Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch
als hätten sie ihr Leben lang gekämpft.
Sie hatten Scott und Matt nebeneinander begraben. Nicht weit von der Stelle entfernt, an der sie gestorben waren, hatten sie sie mit Eis und Schnee bedeckt und zwei schlichte Grabsteine aufgestellt – zwei Stücke grauen Granit, in den Lohan mit seinem Messer einen fünfzackigen Stern geritzt hatte. Jamie hatte für beide gesprochen, während sie um das Grab standen.
„Scott … du kannst mich nicht hören und würdest mir wahrscheinlich ohnehin sagen, dass ich den Schnabel halten soll, aber ich möchte dich wissen lassen, dass du in vieler Hinsicht der Beste von uns warst. Sie haben dich uns gleich zu Anfang weggenommen und ich weiß, wie sehr sie dir wehgetan haben, um dich zu einem von ihnen zu machen. Aber am Ende warst du stärker als sie alle zusammen und hast sie besiegt. Wenn du nicht gewesen wärst, hätten wir nie herkommen können. Du hast die Tür für uns aufgemacht, obwohl du genau wusstest, was das für dich bedeutet. Und ich bin so froh, dass ich dich noch sehen und bei dir sein konnte. Du warst der beste Bruder, den man haben kann. Ich werde immer an dich denken und dich nie vergessen.
Und Matt. Was kann ich zu dir sagen? Du warst mein Freund. Du warst unser Anführer. Ich weiß immer noch nicht, woher du das alles wusstest, aber ich bin überzeugt, dass Scott dich nicht verraten hat. Nicht wirklich. Er hat getan, was du von ihm erwartet hast – das haben wir alle –, und du hast all das Leid und den Tod auf dich genommen, damit alles so geschehen konnte, wie es vorherbestimmt war …“
Es war merkwürdig, eine Grabrede zu halten, obwohl jeder Außenstehende gedacht hätte, dass Scott und Matt noch da waren. Aber Jamie wusste es besser. Sie waren gleich, aber trotzdem anders. Sie hatten vor zehntausend Jahren gelebt – Spiegelbilder, getrennt durch eine Kluft aus Zeit. Er hatte schon einmal an Saplings Stelle treten müssen und wusste besser als jeder andere, wie ungewohnt es war, sein zweites Ich leben zu müssen.
Seit der Beerdigung waren ein paar Stunden vergangen. Es war später Abend, doch der Himmel war immer noch hell. Der Schneefall hatte aufgehört und deshalb hatten sie auf dem Eis ein Lagerfeuer entzündet, denn keiner von ihnen wollte sich in die gestrandeten Flugzeuge oder die verlassenen Zelte zurückziehen. Lohan hatte Teppiche, Decken und Kissen geholt und sie rund ums Feuer ausgebreitet und es war ihm auch gelungen, erstaunlich viel Essen zu organisieren, das bei der Evakuierung zurückgelassen worden war. Er und Holly übernahmen das Kochen. Sie hatte den anderen ein Festessen versprochen, auch wenn es eine ziemlich einsame Feier sein würde. Sie waren vermutlich die einzigen Menschen auf dem ganzen Kontinent, vollkommen allein inmitten dieser unendlichen Weite.
Von den fünf Torhütern war Pedro der glücklichste. Es erfüllte ihn mit tiefer Zufriedenheit, endlich wieder mit den anderen vereint zu sein, die Tasse mit der heißen Suppe zu genießen, die Holly ihm gegeben hatte, und sich angeregt mit Scarlett zu unterhalten, die neben ihm saß. Er erzählte ihr von seiner Flucht aus dem Castel Nuovo und ließ offensichtlich kein Detail aus, denn Jamie sah, wie Scarlett zurückzuckte und angewidert die Nase verzog. Er saß auf der anderen Seite des Feuers bei Flint und teilte sich mit ihm eine Flasche Rotwein.
„Wie bist du hergekommen?“, fragte Jamie.
„Ich weiß es nicht“, antwortete Flint. „Wir beide waren erst gestern zusammen. Zumindest für mich war es erst gestern. Wir haben in der Schlacht gekämpft. Wir sind ins Bett gegangen. Und dann bin ich hier wieder aufgewacht und Matt hat gesagt, dass ich in den Jeep steigen soll. Ich konnte nicht fassen, dass ich das Ganze ein zweites Mal durchmachen sollte!“
„Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen.“
„Tut mir leid, dass du es musstest, Jamie. Als ich hier ankam, wusste ich sofort, was es bedeutet. Scott …“
„Ich kann nicht glauben, dass Scott tot ist, während ich hier sitze und mit dir rede“, sagte Jamie. Er dachte kurz nach. „Ich schätze, du musst bald gehen, wie ich damals auch.“ Es war ein deprimierender Gedanke, allein zurückbleiben zu müssen.
„Ich bin nicht sicher“, sagte Flint. „Ich denke, Matt wird es uns sagen.“
Holly kam zurück und schleppte sich mit einem großen dampfenden Topf ab. Jamie warf ihr einen Blick zu und lächelte. Scarlett und Pedro hatten sie bereits ins Herz geschlossen. Holly hatte ihr ganzes Leben in
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