Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
lang gelegt. Ich konnte sogar ein Stück blauen Himmel sehen.“
„Das war ich. Zumindest glaube ich, dass ich es war. Eigentlich habe ich nur experimentiert. Ich wollte sehen, was passiert, und habe meinen Willen eingesetzt, damit der Sandsturm aufhört. Und er hat es für einen Moment getan. Ich konnte es allerdings nur ungefähr fünf Minuten durchhalten …“
„An deiner Stelle würde ich weiterüben. Wenn wir von hier verschwinden wollen, werden wir alle Hilfe brauchen, die wir kriegen können.“
Das war am Vortag gewesen. Und nun war Samir bei ihnen, ein dünner, ernsthafter Mann, der an der Kairoer Universität studiert hatte, als der Krieg ausbrach, und der mit seinem mickrigen Bärtchen und der Nickelbrille immer noch aussah wie ein Student. Er war in einem der früheren Gefechte verwundet worden. Scarlett hatte ihn einmal mit offenem Hemd gesehen. Seine gesamte Brust war mit Narbengewebe überzogen. Aber er beschwerte sich niemals. Er war Tarik treu ergeben. Und es empörte ihn mehr als alle anderen, dass Scarlett ihre Hilfe verweigert hatte.
Er grüßte sie nicht. Er versuchte nicht einmal, freundlieh oder höflich aufzutreten. Er marschierte einfach ins Zimmer, begleitet von zwei Soldaten und Albert Remy im Gefolge. „Sie werden Kairo morgen früh verlassen“, sagte er.
„Wohin werden sie gehen?“, fragte Remy. Richard hatte den Eindruck, dass der Franzose seit ihrer Ankunft deutlich gealtert war. Er wirkte müde und hatte mehr Falten im Gesicht als vorher.
„Nach Dubai.“
Das ergab halbwegs Sinn. Wie Remy ihnen erklärt hatte, bezog die Rebellenarmee ihren Nachschub aus Dubai. Es war immer noch ein unabhängiges Land mit einer funktionierenden Regierung und einem betriebsbereiten Flughafen – allerdings hatte schon lange niemand mehr etwas von dort gehört. Ganz abgesehen davon, dass es ihnen nichts brachte, dorthin zu fahren. Es war eine lange Reise ins Nirgendwo.
„Was sollen wir da?“, fragte Richard. „Die Tür ist hier, in Ägypten, bei den Pyramiden. Das ist unser Weg nach draußen.“
„Das wurde Ihnen bereits erklärt, Mr Cole. Ein Angriff auf die Pyramiden ist nicht durchführbar. Sie werden zu gut bewacht.“
„Und wie wollen Sie uns nach Dubai bringen? Sollen wir den Bus nehmen?“
„Das brauchen Sie nicht zu wissen. Ihr Transport ist arrangiert. Sie müssen nur wissen, dass Sie bei Morgengrauen abreisen werden. Sechs Uhr. Heute werden Sie sich früh in Ihre Zimmer zurückziehen und sie nicht wieder verlassen. Tarik kommt morgen früh und begleitet Sie auf dem ersten Teilstück Ihrer Reise.“ Er sah Remy an. „Sie werden ebenfalls gehen, Mr Remy. Sie werden hier nicht mehr gebraucht und haben keinen Grund, noch länger zu bleiben.“
„Natürlich. Mein Platz ist bei Scarlett.“
„Und was passiert, wenn wir da sind?“, fragte Richard. Er wusste nicht genau, wieso, aber etwas störte ihn an dieser Sache, und es gelang ihm nicht, sein Misstrauen zu verbergen.
„Das ist nicht unser Problem. Sie wollen Ihre Freunde finden. Sie können von dort damit anfangen. Sechs Uhr morgen früh. Seien Sie bereit.“ Samir und die beiden Soldaten machten abrupt kehrt und verschwanden.
Scarlett sah nicht viel glücklicher aus als Richard, aber Remy war begeistert. „Ich sagte doch, dass Tarik eine Lösung finden würde!“, rief er. „Ich habe keine Ahnung, was es ihn gekostet hat – an Zeit und Planung –, das für uns zu arrangieren.“
„Und was hat er davon?“, fragte Richard.
„Sie verstehen den Mann nicht“, entgegnete Remy. „Er tut das Richtige, einfach, weil es das ist, was er immer tut.“
„Was ist mit Dubai?“, fragte Scarlett. „Ist es da genauso wie hier?“
„Ich war zuletzt vor drei Jahren dort, aber es gibt keine Kämpfe in Dubai“, sagte Remy. „Wir werden dort andere Mitglieder des Nexus treffen, die schon auf uns warten. Es ist viel besser, als hier herumzusitzen.“
„Aber es gibt keine Tür in Dubai. Nicht wie in der Pyramide.“
„Dafür gibt es dort Flugzeuge. Und Autos. Und Benzin und gutes Essen. Bitte mach dir keine Sorgen, Scarlett. Ich schwöre dir, dass es so am besten ist.“
Aber auch später, lange nach Einbruch der Dunkelheit, waren Scarlett und Richard immer noch beunruhigt. Sie saßen in Richards Zimmer und obwohl sie eigentlich schlafen sollten, war beiden klar, dass sie bis zum Morgengrauen kein Auge zumachen würden.
„Ich finde, wir sollten uns einfach davonschleichen“, sagte Scarlett. „Wenn wir es bis zur
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