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Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)

Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)

Titel: Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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verstehen gewesen sein.
    Edmond lächelt karg und wendet sich zur Tür. Im dunklen Flur sind die Kerzen heruntergebrannt und erloschen. So lange haben wir wieder vor dem Kamin gesessen und stumm den Flammen zugeschaut. Oft wird dabei mein Blick so starr, dass ich anfange, Dinge darin zu sehen, die mir meine Einbildung eingibt; ich nehme sie dankbar an, denn es sind Bilder von ihr, von meiner so plötzlich tragisch verstorbenen Gemahlin, die zugleich Edmonds Schwester war.
    Nachdem mein Freund gegangen ist, verharre ich noch eine Weile in der offenen Tür und lausche dem Zweispänner nach, der zum Schatten unter Schatten wird.
    Wie mein Leben, denke ich, und mir ist, als sauge mein Atem nicht nur die Kühle der Nacht, sondern auch ihr sternenloses Dunkel ein. Am Himmel treiben Wolkenberge, es riecht nach Regen.
    In solchen Nächten saß ich oft mit Elisabeth auf unserer Lieblingsbank im Garten. Sie liebte Wolken mehr als Sterne. Damals fand ich das erstaunlich, heute bin ich es, der den Glanz der fernen Sonnen nicht erträgt.
    Gottes Schöpfung.
    Bitterkeit tränkt jedes dieser Worte.
    Statt zurückzugehen ins Kaminzimmer, greife ich noch im Flur nach einer Lampe und entzünde sie mit einem Schwefelholz. Aus der Schublade einer Kommode nahe der Tür nehme ich einen Stumpen Kreide und stecke ihn ein. Wenig später schon schreite ich den gepflasterten Pfad entlang, der mich hinters Haus und bis zu der Gruft führt, in der schon meine Großeltern und Eltern sowie meine bereits im Säuglingsalter verstorbene Schwester beigesetzt wurden. Die Familiengruft erinnert von außen an einen griechischen, von Säulen gestützten Tempel, zu dessen Eingang acht Stufen emporführen.
    Die Acht war für uns Crowleys immer von mythischer Bedeutung. So ging beispielsweise aus den acht Menschen, die die Sintflut überlebten, das neue Menschengeschlecht hervor, wie mein bibelfester Vater mir einst erklärte.
    Mit jedem Schritt, den ich mich der Gruft nähere, wird mir klammer ums Herz. Der Schein der Lampe lässt das Dunkel zurückweichen wie ein Rudel scheuer Tiere. Erstes Herbstlaub säumt den Weg. Die großen alten Bäume wiegen sich in einem steten Wind, als wären es Ungeheuer, die sich in falscher Höflichkeit vor mir verbeugen.
    Vor der Gruft bleibe ich stehen und lausche, weil mir für einen Moment war, als hörte ich eine Stimme. Doch ich muss mich getäuscht haben. Steif steige ich Stufe um Stufe nach oben. Vor der Tür aus geschwärztem Eichenholz bleibe ich stehen. Das Lampenlicht erfasst mein Familienwappen, wie es oben auf dem sandsteinernen Gewände des Eingangs prangt. Es zeigt zwei Engel, die nebeneinanderstehen und sich auf ihre flammenden Schwerter stützen; eine Szene aus der Genesis, die Wächter des Paradieses, aus dem die Menschen von Gott verwiesen wurden. Aber die Crowleys hatten den festen Glauben, dass dieses Verbot nur den lebendigen Menschen gelte. Im Tode, so waren sie überzeugt, würde Gott den Gläubigen die Pforte zum Garten Eden nicht länger mehr verwehren.
    Ich erbebe vor Zorn und Verzweiflung. Und auf dem Höhepunkt meiner Wut lasse ich mich hinreißen, die Kreide hervorzuholen und damit Striche über das Wappen zu ziehen, als könnte ich es damit ausradieren.
    Links und rechts daneben schreibe ich ungelenk in großen Lettern:
    GOTT! IST! TOT!
    Ich sehe Edmonds entsetztes Gesicht förmlich vor mir. Darüber, dass ich einen Steinmetz beauftragen will, diese Worte fachmännisch und gut sichtbar für jeden, der den Weg hierher findet, in den Sandstein zu hauen, ist unser Streit entbrannt. Ich habe ihm gesagt, dass ich abschwöre – abgeschworen habe – von dem Gott, der mir mein Liebstes nahm. Grundlos, wie auch Edmond mir beipflichten musste. Aus purer Bosheit.
    »Aber du kannst ihn nicht ebenso für tot erklären wie Elisabeth! Nicht Gott!«, hallen seine Worte noch einmal in mir nach.
    Genau wie meine Erwiderung: »Ich kann! Du wirst sehen, ich kann! Schon morgen werde ich einen Boten nach Birmingham schicken. Zu der Firma, die diese Gruft hier errichtete, als ich noch gar nicht geboren war. Die Leute werden alles zu meiner Zufriedenheit erledigen.«
    »Täusche dich nicht. Sie werden sich weigern. Mehr noch: Sie werden dich bei der Obrigkeit anschwärzen, und das völlig zu recht! Was du vorhast, ist Blasphemie! Und du schadest damit nicht nur dir allein, sondern auch…«
    »Dir?«
    »Elisabeth.«
    »Elisabeth ist tot. Deine Schwester, meine Frau, ist tot! Was könnte ihr noch mehr

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