Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
zu wissen, was er vielleicht finden würde. Auf den Vorder- und Rücksitzen war nichts außer zerrissenen Polstern und Sand. Er öffnete die Motorhaube, warf einen Blick auf den Motor und drückte die Haube leise wieder zu. Er wusste immer noch nicht, wonach er suchte, aber er hatte gehört, wie die Motorhaube zugeworfen worden war, also musste es etwas am Motor gewesen sein, für das sich Tarik und seine Männer interessiert hatten. Er begann, den zweiten Jeep zu untersuchen, obwohl er überzeugt war, nur seine Zeit zu verschwenden. Wonach suchte er überhaupt? Das war doch lächerlich.
Er klappte die Haube auf und betrachtete den Motor.
Nein.
Das konnte nicht sein.
Er konnte nicht glauben, was er da sah.
Richard wusste, dass er jetzt die schwierigste Entscheidung seines Lebens treffen musste. Er ließ die Motorhaube wieder sinken, diesmal aber ganz, ganz langsam. Einen Moment lang stand er nur da, die Hände auf dem Metall. Er schaute durchs Fenster auf die Perlenkette, die am Lenkrad hing. Er dachte an das Foto, das am Armaturenbrett klebte. Ja, es war machbar. Aber war es auch das Richtige?
Seine Entscheidung stand fest. Es gab keine andere Möglichkeit. Er trat vom Jeep zurück und machte sich auf die Suche nach einem Schraubenzieher.
Eine halbe Stunde später kehrte Richard in das Gebäude zurück, in dem er und Scarlett untergebracht waren. Er kam in dem Augenblick dort an, als Samir gehen wollte, und der Offizier sah ihn misstrauisch an.
„Was haben Sie hier draußen zu suchen?“, fuhr er ihn an.
„Ich habe nur hier gewartet“, behauptete Richard unschuldig.
„Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie das Zimmer nicht verlassen dürfen.“
„Ich musste es verlassen, weil Scarlett krank war. Wie geht es ihr?“
Samir machte ein mürrisches Gesicht. „Ihr fehlt nichts. Sie hat über Magenschmerzen geklagt, aber der Arzt hat sie untersucht und konnte nichts finden.“
„Nun, man kann nicht vorsichtig genug sein“, murmelte Richard. „All dieses fremde Essen …“
Samir fand das nicht witzig. „Sie müssen jetzt reingehen.“ Der Soldat, der von Anfang an da gewesen war, tauchte wieder auf und Samir sagte etwas auf Arabisch zu ihm. „Es ist spät“, knurrte er Richard an. „Ich sehe Sie morgen.“
„Sechs Uhr“, bestätigte Richard. „Ich muss sagen, ich bin froh, von hier wegzukommen.“
Samir antwortete nicht und marschierte in die Nacht.
Scarlett wartete schon auf Richard. „Hast du was gefunden?“, fragte sie. „Ich habe eine Riesenshow abgezogen. Es war ein ganzer Haufen von denen hier. Ich habe mich herumgewälzt und die Augen verdreht. Die haben mich gezwungen, irgendeine eklige Medizin zu schlucken, und dann musste ich so tun, als ginge es mir besser. Ich wusste ja nicht, wie lange du weg sein würdest.“
„Ich fürchte, es war Zeitverschwendung“, sagte Richard.
„Also hast du dich geirrt.“
„Sieht so aus. Vielleicht hätten wir lieber schlafen gehen sollen.“
Er konnte ihr nicht sagen, was er gefunden hatte. Und er konnte ihr auch nicht sagen, was er getan hatte. Richard hatte beschlossen, einfach abzuwarten und zu hoffen, dass alles so klappte, wie er es geplant hatte.
Er hoffte nur, dass er keinen schrecklichen Fehler gemacht hatte.
16
Um sechs Uhr am nächsten Morgen war es noch dunkel. Falls die Sonne schon aufgegangen war, fehlte ihr die Kraft, die Wolken zu durchdringen. Der Wind hatte aufgefrischt und der Sandsturm war schlimmer als üblich. Der Sand fegte über den Boden, peitschte auf der Haut und blendete jeden, der den Fehler machte, in die falsche Richtung zu sehen.
Richard und Scarlett trugen dieselben Sachen wie bei ihrer Ankunft – sie waren in der vergangenen Nacht sogar extra noch gewaschen und gebügelt worden. Richard hatte seinen Rucksack dabei. Albert Remy war in einem verknitterten Safarianzug aufgetaucht, der aussah wie etwas, das ein Archäologe vor etwa vierzig Jahren getragen haben würde, und außerdem schleppte er einen Reisekoffer mit, der von zwei Lederriemen zugehalten wurde. Natürlich lebte er schon sehr lange in Kairo, aber Richard fragte sich trotzdem, was wohl so wertvoll war, dass er es mitnehmen musste. Vielleicht war der Koffer voll Sand, um ihn an seine Zeit in der Wüste zu erinnern. Der Franzose wirkte aufgeregt und auch ein wenig nervös. Dies war der Tag, auf den er gewartet hatte. Nach zehn langen Jahren hatte er Scarlett endlich gefunden und nahm sie jetzt mit, damit sie ihren Kampf weiterführen
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