … Holly!“ Sie war außer Atem und hatte rote Flecken im Gesicht.
    „Bleiben Sie nicht?“, fragte ich.
    „Nein, Liebes. Ich bin auf dem Weg zu Miss Tristram.“ Mary

Weitere Kostenlose Bücher