Horror-Trip im Luxusauto
seiner Freigabe. Ein Dutzend Ampullen des Mittels lag
bereit. Das reichte für sechs Tage Bewußtlosigkeit.
Oben, im ehemaligen Wohnraum, hatten
die beiden Kidnapper genächtigt — auf einem Matratzenlager. Vier Flaschen Wein
sorgten für Schlaftiefe.
Jetzt war heller Vormittag, und Manzona
hielt sich den brummenden Schädel.
Althuk hockte auf einer umgestülpten
Kiste und trank Mineralwasser. Unrasiert sah er aus wie ein Strafgefangener,
dem die Flucht geglückt ist, der aber nichts damit anfangen kann.
„Also“, sagte er, „ich fahre in die
Stadt.“
Gemeint war Florenz — nur eine halbe
Stunde entfernt, jedenfalls der nördlichste, wenig ansehnliche Teil der Stadt.
Manzona grunzte. „Bring einen Kasten
Coke mit. Und Wein. Und was zu fressen: Wurst, aber die scharfe, Knoblauchbrot,
Käse und einen Topf Ribollita (überbackene Bohnensuppe) .“
„Mal sehen, was ich kriegen kann. Die
Schlüssel!“
Manzona warf ihm die Autoschlüssel zu.
Eine Minute später quälte Althuk den
Kombi über den zugewachsenen Weg. Büsche wurden niedergewalzt. Äste knackten.
Auf dem letzten Stück vor der Straße fuhr er vorsichtig, um wenig Spuren zu
hinterlassen. Was das Gras betraf, war er nicht bange. Das richtete sich bald
wieder auf.
Die Straße. Er fuhr nach Süden, ohne
Ventili- oder Mirakolipulciano zu berühren. Auf den ersten Kilometern sah er
kein anderes Fahrzeug. Die Touristen waren noch nicht unterwegs, die
Einheimischen beim Kirchgang. Althuk gähnte und starrte in das grelle
Sonnenlicht. Rebenstrünke begleiteten die Straße. Ein karger Streifen Land. Die
Toskana ist nicht überall blickerquickend.
Er fuhr auf die Autobahn, dort ging’s
schneller voran. Seine Pension — Villa Medici genannt, was ein Hohn war für das
verwanzte Loch — lag nahe der Autobahnabfahrt.
Althuk parkte auf dem Hinterhof, wo
Wäscheleinen gespannt waren. Tropfnasse Hemden und Unterhosen besprenkelten die
geparkten Wagen. Auch Althuks Auto stand dabei.
Am Empfang, wo der verschwitzte Wirt
sich mit einem Nachbarn unterhielt, holte Althuk seinen Zimmerschlüssel.
„Buon giorno, Signore Althuk. Na, Sie
haben die Nacht durchgebummelt.“
Althuk grinste. „Der Wein! Der Wein!“
„Vergessen Sie die Kunstschätze nicht“,
lachte der Wirt. „Auch deshalb kommt man nach Florenz.“
Althuk hatte ein Zimmer mit Bad. Er
stellte sich unter die Dusche, zog frische Wäsche an, setzte sich dann aufs
Bett und griff zum Telefon.
Ellen Wertheyms Telefonnummer. Er
wählte, besann sich aber gleich wieder. Nein, Vorsicht ist die Mutter der
Porzellankiste.
Also verließ er die Pension und suchte
sich eine Telefonzelle beim nahen Zweigpostamt.
Ellen meldete sich sofort.
„Erkennen Sie meine Stimme?“ fragte er.
„Gut. Ihr Sohn ist gesund. Ich soll Sie grüßen. Er frißt uns die Haare vom
Kopf. Ein Frühstück wie heute hat er sicherlich noch nie gehabt. Ich habe ihm
einen Stoß deutscher Illustrierten gegeben. Das wird ihn beschäftigen. Morgen
kriegt er Bücher. Was liest er denn gern? Es soll eine Überraschung werden.“ Althuk
log wie gedruckt.
„Am liebsten Krimis.“ Ellens Stimme
klang erleichtert.
„Soll er haben. Und nun zur Sache: Sie
haben Ihren Mann verständigt?“
„Sofort gestern abend. Er kommt her,
fliegt von Tokio direkt nach Rom.“
Althuk meinte, er höre nicht recht.
„Was? Nach Rom? Nicht erst nach Hause?“
„Nein. Gleich hierher.“
„Aber... das Geld. Er soll doch die
fünf Mio bringen.“
„Max sorgt dafür, daß es noch rascher
kommt. Es wird heute schon gebracht. Einer unserer Angestellten bringt es.“
Althuks Knie wurden weich.
„Am Dienstag“, brüllte er in den Hörer,
„soll Ihr Mann das Geld herbringen. Am Dienstag. Mit dem weißen Rolls Royce.“
„Aber“, Ellen war verstört, „wir
dachten... Max meinte, je eher, um so besser. Sie können das Geld heute abend
schon ..
„Davon hat niemand was gesagt“, schrie
er dazwischen. „Wer bringt das Geld?“
„Einer unserer Abteilungsleiter“,
erwiderte Ellen eingeschüchtert.
„Sie sollten niemanden einweihen.“
„Er weiß nichts. Er transportiert einen
Metallkoffer. Und er glaubt, alte Geschäftspapiere seien drin. Nur unser
Bankdirektor... Nein, auch dem hat Max nichts gesagt. Obwohl Dr. Zinslinger
sicherlich ahnt, daß etwas Dramatisches anliegt. Mußte er doch heute nacht fünf
Millionen DM aus dem Tresor holen. Allein kann er das gar nicht. Dazu braucht er
den Kassierer und... Was weiß ich! So was ist
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